„Spieler sind der Spiegel der Gesellschaft“

s+: Welches sind die Aufgaben der Ärztekommission? Christian Thuile: Unsere zentrale Aufgabe als Ärztekommission der ICE Hockey League ist es, die Gesundheit der Spieler, des Betreuerstabs, der Schiedsrichter und der Mitarbeiter in den Eishallen so gut wie möglich neben einem regulären Ablauf der Spiele zu garantieren. Die Sicherheit aller Beteiligten hat bei uns also immer oberste Priorität. Die Ärztekommission steht dem Liga-Management beratend zur Seite. Wir sprechen Empfehlungen an die Liga aus, die sie dann mit den Verantwortlichen der einzelnen Vereine diskutiert und umsetzt. Gerade in Bezug auf die derzeitige Corona-Pandemie haben wir für die Liga einige Grundsatzregeln erstellt: Zum Beispiel wie oft bei den einzelnen Mannschaften getestet werden soll, wann das zu geschehen hat oder wie die Tests erfolgen müssen. Es ist natürlich schwierig, allen Interessen immer gerecht zu werden, aber unsere Entscheidungen basieren stets auf der Beobachtung des aktuellen Infektionsgeschehens in den verschiedenen Ländern und Mannschaften. Natürlich müssen wir dabei auch auf die unterschiedlichen Bedingungen und Gesetze in den teilnehmenden Ländern Rücksicht nehmen und uns den Gesetzen der dortigen Behörden anpassen, denn diese sind selbstverständlich immer die höchste Instanz. Wie anstrengend waren die letzten Tage und Wochen? Wenn man die Entwicklungen des Infektionsgeschehens der letzten Wochen beobachtet hat, dann können Sie sich vorstellen wie schwierig es in so einem Moment ist, die Liga am Laufen zu halten. Auch wir wussten nicht so recht, was auf uns zukommt. Die letzten Tage waren ziemlich anstrengend und vor allem zeitraubend. Die Stimmung war zwar immer respektvoll im Umgang miteinander aber doch manchmal auch ziemlich aufgeheizt. Es gab mehrmals in der Woche Video- oder Telefonkonferenzen, manchmal sogar öfters am Tag, da bei immer mehr Mannschaften Infektionsfälle aufgetreten sind. Worum geht es bei diesen Video- oder Telefonkonferenzen? Zumeist ging es darum, ob eine Mannschaft zu einem Spiel antreten kann oder nicht. Normalerweise verhält es sich in der ICEHL so, dass wenn 4 Spieler in einem Team positiv auf das Coronavirus getestet worden sind, kann noch gespielt werden, wenn diese Fälle nicht alle auf einmal auftreten. Am letzten Sonntag waren beispielsweise 4 Akteure des Villacher SV plötzlich und gleichzeitig in den Morgenstunden vor dem Spiel gegen Znojmo mit dem Virus infiziert und positiv im Antigen-Test. Wir haben uns dazu entschieden, das Spiel zu verschieben, da ein akutes Infektionsgeschehen angenommen werden musste. Dass wir mit dieser Entscheidung richtig lagen, sah man schon am nächsten Tag an den steigenden Infektionszahlen innerhalb der Villacher Mannschaft. Auch das Spiel des HCB Südtirol musste am Sonntag früh morgens kurzfristig abgesagt werden. Da es beim KAC bereits mehr als 5 Spieler waren, bestand kein Zweifel über die Absage, denn wenn in einer Mannschaft mehr als 4 Spieler betroffen sind wird das Spiel automatisch verschoben. Zuletzt hat das Coronavirus viele Vereine der ICEHL heimgesucht. Sind Sie überrascht darüber? Ich bin keinesfalls überrascht darüber, sondern habe damit gerechnet. Wir haben den Verlauf in anderen Ländern beobachtet und wussten, dass es nur eine Frage der Zeit sein würde, bis sich das Virus auch in der ICEHL ausbreiten würde. Schließlich sind die Spieler auch nur der Spiegel der Gesellschaft. Es war auch zu erwarten, dass es nach den Weihnachtsfeiertagen mehr Infizierte geben würde, da es mehr Kontakte innerhalb der Familien und im Freundeskreis gab, aber auch weil die Pandemie auf das Gaspedal gestiegen ist. Als Ärztekommission müssen wir in dieser grenzüberschreitenden Meisterschaft immer auch die Landesunterschiede berücksichtigen und uns an die Gesetze der Teilnehmerländer halten. Das kann ganz schön kompliziert werden, weil sich ja überall die Regelungen im Umgang mit Corona ständig ändern. Bei Laibach beispielsweise, war zuletzt ein einziger Spieler coronapositiv und musste in Isolation, während der Rest der Mannschaft unter Quarantäne gestellt wurde. Das sieht die slowenische Regierung so vor. Obwohl also die Mannschaft nach unseren Empfehlungen spielberechtigt gewesen wäre, da ja weniger als 4 Spieler positiv getestet waren, mussten alle Spiele von Laibach verschoben werden. Wie viele Spieler sind in der ICEHL geimpft? In der ICEHL sind mittlerweile nahezu alle Spieler geimpft oder genesen. Eine Tatsache auf die wir immer großen Wert gelegt haben. Freilich ist der Impfstatus nicht bei allen Mannschaften gleich. Es hat zuletzt auffallend viele Mannschaftssportler getroffen, die sich mit Covid-19 angesteckt haben. Wird bei den Klubs zu viel getestet? Ich bin durchaus ein Befürworter der vielen Tests. Und ich erkläre auch gerne, warum ich davon überzeugt bin. Wären die Spieler ohne Kontakt zur Außenwelt in einer echten &bdquo;Bubble“ also, dann wären so viele Tests sicher nicht nötig, vor allem solange die Spieler fit und gesund sind. Aber wir dürfen eines nicht vergessen: Die Spieler haben Familien, Angehörige und Freunde, reisen in viele Städte, treffen auf andere Mannschaften und somit tragen sie aber erst recht auch eine Verantwortung für ihre Mitmenschen. Unter den Familienangehörigen können ja auch Risikopatientinnen darunter sein. Je mehr also beim Eishockey getestet wird, desto früher kann man einen Infektionsherd eindämmen, desto geringer ist das Risiko, dass jemand gesundheitlich Schaden nimmt und desto größer ist die Chance, dass die Meisterschaft durchgeführt werden kann. Auch wenn die meisten Spieler zum Glück Corona gut überstehen, unterschätzen darf man Covid nie – auch nicht der fitteste unter den Spielern. Und vergessen wir nicht die Sache mit dem Long-Covid: dies kann die Karriere eines Spielers ganz wesentlich beeinflussen. In der ICEHL gibt es ein strenges Protokoll für die Testverfahren. In der Regel werden die Spieler 3 Mal pro Woche einem Test unterzogen, wenn bei einer Mannschaft noch kein positiver Fall aufgetreten ist. Gibt es positive Fälle ändert sich die Teststrategie natürlich auf tägliche Kontrollen (PCR und Antigen). Was ist bei der Omikron-Variante anders als zum Beispiel bei der Delta-Variante? Die Omikron-Variante ist sehr ansteckend und verbreitet sich 70 Mal so schnell wie die Delta-Variante. Die Symptome sind dagegen überschaubar: In der Regel bleibt es bei leichtem Schnupfen oder leichten Halsschmerzen. Die Omikron-Variante macht aber auch vor geimpften und genesenen Spielern nicht Halt und kann natürlich in Ausnahmefällen auch Komplikationen auslösen. Der HCB Südtirol ist einer der wenigen ICEHL-Vereine, der bisher von positiven Spielern verschont geblieben ist. Wie erklären Sie sich das? Im Grunde ist es wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit. Wir haben uns aber gut vorbereitet, so gut es halt geht. Wir zirkulieren mit FFP-2-Masken, halten &bdquo;AHA-Regeln“ wo möglich ein und jeder Spieler tut dies wirklich auch aus seinem ureigenem Interesse, geht es doch um seinen Job und seine Gesundheit als Sportler. Wie stark der Wille der Spieler ist, diese Meisterschaft erfolgreich zu Ende zu spielen, habe ich persönlich erkennen dürfen, weil sich alle Spieler, wo es gesetzlich möglich war, frühzeitig boostern haben lassen. Ich bin überzeugt, dass das frühe Boostern – also bereits nach 4 Monaten die Impfung aufzufrischen – für die Spieler derzeit den bestmöglichen gesundheitlichen Schutz bietet. Natürlich ist mir bewusst, dass das Virus wahrscheinlich auch vor der Bozner Kabine nicht haltmachen wird. Wir dürfen aber zumindest auf milde Verläufe und eine baldige Rückkehr der Spieler aufs Eis hoffen. Und noch etwas bringt das Boostern, und das ist für die Jungs vor allem moralisch ganz wichtig: Viele Quarantänemaßnahmen werden dadurch deutlich erleichtert. Wäre es nicht besser gewesen, die Meisterschaft kurzzeitig zu unterbrechen? Von einer Unterbrechung der Meisterschaft halte ich wenig. Gerade in Zeiten wie diesen mit beschränkten Zuschauermengen fehlt den Vereinen oftmals das Geld, weshalb das Fernsehen und die damit verbundene Werbung zumindest eine Sichtbarkeit des Sports und seiner Förderer bringt. Eine Unterbrechung – oder gar der Abbruch der Meisterschaft – könnte für viele Vereine eine unlösbare finanzielle Notsituationen hervorrufen. Aber das ist nicht mein Fachgebiet. Am vergangenen Sonntag sind zwar 5 Spiele ausgefallen, das eine Spiel zwischen Wien und Graz war aber symbolisch dafür, dass die ICEHL noch am Leben ist. Ziel muss es sein, so viele Spiele wie möglich auszutragen. Das ist der einzige Weg, die Meisterschaft zu Ende zu spielen. Es dürfte möglich sein, dass 80 Prozent oder umgerechnet 42 Spiele bis Ende Februar von allen 13 Mannschaften bestritten werden. Die ersten Teams wie zum Beispiel Innsbruck und Fehervar haben den Trainingsbetrieb wiederaufgenommen und sind in den Liga-Alltag zurückgekehrt. Ist das Schlimmste vorüber? Ich denke nicht bei allen Teams. Schließlich wird diese Corona-Welle ihren Höhepunkt mancherorts erst Ende Jänner erreichen. Deshalb wird der Liga-Alltag so wie in den letzten Wochen aussehen und einige Spielausfälle werden wohl auch weiterhin an der Tagesordnung stehen. Für einige Teams und das hoffe ich, dürfte das Schlimmste aber bereits vorüber sein. Wie sieht das Prozedere bei einem infizierten Spieler aus: Wie lange dauert es, bis er wieder aufs Eis zurückkehren und spielen darf? Wenn ein geimpfter Spieler in Südtirol positiv getestet worden ist und keine Symptome hat, dann kann er sich nach 7 Tagen mittels Antigen- oder PCR-Test freitesten, wie jeder andere Bürger auch. Er darf aber erst nach der sportmedizinischen Untersuchung wieder aufs Eis zurückkehren und Hochleistungssport betreiben, damit eventuelle Risiken wie zum Beispiel Herzmuskelentzündungen aus einer durchgemachten Covid-Erkrankung ausgeschlossen werden können.

ICE Regular Season ICE	SP	TV	P
1. Klagenfurt	47	183:101	102
2. Fehervar	46	146:126	89
3. Salzburg	46	142:107	87
4. HCB Südtirol	46	137:125	76
5. Linz	46	146:116	75
6. Villach	46	155:136	74
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