Michael Schumacher und der Ort, an dem alles begann

Ein Looping fehlt. Oder zwei. Oder drei. So wie das halt jetzt üblich ist, wenn einem Normalbürger das Adrenalin mit aller Gewalt in die Blutbahn gepumpt werden soll. Für einen kurzen Moment sollen Kräfte bis 6g (entspricht dem sechsfachen des Körpergewichts) zur Wirkung kommen. Eigentlich ist das kaum zu verkraften. Aber es sind diese ungeheuren Beschleunigungskräfte, die den Reiz einer Achterbahnfahrt ausmachen und weil sie nur für ganz kurze Momente auftreten, ist es wohl auch gesundheitlich vertretbar, zumal es auch wirklich Spaß macht.

Ja, ich oute mich gerne als Fan der &bdquo;Wilden Maus“ (das war die erste Achterbahn auf dem Oktoberfest und eine Institution, ehe dann die modernen Ungetüme kamen, die freilich um vieles mehr noch an Nervenkitzel bieten). Auch in der Formel-1 gibt es noch eine Achterbahn. In den Ardennen, in Belgien, nahe Francorchamps. Die Höhendifferenz von 100 Metern ist eigentlich lächerlich aber für einen Formel-1-Kurs extrem. Und viele Kurven gibt es, was ja beim Autorennfahren im Grunde wünschenswert ist. Viele Richtungsänderungen können viel verändern im Rennverlauf. Alles begann mit einem Kupplungsschaden Francorchamps ist deshalb ein Klassiker, der an diesem Wochenende wieder auf dem Programm steht. Aber es ist eben nicht nur eine Rennstrecke. Die &bdquo;Ardennen-Achterbahn“ wie sie respektvoll genannt wird, dokumentierte den Beginn einer neuen Ära in der Formel-1. Sie war quasi der Geburtshelfer für Michael Schumacher, der sich nach seinem Skiunfall 2013 mit schweren Kopfverletzungen in medizinischer Rehabilitation befindet. Über seinen wirklichen Gesundheitszustand wird nahezu Stillschweigen gewahrt. Und vielleicht ist das auch gut so, dass die Öffentlichkeit nicht jedes Recht an Informationen einfordern kann.

Im Rampenlicht: Michael Schumacher. © AFP / WILLIAM WEST

Dabei beendete Schumacher damals sein Formel-1-Debüt nicht. Ein Kupplungsschaden in seinem Jordan machte bereits nach 700 Metern in Francorchamps die Hoffnung auf eine Sensation zunichte, die sich angedeutet hatte nach den Fahrten zuvor. Für &bdquo;Schumi“, wie ihn später alle nennen sollten, war dies nicht mal so dramatisch, denn er hatte sein außergewöhnliches Talent offenbart und das Interesse von Benetton-Chef Flavio Briatore geweckt, der auf Biegen und Brechen unbedingt Michael Schumacher in seinen Rennstall locken wollte. Es gelang ihm letztlich mit ziemlich komplizierten Winkelzügen. Der Beginn einer Ära Schumacher hielt sich persönlich wohl aus all den juristischen Spitzfindigkeiten heraus. Sein Manager Willi Weber regelte alles. Briatore gewann und es war der Beginn einer einzigartigen Karriere. Für Benetton und für Schumacher. Danach folgte das Engagement bei Ferrari und später auch noch bei Mercedes, was großen Jubel in Deutschland auslöste. Gerade so, als habe der Erlöser endlich seine Heimat gefunden. Endlich saß der beste deutsche Rennfahrer, den es je gegeben hat, in einem deutschen Auto. Ferrari fährt seitdem hinterher, weil wohl auch der ständige Antreiber und Perfektionist Michael Schumacher fehlt, um dem italienischen Rennstall den letzten Kick zu verleihen.

Der erste Grand-Prix-Sieg von Michael Schumacher gelang, wie könnte es anderes sein, 1992 in Francorchamps. Ein Leben im Rausch der Geschwindigkeiten, das durch einen tragischen Unfall abrupt gestoppt wurde. Denn zwischenzeitlich, als er die Formal-1 verlassen hatte, fuhr er Motorradrennen und viele bescheinigten ihm auch hier außergewöhnliche Fähigkeiten. Es mag als Wink des Schicksals bezeichnet werden, dass sein Sohn Mick vor vier Jahren Papas Benetton im Rahmenprogramm des damaligen Formel-1-Rennens über die Ardennen-Achterbahn lenkte und dass er jetzt, an diesem Wochenende, ganz offiziell im Haas-Team sein zwölftes Formel-1-Rennen bestreitet. Mick ist erstaunlich abgeklärt Es ist zu hoffen, dass die Kupplung seines Autos länger hält, als das seinerzeit bei seinem Vater Michael der Fall war. Und irgendwie ist es immer so, als stünde Michael Schumacher noch am Streckenrand oder in der Boxengasse, um Tipps zu geben. Als würde er ein waches Auge haben auf seinen Filius, der erstaunlich abgeklärt damit umgeht, dass er als Sohn des unvergleichlichen Michael Schumacher intensiver im Fokus steht als viele seiner Kollegen. Der Name mag geholfen haben, mehr aber noch ist auch sein Talent nicht zu übersehen.

Es ist zu hoffen, dass der Papa in der Lage ist, die guten Nachrichten über die Karriere seines Sohnes bewusst aufzunehmen. Das wissen wir alle nicht, was uns aber nicht daran hindern soll, unsere guten Gedanken an Michael Schumacher zu schicken und dem Sohn die Daumen zu drücken, auch wenn der wohl nicht so erfolgreich werden wird wie sein Papa. Aber wer könnte das schon? In Francorchamps leben auf jeden Fall viele Erinnerungen noch einmal auf. Die Achterbahn des Lebens lässt grüßen.

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Michael Schumacher und der Ort, an dem alles begann

In den belgischen Ardennen findet an diesem Wochenende wieder ein Formel-1-Rennen statt. Unser Kolumnist Sigi Heinrich blickt noch einmal drei Jahrzehnte zurück, als Michael Schumachers Karriere dort mit einem Kupplungsschaden begann und doch zu ungeahnten Höhenflügen führte.

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