Die Formel 1 geht in die Luft

Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein, meinte einst der deutsche Barde Reinhard Mey. Und er schaffte es tatsächlich, mit diesem Lied Sehnsüchte zu wecken. Ja, die Welt, die wollten wir erobern. Mit kerosingetränkten Motoren, mit einem klimaschädlichen Verkehrsmittel, dem Flugzeug. Nur so klappt das mit der Eroberung in relativ kurzer Zeit. Schnelligkeit ist das Gebot der Stunde. Nachhaltigkeit ist nachrangig. Und wenn es um Geschwindigkeit geht, ist natürlich die Formel 1 das Maß der Dinge.

Der rasende Zirkus nimmt nun noch einmal Fahrt auf und schert sich einen Teufel um die Umwelt. Hauptsache fahren und vor allem in Bälde auch fliegen. Denn der neue Terminkalender ist eine Farce, ein Schlag ins Gesicht all jener, die sich tatsächlich Gedanken um die Erderwärmung machen. Die Reisen nicht verteufeln, aber doch darauf hinweisen, dass es uns allen vielleicht in einigen Jahren besser ginge, wenn wir auch mal zuhause blieben, oder nur überschaubare Distanzen zurücklegen würden. Doch dazu müssten viele sehr vernünftig sein, was allen Erfahrungswerten leider entgegenspricht. Egoismus schlägt Allgemeinwohl. Im Kleinen wie im Großen. Und so jettet die Formel-1 künftig als Reiseweltmeister über den Erdball, als gäbe es kein Morgen mehr. Dazwischen schnell in die USA Gut, man beginnt in Bahrain und lässt die Motoren danach in Saudi-Arabien röhren. Das kann man noch akzeptieren. Doch dann gibt es kein Halten mehr. Melbourne ist das nächste Ziel. Dann folgt ein Auftritt in Imola, bekanntlich eine Rennstrecke in Europa, ehe, quasi um die Ecke, Miami auf dem Programm steht. Und weil es gerade so lustig ist in der Luft, die für die Welt immer dünner wird, fliegt der gesamte Tross schnell mal wieder zurück auf den alten Kontinent. Nach Barcelona. Hätte man ja auch direkt nach Imola machen können. Nein, dazwischen eben schnell in die USA. So geht das wild weiter. Sotschi, Singapur, Suzuka. Dann mal wieder ein Besuch in den Vereinigten Staaten. Mexiko ist noch im Plan. Dann flott noch von dort nach Brasilien und wieder retour nach Abu Dhabi. Die Formel 1 ist mehr in der Luft als auf dem Boden.

Die Formel 1 ist mehr in der Luft als auf dem Boden. © APA/afp / GABRIEL BOUYS

Natürlich ist das auch ein bisschen Stress für Hamilton, Vettel, Bottas oder Schumacher. Doch die Stars werden garantiert nicht in der Holzklasse fliegen wie die vielen Mechaniker oder Techniker. Mit einem guten Film, einem wohlschmeckenden Essen auf Porzellantellern und vielleicht ausnahmsweise noch mit einem schönen Wein in funkelndem Kristall lässt es sich aushalten. Und so ein Businessplatz ist ja auch wesentlich bequemer, als ein Sitz in einem Formel-1-Boliden. In den hinteren Reihen hingegen ist die enge Bestuhlung schon näher dran an einem Sportwagen. Formel-1-Boss mit Ablenkungsmanöver Die Formel-1 ist also in Bewegung, was im Grunde ja auch ihr Grundbedürfnis befriedigt. Es ist aber eben auch kein Geheimnis, sondern gefestigte Erkenntnis, dass Reisen, auch wenn es grundsätzlich bildet, die Umwelt belastet. Jede Fahrt, jeder Flug. Und dann ist da noch Covid-19. Längst nicht Geschichte, sondern immer noch ständiger Wegbegleiter mit der Drohgebärde einer Ansteckung, die tödlich verlaufen kann. Stefano Domenicali, der italienische Geschäftsführer der Formel-1, hat augenscheinlich schon ein paar Gewissensbisse, die ihn angesichts des wild wuchernden Reiseverkehrs seines Betriebes plagen, weshalb er darauf hinweist, dass die Pandemie noch immer sehr präsent sei.

Wachsam will er deshalb sein. &bdquo;Zum Schutz des Personals und der Gemeinden, die wir besuchen“, sagt er zuckersüß. Es ist nichts anderes als ein Ablenkungsmanöver, weil auch ihm wohl klar ist, dass er mit dem neuen Terminplan jegliche Vernunft beiseite geschoben hat. Sein Zirkus ist auf dem besten Weg, ein veritabler Umweltsünder zu werden, der zudem das Virus quer von Kontinent zu Kontinent befördern kann. Zeitgemäß ist das längst nicht mehr, ein Umdenken freilich ist angesichts des immens hohen finanziellen Aufwandes, den die Formel-1 betreibt, nicht zu erwarten. Noch ist Freiheit über den Wolken grenzenlos, doch eines vielleicht nicht mehr allzu fernen Tages wird auch diese eingeschränkt werden. Dann bleiben die Boliden dort, wo sie, wenn überhaupt, hingehören: Auf dem Boden.

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Die Formel 1 geht in die Luft

Der Formel-1-Zirkus hat seinen neuen Terminplan vorgestellt. Unser Kolumnist Sigi Heinrich hat ihn sich näher angeschaut und stellt fest, dass Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit dabei keine Rolle gespielt haben.

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