Der Pyrrhussieg des Novak Djokovic

Vermutlich darf er spielen. Aber auch wenn er wieder gewinnen sollte, wie schon neunmal zuvor, wird Novak Djokovic zu den Verlierern der Australian Open in diesem Jahr zählen. Der Serbe, der seit Jahren darum kämpft, geliebt zu werden wie Roger Federer oder Rafael Nadal, hat mit seiner Einreiseaktion in Australien diese Bemühungen wieder mit einem Schlag zunichte gemacht. Es wird wohl auch künftig maximal Respekt für ihn geben, der ihm aufgrund seiner sportlichen Leistungen ja auch zurecht entgegengebracht wird. Aber recht viel mehr wird nicht drin sein.

Es ist nicht die Frage von Schuld oder Unschuld an dieser Situation. Es ist schlicht das Ergebnis der Vorgehensweise von ihm und seinem ganzen Clan, zu dem ja auch die Regierung von Serbien gehört. Denn Djokovic genießt in seiner Heimat nicht nur einfach den Sonderstatus eines herausragenden Sportlers. Er wird beinahe wie Jesus gesehen und man traut ihm sicher auch zu, über´s Wasser zu gehen. Deshalb genießt er auch Freiheiten, die man jedem anderen nie zugestehen würden. Er ist unangreifbar und wehe, man rüttelt an dieser Position, wie das die Australier getan haben, indem sie ihm die Einreise zunächst verweigerten. Schlimmer noch, sie behandelten den Tennisstar wie jeden normalen Menschen, der nicht alle Bedingungen erfüllt, die man derzeit benötigt, um Australien besuchen zu dürfen. Ein Gott, der ganz normale Schuhe trägt und in ein Abschiebhotel muss, in dem sich im Zimmer nebenan Asylbewerber aufhalten, die auf ihre Ausweisung warten. Manche seit geschlagenen drei Jahren immerhin. Die Politik schaltet sich ein Das konnte und wollte sich Serbiens derzeit amtierender Präsident Aleksandar Vucic natürlich nicht bieten lassen und bestellte sogar den australischen Botschafter ein. Natürlich fällt das unter die Rubrik Wahlkampf und Polemik und ist nichts anderes als politisch motivierter Aktionismus. Indem er sich mit voller Brust auf die Seite von Djokovic schlägt, sammelt er mächtig Pluspunkte bei seinen Anhängern. Der Sportler wird so auch instrumentalisiert, wobei er nichts dagegen hat, zum Spielball politischer Kräfte zu werden. Er ist ja ein glühender Anhänger von Vucic und seiner ziemlich rechtsorientierten Fortschrittspartei.

Aleksandar Vucic stellte sich auf die Seite von Djokovic. © APA/afp / JURE MAKOVEC

Djokovic ist ein Aushängeschild seines Landes und es gibt mittlerweile sogar eine Briefmarke mit seinem Konterfei. Interessant in diesem Zusammenhang ist die Tatsache, dass die offizielle Präsentation wohl am 17. Dezember durchgeführt wurde. Einen Tag, nachdem Djokovic angeblich Corona bekommen hatte. Er hätte sich also eigentlich in Quarantäne befinden müssen, nahm aber auch danach noch weitere offizielle Termin an. Immer ohne Abstand und Maske wie schon bei seiner höchst umstrittenen Adria-Tour, die er organisierte, als der Tennisbetrieb in der ersten Welle von Corona international stillstand. Djokovic setzte sich gewissenlos gegen alle Bedenken durch. Gestützt auch da schon von seiner Regierung und befeuert von seinem Vater Srdjan, der nun wirklich weit übers Ziel hinausschießt, wenn er seinem Sohn zur Seite steht, was aus Sicht eines Vaters ja noch verständlich sein kann, würde er die guten Sitten dabei nicht außer Acht lassen. Das Vokabular von Srdjan ist nicht hilfreich, wenn man seinen Sohn verstehen will. Es ist kontraproduktiv, wenn er sich in Belgrad vor Anhängern seines Sohnes hinstellt und Hetztiraden loslässt. Das macht letztlich Novak nicht sympathischer. Impfstatus: Es gab nie klare Aussagen Die Gemengelage, was die Einreise nach Australien betrifft, ist sicher kompliziert. Das musste Novak Djokovic ebenso wissen, wie seine engsten Berater und sein ganzes Umfeld. Aber nie gab es im Vorfeld klare Aussagen bezüglich seines Impfstatus, ständig spielte er auf die Tatsache an, dass man ja wohl ihm, dem vielfachen Champion in Melbourne, in jedem Fall den roten Teppich ausrollen würde, ja müsste.

Es ist die typische Hybris einer zweifellos großen Sportlerpersönlichkeit, die ein gestörtes Verhältnis zum normalen Leben offen zu Tage treten lässt. Es ist ein Leben auf einem anderen Planeten, fernab von seinen Fans, dessen Liebe er so gerne gewinnen möchte. Das gelingt ihm nur in Serbien. Aber er hat natürlich weiterhin auch außerhalb seines Landes Fans. Sogar in Australien, wie etwa den Bundesrichter Anthony Kelly, der sich nämlich bei seiner Entscheidung, den Entzug des Visums rückgängig zu machen, ziemlich stark auf den &bdquo;Umgang“ mit Djokovic fokussierte. Dabei fiel er sogar den Beamten der Grenzbehörde in den Rücken. Das sei, so Kelly, ein Punkt der ihn aufrege. So wurde Novak Djokovic zunächst wie jeder andere Tourist behandelt, später bekam er allerdings in seinem Quarantäne-Hotel einen Laptop geliefert und glutenfreie Mahlzeiten. Und er durfte nach einer Anweisung von Kelly seine Unterkunft für die Dauer des Verfahrens vorzeitig verlassen und in ein Hotel seiner Wahl gehen.

Jetzt wird das allenthalben als Sieg von Djokovic gegen Australien hingestellt. Aber es ist ein Pyrrhussieg, den er auf einem Parkett gewonnen hat, auf dem ein gefühlvoller Stopp und eine krachende Vorhand nichts zählen. Und noch ist ein Return möglich, denn die Innenministerin von Australien, Karen Andrews, hat einen guten zweiten Aufschlag. Sie meinte, dass es keine Garantie gebe für eine Einreise eines Nichtstaatsbürgers nach Australien. &bdquo;Es gibt Kriterien und Bedingungen für die Einreise und Gründe für die Ablehnung oder Annullierung eines Visums“, sagte sie. Das Match geht in die Verlängerung.

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Der Pyrrhussieg des Novak Djokovic

Der Kampf um die Teilnahme für Novak Djokovic an den Australian Open, dem ersten Grand-Slam-Turnier in diesem Jahr, schlägt hohe Wellen. Unser Kolumnist Sigi Heinrich sieht dabei den ungeimpften Tennisstar nicht unverschuldet als großen Verlierer, auch wenn noch kein Match gespielt wurde.

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