Porträt: Romeo Benetti

Viele Jahre war Romeo Benetti eine der besten Mittelfeldspieler Italiens und vielleicht sogar auf der Welt. Sein Eigenwille sorgte dafür, dass er auch als 35-Jähriger auf der internationalen Bühne noch dem runden Leder nachlief. Die Profikarriere des Ex-Regisseurs, der nun für den Italienischen Fußballverband (FIGC) Kurse für Trainer hält, begann im Alter von 17 Jahren in Bozen. Als Vierjähriger war er mit seiner Familie aus dem Veneto nach Bozen übersiedelt. In der Saison 1963/64 stand Benetti 32 Mal im weiß-roten Trikot auf dem Feld und erzielte dabei sagenhafte zehn Treffer.

Zum Aufstieg von der Serie D in die Serie C reichte es für die Talferstädter um ihren jungen Mittelfeldstrategen dennoch nicht, denn in den Entscheidungsspielen scheiterte Bozen. &bdquo;An die Erfahrungen in den 60er Jahren werde ich mich immer erinnern, diese Zeit hat sich in meinem Gehirn eingebrannt. Damals begann meine Profikarriere und diese Zeit hat mich nachhaltig geprägt. Ich erinnere mit an die ersten Auswärtsfahrten im Bus, an die Trainings und die Umkleidekabine, in der italienisch- und deutschsprachige Spieler friedlich nebeneinander saßen. Es war eine Art Modell für das heutige Zusammenleben der beiden Volksgruppen“, sagt Benetti.

Stadtderbys in Genua, Mailand, Turin und Rom Seine überdurchschnittlichen Fähigkeiten blieben natürlich nicht unbemerkt und schon in der darauffolgenden Saison spielte Benetti in der Serie B mit Palermo. Mit den Süditalienern gewann der Bozner die zweithöchste italienische Liga und wechselte in der Folge in die Serie A, wo er bis zu seinem Karriereende für Sampdoria Genua, Milan, Juventus und Roma auflief. Insgesamt stand Benetti 329 Mal in der Serie A auf dem Feld, gewann mit Juventus zwei Mal den Titel (1976/77 und 1977/78), vier Mal den Italienpokal (1972 und 1973 mit Milan, 1979 mit Juventus und 1980 mit Roma), einen Pokal der Pokalsieger 1972/73 mit Milan und 1976/77 den Uefa-Cup mit der &bdquo;alten Dame“.

Wo ich hinkam, hat der Klub gewonnen &bdquo;Ich kann nicht sagen, dass ich mich bei irgendeinem Klub wohler gefühlt hätte, als bei den anderen. Aber dass ich überall, wo ich hingekommen bin, etwas gewonnen habe, das kann ich mit Stolz behaupten“, lächelt Benetti verschmitzt. &bdquo;Ich glaube, dass ich als Profi immer eine Siegermentalität hatte und diese bei meinen Klubs auch zur Geltung gebracht habe.“ Benetti hält bei seinen Ex-Klubs einige Rekorde, einer davon betrifft aber alle vier Vereine: Der Bozner stand bei den vier wichtigsten Städtederbys in Mailand, Turin, Genua und Rom für einen der beiden rivalisierenden Klubs auf dem Platz. Dieses Kunststück dürften nicht vielen Spielern gelungen sein.

&bdquo;Alle vier Derbys sind auf ihre Weise gleich und trotzdem wieder ganz unterschiedlich. In Rom gingen die Fans beider Lager gemeinsam essen und der Verlierer musste zahlen – das wäre heute unmöglich. In Mailand ging es darum, wer die Verlierer bis zum nächsten Derby frotzeln durfte. Turin war bekannt für sein Derby zwischen Bürgern und Arbeitern, während die Fans in Genua vor allem darauf bedacht waren, die schönere Choreografie als die Gegner zu machen.“

Zwei völlig unterschiedliche Weltmeisterschaften Doch Romeo Benetti war nicht nur in der Serie A ein &bdquo;Star“. Er war mehr. Nämlich ein Spieler, der in den 70ern ein tragender Pfeiler in der Nationalmannschaft war. So tragend, dass er auch bei zwei Weltmeisterschaften im Kader und auf dem Feld stand: 1974 in Deutschland und 1978 in Argentinien. Zwei Weltmeisterschaften, die für die &bdquo;Azzurri“ völlig unterschiedlich ausgingen: 1974 schied Italien in der Vorrunde aus, vier Jahre später wurden Benetti & Co. Vierte. &bdquo;Ich blicke auf beide WMs mit viel Genugtuung zurück. In Deutschland lief es nicht gut, weil die Mannschaft viel zu alt war und die Atmosphäre in der Kabine vergiftet war. Innerhalb des Teams gab es zwei Gruppen. Eine für Mazzola und eine für Rivera. In Argentinien waren wir hingegen eine richtige Einheit. Die Gruppe hat hier einfach den Unterschied gemacht. Unser Zusammenhalt hat uns bis ins Spiel um Platz 3 gebracht.“ Insgesamt streifte Benetti das Dress der italienischen Nationalmannschaft 56 Mal über und erzielte dabei zwei Treffer.

Auswärtssieg im Wembleystadion Außer den Weltmeisterschaften kann Romeo Benetti noch auf ein anderes Highlight im Dress der Nationalmannschaft zurückblicken. 1973 besiegten die &bdquo;Azzurri“ mit Benetti im Wembleystadion England und sorgten für die erste Heimniederlage der Engländer gegen Italien. Vielleicht war auch diese Niederlage mit ausschlaggebend, dass das englische Boulevardblatt &bdquo;The Sun“ Romeo Benetti 2008 auf der Liste der zehn härtesten Fußballer aller Zeiten auf Platz vier führte. Als einzigen Italiener übrigens. &bdquo;Den Sieg in Wembley genossen wir in vollen Zügen. Trotzdem muss ich fairerweise anfügen, dass England völlig überlegen war. Sie haben uns 90 Minuten lang in unserem Strafraum eingekesselt. Wir kamen nur einmal über die Hälfte und haben dabei den Siegtreffer erzielt. Es ging vor allem darum zu verteidigen. Nach dem Schlusspfiff war ich sicherlich zehn Zentimeter kleiner, als vor Spielbeginn“, scherzt der heute 65-Jährige.

Keine Scherze erlaubt sich Romeo Benetti hingegen, wenn er auf das Abschneiden der &bdquo;Squadra Azzurra“ bei der WM in Südafrika angesprochen wird. &bdquo;Ich vertraue unserer Mannschaft und unserem Trainer Lippi. Ich denke, dass sie eine gute WM spielen werden. Es wird mit Sicherheit schwer werden, den Titel erfolgreich zu verteidigen, trotzdem kann diese Mannschaft sehr weit kommen. Man kann nicht immer gewinnen. Aber man muss immer dafür kämpfen, zu den besten zu gehören.“

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