Die Fußballerin im weltberühmten Orchester

Von Christian Staffler

Andrea Götsch, 26 Jahre alt und aus Obermais, ist hauptberufliche Klarinettistin bei den Wiener Philharmonikern. Neben der Musik hat die Südtirolerin eine weitere große Leidenschaft: den Fußball. Dabei beschränkt sich Götsch nicht etwa auf das Sehen von Spielen, oder das Jubeln in der Fankurve (die aktuell ohnehin allesamt wegen Corona geschlossen sind). Vielmehr ist die Burggräflerin selbst aktiv – und zwar für den Wiener Sportclub in der 2. Bundesliga in Österreich.

&bdquo;Ich habe mir das Fußballspielen wohl von meinem Bruder abgeschaut“, sagt Götsch heute. Also trat sie mit sieben Jahren dem FC Obermais, ihrem Heimatverein, bei. Lange Zeit war sie das einzige Mädchen unter einem Haufen Buben, unterkriegen ließ sie sich dabei nie: &bdquo;Zu kicken, das hat mir von Anfang an richtig viel Spaß gemacht. Aber es mit der Musik unter einen Hut zu bekommen, war immer schwierig. Nicht selten haben mich meine Eltern direkt vom Fußballplatz in den Konzertsaal gefahren.“ Ihr Bruder Fabian aktuell spielt bei Burgstall in der 2. Amateurliga. &bdquo;Die Zeit mit der Fußballmannschaft der Philharmoniker hat mir gezeigt, wie sehr ich diesen Sport liebe und brauche.“ Mittlerweile nimmt der Konzertsaal den größten Teil des Lebens von Andrea Götsch ein. Doch ausgerechnet die Fußballmannschaft der Wiener Philharmoniker brachte sie zurück auf den grünen Rasen. Während ihrer Studienzeit in Salzburg lief Götsch für den Lieferinger SV auf, doch mit dem Umzug nach Wien verschwand der Fußball aus ihrer Welt. Als sich die Musik als Berufswunsch herauskristallisierte, geriet der Sport in den Hintergrund. &bdquo;Ungewollt, aber unausweichlich“, wie Götsch betont. Andrea Götsch spielt für den Wiener Sportclub in der 2. Bundesliga. © C. Hetterich

Ironischerweise brachte ausgerechnet die Stelle bei den Wiener Philharmonikern die Meranerin zurück zu ihren sportlichen Wurzeln. &bdquo;Die Zeit mit der Fußballmannschaft der Philharmoniker hat mir gezeigt, wie sehr ich diesen Sport liebe und brauche“, so die vielseitig einsetzbare Meranerin. Vor zwei Jahren folgte schließlich der Wechsel zum Wiener Sportclub, eine Institution in Österreich und einer der ältesten Sportvereine des Landes. Die Frauenmannschaft der &bdquo;Hernoiser“ logiert in der 2. Bundesliga. Weil es Götsch aufgrund des Berufs nicht immer möglich ist, an Trainings und Spielen teilzunehmen, kommt sie auch in der zweiten Mannschaft (spielt in der Wiener Landesliga/3. Liga) zum Einsatz: &bdquo;Gerade die weiten Auswärtsfahrten in der 2. Bundesliga sind für mich selten umsetzbar. Aber unser Kader ist sehr groß und meine Trainer und Mitspielerinnen zeigen großes Verständnis für meine Situation. Das Orchester hat Vorrang, aber ich versuche bei so vielen Trainings und Spielen wie möglich dabei zu sein.“ &bdquo;Ich denke, dass es für Frauen generell schwierig ist, im Fußball Geld zu verdienen.“ Zu den sportlichen Highlights zählt Götsch ein Turnier mit der Südtirol-Auswahl in Sardinien und ein besonderes Spiel mit Liefering: &bdquo;Mein Zug war zu spät und so schaffte ich es erst zur zweiten Halbzeit. Wir lagen mit 0:2 im Rückstand, doch mit meiner Unterstützung konnten wir das Spiel noch drehen und mit 3:2 gewinnen.“ Obwohl sie mit dem Wiener Sportclub in der 2. Liga spielt, ist der Fußball für Götsch &bdquo;nur“ ein Hobby. Ihr Wunsch: Mehr Aufmerksamkeit für den Frauenfußball.

Mit den Wiener Philharmonikern ist Götsch die Aufmerksamkeit sicher. Das Orchester gilt als eines der führenden Ensembles der Welt. Auch wenn zurzeit viele Auftritte dem Coronavirus zum Opfer fallen, wird sich die Südtirolerin in Zukunft einem großen Publikum präsentieren. Immerhin hat es vor ihr noch keine Frau geschafft, bei den Wiener Philharmonikern als Klarinettistin zu arbeiten. Nebenbei wird sie auch auf dem Fußballplatz anzutreffen sein, denn eines ist für Andrea Götsch sicher: &bdquo;Der Fußball und die Musik geben mir beide unheimlich viel Lebensfreude.“ Kurz & bündig: Andrea Götsch über… …das Niveau in der 2. Bundesliga der Frauen: &bdquo;Was soll ich sagen? Natürlich sehr hoch! Am besten einfach einmal zuschauen kommen.“

…den Zeitaufwand, um in der 2. Liga zu spielen: &bdquo;Der Zeitaufwand ist größer, als es meine Zeit zulässt. Wir trainieren dreimal und haben am Wochenende die Ligaspiele. Mir ist es wegen der Vorstellungen, Proben und Konzerte leider nicht oft möglich, anwesend zu sein.“

…den Verdienst in der 2. Bundesliga: &bdquo;Ich glaube, es ist für Frauen überhaupt sehr schwierig, mit Fußball wirklich Geld zu verdienen. Für mich ist es auf jeden Fall ein pures Hobby. Ich würde es allerdings sehr schön finden, wenn der Frauenfußball an Ansehen und Unterstützung gewinnen würde.“

…die Verbindung zwischen Fußball und Musik: &bdquo;Der Fußball tut mir für meinen Beruf sehr gut: Fitness, Konzentration, Aktion und Reaktion, Zusammenspiel, Überblick, Kreativität, Überzeugung, Schnelligkeit und Ausdauer sind durchaus Begriffe, die in beiden Bereichen von großer Wichtigkeit sind.“

…ihre sportlichen Ziele: &bdquo;Es geht mir hauptsächlich darum, mich selbst fit zu halten und mit der Mannschaft schöne und spannende Momente zu erleben. Neben dem Fußball mache ich auch andere Sportarten, wie Rennradfahren, Tennis und Yoga. Ganz besonders freue ich mich immer auf die Spiele mit dem Wiener Philharmoniker Fußballklub.“

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