Sigi`s Spitzen: Das trojanische Dopingpferd

Sigi Heinrich

Jahrelang wurde die Sportwelt von Russland betrogen und belogen. Informationen vom Dopingskandal während der Olympischen Spiele 2014 in Sotschi wurden zurückgehalten, vernichtet oder nur spärlich und nicht komplett an die Internationale Dopingagentur (WADA) gegeben. Eine komplette Aufarbeitung des Skandals, der durch Informationen aus dem internen Kreis beteiligter russischer Funktionäre erst öffentlich gemacht werden konnte, wurde so erschwert, ja unmöglich gemacht. Die WADA verhängte deshalb eine vierjährige Sperre der russischen Dopingagentur (RUSADA). Russland wäre mithin bis zu den olympischen Spielen in Paris 2024 aus allen internationalen Wettbewerben ausgeschlossen worden. Jetzt hat der Internationale Sportgerichtshof (CAS) mit Sitz in der Schweiz die Sperre halbiert. Wieder einmal ist es eine Entscheidung pro Russland und ein Schlag für all jene, die ernsthaft mit aller Kraft den Kampf gegen Doping führen. Es ist ein Zeichen von Schwäche und ein Einknicken gegenüber der ach so großen Sportnation Russland, auch wenn es nach außen hin so aussieht, als würde die Strafe nach wie vor unerbittlich sein. Keine Teilnahme in Tokio bei den Olympischen Spielen 2021, ebenso gesperrt für Peking 2022 im Winter, für die Fußball-WM in Qatar und folgerichtig eigentlich auch für die Eishockey-WM im nächsten Jahr, die unverständlicherweise nach wie vor in Minsk ausgetragen werden soll.

Doch der Internationale Sportgerichtshof hat der Sportwelt in diesen Tagen ein gefährliches Geschenk vor die Türe gestellt. Ein trojanisches Pferd. Denn es ist keineswegs so, dass Großveranstaltungen ohne Beteiligung russischer Athleten über die Bühne gehen werden. Russland muss lediglich auf die äußeren Zeichen des Landes (Flagge, Hymne) verzichten. Als sogenannte &bdquo;neutrale“ Sportler dürfen viele, die mit Hilfe von Doping an die Weltspitze herangeführt wurden, weiter mitmachen. Es muss nur eine jetzt saubere Vita präsentiert werden, wozu man übrigens die WADA zum Einsatz bringen will. Klug und schlau eingefädelt. Sollen doch praktisch die Konkurrenten der russischen Sportler dafür sorgen, dass diese einen Nachweis erhalten, dass sie dopingfrei an den Start gehen.

Es ist ein Hohn, wie Russland mit dem internationalen Sport Schlitten fährt, aber es ist traurig und zutiefst fast beschämend, dass es immer wieder gelingt, das perfide vom russischen Staat ausgehende Betrugssystem ein für alle Mal mit wirklich harten Sanktionen zu beenden. Das jüngste Urteil, die Halbierung der ursprünglich vorgesehenen Sperre, kommt denen entgegen, die uns immer noch eine heile Sportwelt vorgaukeln wollen. Und es wurde uns wieder klar gemacht, dass Russland wichtig ist. Geld (die olympischen Spiele in Sotschi waren die teuersten Winterspiele in der Geschichte) spielt dabei ebenso eine Rolle, wie der nach wie vor ungeheuer große Einfluss Russlands in vielen Verbänden. Die Sperre, die so brutal klingt, ist nichts anderes als ein billiger Vorhang, den man leicht auf die Seite schieben kann. Und dahinter sind viele, viele Schlupflöcher. Und so hat der Kampf gegen Doping wieder eine Niederlage einstecken müssen. Die Schlacht freilich geht weiter. Sie muss weitergehen.

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