Sigi's Spitzen: Roulette mit müden Kickern

Ich bin kein &bdquo;Duracell-Häschen“, wie die langohrige Werbefigur einer US-amerikanischen Firma im deutschen Sprachgebrauch heißt. In seiner ursprünglichen Heimat firmiert der Hase als &bdquo;Energizer-Bunny“. Es ist das Synonym für nie nachlassende Energie. Immer bereit. Zu jeder Tages- und Nachtzeit und egal, was für Aufgaben auch anstehen. Die Saison war lang von Ende Oktober mit den ersten Eiskunstlauf-Wettkämpfen über die Olympischen Spiele in Peking bis hin zu den Curling-Weltmeisterschaften, die gerade in Las Vegas in einem dieser Giganten-Hotels mit mehr als 1800 Zimmern stattfanden. (Das italienische Quartett um Skip Joel Retornaz und Olympiasieger Amos Mosaner -beide aus Trient- gewann Bronze). Doch wir haben aus vielerlei Gründen nicht mal mehr Lust, an den einarmigen Banditen zu ziehen, um unser Haushaltsgeld aufzubessern. Wir haben ja nicht mal mehr die Kraft dazu, was vielleicht auch ganz gut ist in diesem Fall, denn meist gewinnt ja die Spielbank. Eigentlich wohl immer. Die Bayern sind am Ende ihrer Kräfte Wir sind fertig, ausgebrannt. Neudeutsch sagt man gerne &bdquo;Burnout-Syndrom“ dazu. So weit ist es, glaube ich, noch nicht, aber ich kann gut nachvollziehen, dass der FC Bayern München jetzt gerade auf dem Zahnfleisch die letzte Runde der Saison bestreitet. Es sind untrügliche Zeichen von Müdigkeit zu erkennen. Die Langsamkeit des Seins beginnt die Oberhand zu gewinnen vor flotten, schnellen, raumgreifenden Schritten. Nur kluge Ein und Auswechslungen haben bislang ein Desaster verhindert. In Spanien war man mit dem knappen 1:0 Sieg des FC Villareal noch gut bedient. Sehr gut sogar, denn die Münchner Spieler meinten hinterher, dass man angesichts der vielen Torchancen der Gastgeber noch glimpflich davongekommen sei. Ein paar Tage später stand dann schon das nächste Spiel in der Bundesliga auf dem Programm. Das bayerische Duell gegen den FC Augsburg und wieder waren die Münchner träge und müde und ratlos und schossen nur dank einer kleinen Steigerung in der zweiten Halbzeit und eines Elfmeters wenigstens ein Tor. Vom Anspruch, neben Titeln und Siegen am Fließband auch attraktiven Fußball anzubieten, ist Trainer Julius Nagelsmann angesichts der Dauerbelastung längst abgerückt. &bdquo;Wir werden auch am Dienstag kein Glamourspiel abliefern, sondern ein Spiel, in dem wir am Ende einfach zwei Tore mehr schießen als im Hinspiel“, meinte er. Und fügte noch an, dass er viel zu tun habe in den nächsten Tagen. Wohl wahr. Er muss seine Buben aufrichten, sie so präparieren, dass man ihnen nicht anmerkt, dass sie platt sind wie eine norddeutsche Flunder. Die Doppelbelastung macht auch anderen zu schaffen Das ist übrigens kein spezielles Syndrom, das die Bayern gerade ereilt. Auch die Frankfurter Eintracht, die allerdings ein tolles Match gegen den FC Barcelona ablieferte, verlor sich im grauen Bundesliga-Alltag. Es setzte eine Niederlage gegen den FC Freiburg, der freilich ein Lied davon singen kann, wie das so ist mit Doppelbelastungen. Immer dann, wenn Freiburg, das sich längst als stimmige Kraft der Bundesliga etabliert hat, international tätig sein durfte, war das Jahr danach ein permanenter Kampf um den Klassenerhalt. Die Akkus laufen nur noch auf Notbetrieb, aber es ist in vielen Sportarten eben auch durchaus eine selbstgewählte Situation. Immer mehr Wettkämpfe, immer mehr Turniere und Spiele bringen zwar immer mehr Einnahmen, aber auch immer weniger Zeit für Regeneration. So hat Dorothea Wierer etwa noch einmal kürzlich angemerkt in einem Interview in den &bdquo;Dolomiten“, dass sie beim Saisonfinale in Oslo ausgebrannt war und müde und nichts mehr zuzusetzen hatte. Das sind für alle gefährliche Momente, weil gerade in diesen Situationen die Gefahr von Verletzungen kontinuierlich steigt. Es sinkt die Aufmerksamkeit und vielleicht auch die Bereitschaft, noch immer extrem sorgfältig mit der wichtigsten Ressource umzugehen, die man benötigt, um die ständig geforderten oder zumindest erwünschten Höchstleistungen abzurufen: Der Körper verweigert seine Gefolgschaft und dann, irgendwann, wenn nur noch schlappe Akteure die Spielfelder und Wettkampfstätten bevölkern, wird sich auch der geneigte Fan, dem längst horrende und steigende Eintrittspreise abverlangt werden, abwenden. In unserer Gesellschaft ist die Dauerberieselung im Sport – siehe auch Eishockey in Südtirol, wo fast im Zweitagesrhythmus gespielt wird –zur schönen Regel geworden. Besser sind die Spiele in der Dauerschleife nicht geworden. Das spürt eben jetzt auch der FC Bayern, weshalb das Rückspiel in der Champions-League am Dienstag gegen die unbequemen Spanier schon zum Spiel der Wahrheit werden kann in vielerlei Hinsicht. Es ist ein Roulettespiel geworden. Noch rollt die Kugel.

Wintersport

Fußball

Italien

Internationale Ligen

International

Eishockey

Internationale Ligen

Tennis

Weitere Sportarten

Motorsport

Radsport

Wassersport

Events

Favoriten

Sigi's Spitzen: Roulette mit müden Kickern

Die Dauerbelastung in vielen Wettbewerben bringt es mit sich, dass bei vielen Sportlern allmählich der Akku nicht mehr aufgeladen werden kann. Unser Kolumnist Sigi Heinrich spürt selbst die lange Saison als Kommentator bei Eurosport und fühlt mit den sportlichen Protagonisten.

Empfehlungen

Kommentare (0)