Olympische Spiele und Dschungelcamp

Jetzt ist das schon ein großes Glück, denn viel fehlte ja nicht, und die wichtigste Veranstaltung, die in diesem Jahr stattfindet, nämlich das &bdquo;Dschungelcamp“ hätte sich mit dem zweitwichtigsten Event fast überschnitten. Denn ehrlich und wirklich Hand aufs Herz: Die unglaublichen Dramen, die sich in Afrika abspielen, können sicher nur mit Mühe getoppt werden von den Aktionen in Peking mit den besten Wintersportlerinnen und – Sportlern der Welt. Da muss sich doch tatsächlich ein gewisser Harald Glööckler von seinem Kuschelkissen verabschieden. Oh, mein Gott, wenn das nur gut geht. Worauf liegt denn jetzt sein seltsames Haupt. Da macht man sich wahnsinnige Sorgen und fast eine schlaflose Nacht. Dagegen ist der Wind, der den Biathleten vermutlich um die Ohren saust bei ihren Schießeinlagen, eine zu vernachlässigende Nachricht. Ist halt so wie immer.

Da haben diese seltsamen Prominenten – wobei dieser Begriff irgendwann einmal neu definiert werden sollte – schon ganz andere Kaliber aufzufahren, als etwa eine knapp verpasste Medaille eines Medaillenkandidaten. Anouschka Renzi etwa, so entnehme ich dem deutschen Boulevard-Blatt, dass dieses eigenartige Treffen im fernen Südafrika mit gebotener Schärfe und Aufmerksamkeit begleitet, als ginge es um ein hochbrisantes politisches Treffen zwischen Putin und Biden, hat ihre Ohrenstöpsel abgegeben. Es war wohl nämlich so, dass jeder, der noch dabei ist, dabei sein darf also, einen Luxusgegenstand abgeben musste, damit alle ihr Abendessen bekommen können. Frau Renzi, leicht renitent wohl, hat nur vier von sechs Stöpseln abgegeben. Zwei versteckte sie ihm Schuh. Was für ein Verbrechen. Da ging es natürlich wüst her im Dschungelcamp. Weltklasse in ihrem Metier Aber vermutlich hat Renzi ihre Ohren auf Durchzug geschaltet, was den Verlust der Stöpsel dann ja irgendwie ausgleichen kann. Ich denke da gerade an einen Grandseigneur unter den Schauspielern, den Schweizer Paul Hubschmid, den Vater von Anouschka Renzi, der sich diese Idiotie zum Glück fast nicht mehr anschauen kann. Der starb vor zwanzig Jahren. Da freut man sich förmlich auf die Olympischen Spiele, weil man weiß, die Prominenten, die da mitmachen, sind auch wirklich bekannte Bürger dieser Erde. Sie sind Weltklasse in ihrem Metier, was immer das auch sein mag. Während das Dschungelcamp eine Vereinigung armseliger Verlierer ist, sind mitunter sogar Verlierer bei den Spielen große Sieger.

Die Winterspiele beginnen am 4. Februar. © ANSA / ROMAN PILIPEY

Ich denke da wahnsinnig gerne an die Olympischen Spiele in Nagano und an Bjørn Dæhlie und den Kenianer Philip Boit. Vor dem Start des 10 km-Rennens war es eiskalt. Danach setzte Regen ein. Dæhlie gewann und Boit wurde Letzter mit mehr als 20 Minuten Rückstand. Der Norweger wartete im Ziel auf Boit, umarmte ihn, klopfte ihm die Nässe vom Anzug. Es wurde eine lebenslange Freundschaft daraus. Philip Boit nannte dann seinen Sohn übrigens Dæhlie. Dæhlie Boit, so heißt er wirklich und der Namensgeber war tatsächlich mit ihm auch schon gemeinsam beim Langlauf. Dass die ganze Aktion mit dem ersten Afrikaner auf Langlaufskiern damals natürlich eine Marketinggeschichte war, sei an dieser Stelle mal vergessen. Da können, sorry, die Ohrenstöpsel von Anouschka Renzi nicht mithalten und auch über den Verlust des Kuschelkissens von Herrn Glööckler hält sich unser Mitleid in Grenzen. Da kann sich das Dschungelcamp noch so sehr anstrengen. Jamaika ist zurück Die schönsten und besten Geschichten schreibt immer noch das richtige Leben und gerade der Sport produziert ungewollt ja ständig neue Highlights, die uns berühren. Wer etwa kennt ihn nicht. &bdquo;Eddie the eagle“. Der kurzsichtige englische Skispringer ließ die Zuschauer den Atem anhalten, weil man nie wusste, ob er wirklich heil über die Schanze kommt. Er hat es geschafft, meistens jedenfalls. Seine Geschichte wurde übrigens ebenso verfilmt wie jene der vier Jungs aus Jamaika, die in Calgary 1988 zum ersten Mal an einem Bobwettbewerb teilnahmen. &bdquo;Cool Runnings“ hieß der übrigens preisgekrönte Disney-Film über die vier wagemutigen Neulinge im Bob. Bei den Olympischen Spielen in Peking sind sie längst keine Exoten mehr. Jamaika nimmt an drei Wettbewerben teil. Im Viererbob, im Zweierbob und im Monobob der Frauen. Um das alles auch finanziell zu stemmen, wollten sie Geld sammeln.

Etwa 200.000 Euro haben sie für ihr Unternehmen Peking kalkuliert. Bislang sind noch nicht einmal 10.000 Euro auf dem Konto. Sie werden trotzdem mitmachen. Die Teilnehmer am Dschungelcamp bekommen dagegen eine Vergütung, dass sie Ohrenstöpsel und Kuschelkissen abgeben müssen. Gerecht, nein gerecht ist diese Welt nicht. Ich werde auf jeden Fall auch weiterhin jede Folge der &bdquo;Abenteuer“ im Dschungel mit Begeisterung verpassen und freue mich dafür auf die wahren Abenteuer, die uns in auf Trab halten werden. Angesichts der ziemlich schwierigen Umstände werden wir vermutlich aus dem Staunen nicht herauskommen. So oder so. Zumindest was die Abgeschiedenheit des Austragungsortest und die Abschottung der Teilnehmer betrifft, haben das &bdquo;Dschungelcamp“ und die Olympischen Spiele 2022 eine gewisse Gemeinsamkeit.

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