„Ich hoffe, noch einmal gegen Sinner zu spielen“

Vor drei Jahren hat sich Andreas Seppi mit seiner Frau Michela Bernardi ein Haus in Boulder im US-Bundesstaat Colorado gekauft. Die Vereinigten Staaten sind die Wahlheimat der beiden, dort wollen sie sich zusammen mit Töchterchen Liv (kam im Februar zur Welt) ein Leben aufbauen. Auch dieser Tage weilen die Seppis in den USA. Der Tennis-Star wurde Anfang November positiv auf Corona getestet (wir berichteten ), hat sich aber gut erholt und trainiert mittlerweile schon wieder. Für S+ nahm sich der 36-Jährige Zeit für ein ausführliches Interview.

Andreas Seppi, hält Sie zurzeit Töchterchen Liv ordentlich auf Trab?

Seppi: &bdquo;Ausschlafen ist zurzeit nicht drin (lacht). Aber ich muss sagen, dass die Kleine sehr brav ist und auch gut durchschläft.“

Sie können sich also von den Strapazen der letzten Saison gut erholen?

&bdquo;Ja, logisch. Wobei die Saison nach der Coronapause für mich nicht gerade berauschend war. Ich habe das Jahr bei den Australien Open und mit dem Finale in New York ( ATP 250, Anm. d. Red. ) gut begonnen. Danach kam Corona. Mein großes Glück war, dass die Kleine Liv im Februar geboren wurde und ich so wirklich fünf, sechs Monate Zeit mit ihr und meiner Frau verbringen konnte.“

&bdquo;Ich muss zugeben, dass ich mich nicht wirklich gut vorbereitet hatte.“ Andreas Seppi über die Tennis-Saison nach der Corona-Pause Nach der Corona-Pause ist dann Sand ins Getriebe geraten, erstmals seit 16 Jahren werden Sie das Jahr nicht in den Top 100 abschließen. Woran hat’s gelegen?

&bdquo;Wegen Corona wusste man nie so recht, wann die Saison wieder losgehen würde. Es war vieles ungewiss, deshalb habe ich mal trainiert, mal nicht. Ich muss zugeben, dass ich mich im Endeffekt nicht wirklich gut vorbereitet hatte, da bin ich selbst schuld. Ich war nicht so motiviert, zu trainieren. Das hat sich dann auch auf die Ergebnisse niedergeschlagen. Im letzten Monat habe ich dann noch einmal versucht, mehr zu machen, bin aber nicht mehr richtig reingekommen. Andererseits muss ich auch sagen, dass mir am Ende nur ein, zwei Siege für die Top 100 gefehlt haben.“

Seppi bei seinem Auftritt in New York, wo er ins Finale kam. © GETTY IMAGES NORTH AMERICA / Steven Ryan

Nach dem frühen Aus beim Turnier in Nur-Sultan haben Sie mit einer großen Portion Frust die Saison abrupt für beendet erklärt. Hatten sie in dieser Zeit auch Rücktrittsgedanken?

&bdquo;Nein, hatte ich nicht. Ich muss sagen, dass die Lust am Tennisspielen immer noch groß ist. Deshalb werde ich auch im nächsten Jahr noch spielen. Allerdings schaue ich mittlerweile von Jahr zu Jahr. Wie lange ich weitermache, hängt von zwei Faktoren ab: Ich muss physisch und mental zu 100 Prozent fit sein. Und auch das Ranking ist entscheidend: Wenn ich weiter zurückfalle und nur mehr Challenger spielen muss, wäre das schwierig. Ich will mich deshalb nun ordentlich vorbereiten und 2021 wieder angreifen – mit dem Ziel, im Ranking wieder nach vorne zu kommen.“

&bdquo;Ich kann mir vorstellen, ins Hotel-Business einzutauchen.“ Seppi über seine Zukunftspläne Mit 36 Jahren zählen Sie zu den Routiniers im Tennis-Zirkus. Macht man sich da auch schon Gedanken darüber, wie es nach der Profi-Karriere weitergeht?

&bdquo;Klar macht man sich da Gedanken. Dass ich später einmal als Coach arbeite, denke ich eher nicht – da ist man das ganze Jahr über unterwegs. Ich möchte lieber in der Nähe meiner Familie bleiben. Ganz weg vom Tennis ist aber auch schwierig. Mal schauen, was sich ergibt.“

Seit Februar im Familienglück: Seppi und seine Frau Michela mit Töchterchen Liv. © Andreas Seppi / Social Media

Aber Sie wollen mit Ihrer Familien in den USA Wurzeln schlagen?

&bdquo;Ja, das ist unser Ziel. Wir möchten mit der Kleinen hier etwas aufbauen. Mir und meiner Frau schwebt auch vor, hier eine Range oder eine Lodge zu betreiben – also ein bisschen ins Hotel-Business einzutauchen. Michelas Eltern sind ja seit Generationen in diesem Bereich tätig, das würde uns beiden gefallen. Aber wie gesagt, das ist alles noch weit weg.“

&bdquo;Er kann sich über mehrere Jahre in den Top 10 festsetzen – mindestens.“ Seppi über Youngster Jannik Sinner Zurück zum Sport: Jannik Sinner hat in Südtirol einen regelrechten Tennis-Hype ausgelöst. Fehlt Ihnen da manchmal die Wertschätzung für das, was Sie in all den Jahren geleistet haben?

&bdquo;Nein, überhaupt nicht. Das sind zwei komplett verschiedene Paar Schuhe. Jannik ist ein unglaubliches Talent. Man kann ihn mit Novak Djokovic und Rafael Nadal in jungen Jahren vergleichen. Er ist eine absolute Ausnahme.“

Wie weit kann er es Ihrer Meinung nach bringen?

&bdquo;Vom Spiel, Talent und der Mentalität her ist Jannik vielen voraus und kann sich meiner Meinung nach über mehrere Jahre in den Top 10 festsetzen – mindestens. Ein Grand-Slam-Turnier zu gewinnen oder die Nummer 1 zu werden, das hängt dann immer von Details ab. Ich hoffe, dass er von Verletzungen verschont bleibt – dann hat er eine große Karriere vor sich.“

Letzte Frage: Andreas Seppi gegen Jannik Sinner – wer gewinnt?

&bdquo;In den letzten Monaten wäre es sicher hart gewesen für mich (lacht). So etwas vorauszusagen ist immer schwierig, in diesem Moment ist Jannik sicher eine Klasse besser als ich. Ich hoffe, dass ich noch einmal die Chance bekomme, gegen ihn zu spielen. Das wäre sicher ein reizvolles Duell – egal, wie es ausgeht.“

Fragen: Thomas Debelyak

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„Ich hoffe, noch einmal gegen Sinner zu spielen“

Die Tennis-Szene in Südtirol und der ganzen Welt ist verrückt nach Shootingstar Jannik Sinner, dessen Karriereweg immer steiler nach oben zeigt. Etwas untergegangen ist in den letzten Wochen und Monaten das Abschneiden von Andreas Seppi – doch auch beim Kalterer war so einiges los.

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