Simon Straudis turbulente Zeit: „Mir ist etwas klargeworden“

Viel hat nicht gefehlt, dann wäre an jenem 21. September 2019 Südtiroler Sportgeschichte geschrieben worden. Simon Straudi sitzt zum bereits fünften Mal in Folge auf der Bank des so großen Traditionsvereins Werder Bremen. Die Hanseaten sind angeschlagen, nicht nur tabellenmäßig, sondern auch personell, knapp ein Dutzend Spieler fehlt verletzungsbedingt. Da hat plötzlich auch Leonardo Bittencourt mit Problemen zu kämpfen. Trainer Florian Kohfeldt dreht sich zur Bank um und weist an: &bdquo;Simon, aufwärmen!“

Das Herz des jungen Fußballers aus St. Georgen dürfte in jenem Moment um einiges höher geschlagen haben – insbesondere, als er vor 40.000 Fans sein Aufwärmprogramm durchzieht. Sollte es nun also wirklich so weit sein? Sollte nun zum ersten Mal in der Geschichte ein Südtiroler Fußballer in der Bundesliga auflaufen? Die Antwort lautet: Leider (noch) nicht. Denn Bittencourt konnte weiterspielen – und für Straudi blieb es bei dem wohl aufregendsten Warmmachen seines Lebens.

In Klagenfurt zählte Straudi nach einem holprigen Beginn schon bald zu den Leistungsträgern. © APA / HANS PUNZ

Diese Szene ist mittlerweile knapp zwei Jahre her, doch auch heute denkt Simon Straudi noch gerne daran zurück. &bdquo;So etwas gibt dir extrem viel Energie und Motivation, hier noch einmal hinzukommen“, erklärt der 22-Jährige, der sich gerade auf Heimaturlaub in St. Georgen befindet. Seit diesem 21. September 2019 ist viel passiert in der Karriere des Simon Straudi, der für viele als das größte Südtiroler Talent der letzten Jahre gilt. Für einen Bundesliga-Einsatz hat es nicht mehr gereicht, dafür spielte er die Saison bei Bremens zweiter Garde in der viertklassigen Regionalliga fertig, dann brach der Corona-Alptraum über die Welt hinein – und schließlich ging auch das Abenteuer des Mittelfeldspielers in Bremen, wo er seit 2016 kickte, (vorerst) zu Ende. Anfang Oktober letzten Jahres wurde bekannt, dass Straudi leihweise zum österreichischen Zweitligisten Klagenfurt wechselt. Auf holprigen Start folgt der Aufstieg Dass der Schritt vom deutschen Bundesligaklub in die zweite österreichische Liga für manch einen überraschend kam, ist auch dem Mittelfeldspieler bewusst. &bdquo;Die zweite Liga in Österreich wird vielleicht nicht unbedingt als guter Schritt assoziiert“, meint der Pusterer, der ergänzt: &bdquo;Zu jener Zeit war es aber coronabedingt nicht unbedingt einfach, einen Verein zu finden. Ich habe auf höherem Niveau Spielpraxis gebraucht, und deshalb war ich froh, dass das mit Klagenfurt geklappt hat. Für mich hat sich herausgestellt, dass es der richtige Schritt war, da ich mich vor allem körperlich weiterentwickelt habe.“

&bdquo;Früher habe ich mir gesagt: Wenn ich nicht Bundesliga spiele, habe ich es nicht geschafft. Jetzt ist mir etwas klargeworden: Der Weg dorthin ist nicht einfach.“ Simon Straudi Die Saison von Klagenfurt und jene von Straudi weisen erstaunliche Parallelen auf. Holprig begonnen, immer sattelfester geworden und schließlich in Hochform aufgespielt. Für den Klub bedeutete das den Aufstieg in die erste österreichische Liga – eine Premiere, denn zuvor hatte der 2007 gegründete SK Austria Klagenfurt noch nie im Fußball-Oberhaus mitgemischt.

Vier Jahre verbrachte Simon Straudi bei Werder Bremen und trainierte dabei auch regelmäßig mit der Bundesliga-Mannschaft mit.

&bdquo;Nach einer durchwachsenen Hinrunde und einem Trainerwechsel konnten wir in der Rückrunde 12 von 15 Spiele gewinnen, schafften es auf den letzten Drücker in die Relegation und haben dort den Aufstieg gegen St. Pölten klargemacht“, freut sich Straudi, der auch gleich seine eigene Saison analysiert: &bdquo;Die Umstellung auf den viel körperbetonteren österreichischen Fußball war nicht einfach. Mit der Hinrunde bin ich nicht so glücklich, dann bin ich aber immer besser hineingekommen. Mit der Rückrunde kann ich zufrieden sein“, meint der Pusterer, der seinen Stammplatz auf der für ihn ungewohnten Position des rechten Außenverteidigers fand. &bdquo;Besser gefällt es mir aber nach wie vor auf dem Flügel oder im Mittelfeld.“ Rückkehr zu Werder Bremen? Wie es mit Simon Straudi nun weitergeht, weiß er selbst noch nicht. Der Lockenkopf hat bei Werder Bremen noch einen Vertrag bis 2022. Weil der Traditionsverein nach dem bitteren Bundesliga-Abstieg künftig in der zweiten Liga spielt, ist auch eine Rückkehr in den hohen Norden für den Pusterer nicht mehr ausgeschlossen. &bdquo;Zweite Bundesliga zu spielen, wäre schon cool. Aber die Entscheidung liegt bei Bremen: Wenn sie mit mir planen, würde ich es mir sicher überlegen. Wenn nicht, dann muss ich mir einen neuen Klub suchen. Ich bin für alles offen: Klagenfurt, Deutschland, Italien oder auch Spanien – mir würde vieles taugen.“

Und doch – den Traum, das große Ziel, hat Straudi nicht aus den Augen verloren. &bdquo;Ich will in der deutschen Bundesliga spielen“, gibt er sich entschlossen. &bdquo;Seit ich Fußball spiele, ist die Bundesliga mein Traum.“ Mit den Jahren und der Erfahrung ist sich der 22-Jährige aber auch etwas bewusst geworden: &bdquo;Früher habe ich mir gesagt: Wenn ich nicht Bundesliga spiele, habe ich es nicht geschafft. Jetzt ist mir etwas klargeworden. Der Weg dorthin ist nicht einfach, es muss sehr viel zusammenpassen. Ich werde alles dafür tun, dass es noch einmal klappt.“ Die Sichtweise des Simon Straudi hat sich also etwas geändert. Die Ziele aber nicht.

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