Wie einst in Leicester

Die Dezibel sollen in die Höhe schießen Vor einigen Wochen machten Geologen in England eine bizarre Entdeckung: Nachdem Leonardo Ulloa vom märchenschreibenden englischen Premier-League-Tabellenführer Leicester City gegen Norwich in den Schlussminuten das 1:0 erzielte, waren die 32.000 Zuschauer dermaßen aus dem Häuschen, dass während dem frenetischen Freudengeheul ein Seismograph, ungefähr einen halben Kilometer vom Stadion entfernt positioniert, aufschlug und ein Mini-Erdbeben mit der Stärke von 0,3 anzeigte, was in etwa so erderschütternd ist wie eine explodierende Granate. Diese Dimensionen sind für einen Amateurklub natürlich so weit entfernt wie ein Champions-League-Startplatz für einen Verein wie Palermo. Ein Hauch von Leicester dürfte am Sonntagnachmittag aber trotzdem im Bozner Drusus-Stadion zu spüren ein. 2000 Zuschauer werden auf der Wohnzimmer-Couch von Virtus Bozen erwartet, da die Hausherren mit einem Sieg den historischen Aufstieg in die Serie D niet- und nagelfest im geschundenen Rasen des Drusus-Stadions verankern können. Überdies wäre es das erste Mal seit acht Jahren, dass ein Team aus der Landeshauptstadt den Sprung in die Welt der Halbprofessionalität schafft.

&bdquo;Wir können Historisches schaffen“ &bdquo;Es wäre ein unbeschreibliches Gefühl, vor heimischer Kulisse Meister zu werden“, gab Virtus-Trainer Luca Lomi in einem Interview mit der Tageszeitung Alto Adige unlängst zu Protokoll. Der große Coup ist also nicht mehr weit entfernt. Was der Stadtklub bei all seiner Euphorie aber nicht vergessen darf: Fußball muss natürlich auch noch gespielt werden. Und zwar für 90 Minuten. Gegen einen Gegner aus Tramin, der von verfrühten Meister-Geschenken so viel hält wie der Osterhase vom Nikolaus-Kostüm.

Brixen als Superman für die Südtiroler Oberligaklubs? Mit einem Sieg gegen Mori würde Brixen zwar keine Geschichte schreiben, dafür aber einen weiteren Beweis für den Anbruch einer neuen Ära erbringen. Bei einem Dreier wären nämlich alle Südtiroler Oberligaklubs gerettet – dann könnten auch St. Martin, Tramin und Ahrntal, die streng mathematisch gesehen noch gefährdet sind, das verhasste Abstiegsgespenst endgültig in den Keller sperren. Außergewöhnlich wäre das insofern, da es in der 42-jährigen Oberligageschichte nur eine Handvoll Saisonen gab, an denen ausschließlich Mannschaften aus der Nachbarprovinz abgestiegen sind. Seit der Spielzeit 1991/92 war es gar nur einmal der Fall, dass sich alle Südtiroler Teams halten konnten (Saison 2011/12). Ansonsten traf es immer mindestens ein Team aus der heimischen Provinz. Die heurige Oberligasaison zeigt deshalb einmal mehr auf, dass sich das Kräfteverhältnis endgültig gen Norden der Region Trentino-Südtirol verschoben hat.

Mr. Hattrick Fabio Bertoldi hält zurzeit bei 32 Saisontreffern – genug hat er aber noch lange nicht. Doch obwohl es scheint, als habe sich der Ausnahmestürmer die Pulverisierung jeglicher Rekorde zum spaßigen Hobby gemacht, ist eine Bestmarke noch unangetastet. Peter &bdquo;Magic“ Mair erzielte in der Saison 2009/10 mit Naturns in der Landesliga nämlich 35 Tore – so viele Treffer hat in der hiesigen Amateurszene in jüngster Vergangenheit keiner geschossen. Bertoldi hat noch drei Spiele Zeit, um sich auch in dieser Rangliste zum König zu krönen. Aber es wäre doch eine Sache, wenn er den &bdquo;Magic“-Rekord schon heutegegen Lavis knacken würde. Dafür müsste ein Hattrick her. Eigentlich eine Herkulesaufgabe. Für den Ausnahmestürmer des Bozner FCs aber mittlerweile ein Routine-Unterfangen, das er aktuellmit einer Beiläufigkeit erledigt wie er am Abend eines anstrengenden Arbeitstags seinen Wagen in dieGarage parkt.

Thomas Debelyak, Sportnews

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