Die unglaubliche Odyssee des Dominik Windisch

Er wäre gern mitgeflogen am 24. November. Stattdessen konnte Dominik Windisch nur vom Flughafen Malpensa in Mailand zuschauen, wie sich die italienische Biathlonmannschaft in die Luft begab, um später in Kontiolahti (Finnland) ihre ersten Wettkämpfe zu bestreiten. Dominik musste unverrichteter Dinge mit seinem gesamten Gepäck wieder nach Hause. Dort saß er untätig und ziemlich gefrustet in Rasen vor dem Fernseher, als die Mannschaftskollegen um ihre ersten Weltcuppunkte kämpften. Er fuhr derweil zwei Streichresultate ein (die es pro Saison gibt) und verstand die Welt nicht mehr so richtig. Mit Auto, Flugzeug und Zug quer durch Europa Sein Corona-Test in Mailand vor dem Abflug sei positiv gewesen, hatte man ihm mitgeteilt. Reisestopp also. Statt durch den tiefen Schnee in der &bdquo;Bärenbucht“ pflügte er über die Autobahn. Man kann sich die inneren Kämpfe vorstellen, die er ausgefochten hat, denn er war sich keiner Schuld bewusst. Schlimmer noch. Es verdichtete sich die Vermutung, dass sein Test vertauscht worden sei, denn auf seinem Formular stand der 23. November. Ein falsches Datum, denn der Test wurde am 24. durchgeführt. Das konnte im Schnelldurchgang nicht geklärt werden, weshalb das Damoklesschwert eines positiven Tests mit aller Schärfe auf ihn herabsauste. Aber Windisch, hochdekoriert mit Olympia-und WM-Medaillen, nahm den Kampf gegen den unbekannten Gegner auf. Wie auf der Loipe, wie am Schießstand. Er unterzog sich gar einem PCR-Test auf SARS-CoV-2, der eine hohe, klinische Sensitivität von nahezu einhundert Prozent zeigt. &bdquo;Es hat sich herausgestellt, dass ich nie positiv war“, sagt er, ohne dabei seine Stimme zu erheben. Das ist nicht seine Art. Er hat die unglücklichen Umstände schicksalsergeben hingenommen und gehört jetzt vermutlich zu den am häufigsten getesteten Biathleten. Und er nahm einen neuen Anlauf. Von Rasen durch das Pustertal zur Autobahnauffahrt Brixen Richtung Süden ging es am Gardasee entlang am vergangenen Montag zum Flughafenhotel in Mailand. Die Nacht dort war freilich kurz. Die Odyssee begann um 4.00 Uhr morgens mit dem Shuttle zum Flughafen und einem Dutzend Gepäckstücke. &bdquo;Fünf Formulare musste ich ausfüllen, es war ein Chaos“, berichtet er. Aber immerhin. Er saß dann rechtzeitig im Flugzeug. Aber noch nicht nach Joensuu, seinem Endziel in Finnland. Er flog über Amsterdam, wo freilich keine Zeit für einen Ausflug in die Grachten blieb, denn der Flieger nach Helsinki wartete schon. Helsinki, immerhin schon mal Finnland. Er war tatsächlich auf dem Weg zum Weltcup der Biathleten. Vom Flughafen dort galt es, mit Sack und Pack drei Stationen mit dem Zug zum Bahnhof Tikkurila zu fahren. Eine ordentliche Schlepperei. Und da stand dann endlich geschrieben: Joensuu. Wie eine Erleuchtung. Allerdings ist die Kleinstadt in der Nähe des Biathlonzentrums nicht direkt um die Ecke. Viereinhalb Stunden benötigt der Schnellzug in rasender Fahrt für die 430 Kilometer. Wer also glaubt, ein Weltmeister führe ein bequemes Leben in Saus und Braus und wird mit einer Sänfte von Weltcup zu Weltcup getragen, der sieht sich fürchterlich getäuscht. &bdquo;Ich freue mich auf die Rennen“ Dominik Windisch Die Reisen sind anstrengend. Immer. Ein Glück immerhin, dass Dominik nicht alleine unterwegs war. Thomas Bormolini war sein Reisebegleiter, so dass Trainer Andreas Zingerle jetzt auf fünf Athleten zurückgreifen kann. Aber bevor es wirklich so weit ist, folgte am Tag vor dem Rennen - man ahnt es - frühmorgens noch ein weiterer Test, ehe Dominik dann aus der Isolation heraus erstmals nach vielen Tagen endlich wieder ein paar Skatingschritte machen konnte. Hinunter zum Höytiäinen-See, die Wand hinauf, jenen prägenden Anstieg, der sogar der Weltklasse den Atem raubt. Alles noch ohne Gewehr zunächst. Hektik wäre jetzt unangebracht. Dominik Windisch hat erlebt, wie leicht und vor allem unverschuldet man in schwierige Situationen kommen kann. &bdquo;Ich freue mich auf die Rennen“, lautete seine letzte Nachricht aus Nordkarelien. Und es kann unter diesen Umständen natürlich noch keine gewaltige Kampfansage folgen. Windisch muss jetzt erst seinen Rhythmus in der Loipe und am Schießstand finden. Bisher prägten vor allem Corona-Tests die Saison. Die Abreise immerhin sollte bequemer sein. Die Internationale-Biathlon-Union (IBU) hat einen Charterflug von Joensuu nach Salzburg organisiert. Und Dominiks Auto steht glücklicherweise nicht in Mailand. Der italienische Verband hatte vorausschauend einen Bus für ihn organisiert.

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