Keine Stars mehr im Frauen-Tennis

Sind wir nicht alle irgendwo in einer kleinen Ecke unserer Seele Romantiker? Die einen mehr, die anderen weniger. Schließlich werden Erinnerungen immer weicher im Lauf der Jahre, bis nur noch all das Gute und Schöne überlebt. Ich habe in dieser Woche mehrmals Chris Evert gesehen, die fleißig Interviews gibt. Und da bleibt es nicht aus, dass ihr Bild aus ihren aktiven Tagen wie ein übergroßes Poster vor den Augen auftaucht. Sie spielte als eine der Ersten die Rückhand beidhändig. Legendär waren ihre Duelle mit Martina Navratilova. Und dann kamen Steffi Graf und Gabriela Sabatini und wir sind dahin geschmolzen auf unserem Sofa und haben danach natürlich das Parfüm von Gabi für unsere Liebste geordert.

Jetzt kommt der Punkt, an dem man sagt: Was waren das noch für Zeiten. Und leider: Ja das ist so. Wir hatten Spielerinnen, die uns magisch an die Glotze zogen. Und heute? Hier ist eine kleine Auswahl von denen, die noch bei den French-Open dabei sind. Tamara Zidansek (SLO), Anastasia Pavlyuchenkova (RUS), Paula Badosa (ESP), Jelena Rybakina (KAZ), Iga Swiatek (POL), Marta Kostjuk (UKR), Ons Jabeur (TUN), Barbora Kreijcikova (CZE). Ich ahne, dass viele diese Namen zum ersten Mal gehört haben dürften. Aber das ist sie unter anderem, die neue Generation im Frauen-Tennis. Die letzte große Diva, die auch außerhalb des Tennis einen Namen hat, wurde von Jelena Rybakina geschlagen, die für Kasachstan an den Start geht (sie ist gebürtige Russin und lebt auch in Moskau). Die Künstlerinnen sterben einen leisen Tod Die Rede ist von Serena Williams, die mit 39 Jahren immer noch bis zur dritten Runde mit den jungen Himmelsstürmerinnen versuchte, mitzuhalten. Auch sie musste dann erkennen, dass sich das Spiel mit den neuen Namen auch verändert. Es wird druckvoller gespielt, gnadenloser, kompromissloser. Hopp oder top. Zwischentöne gibt es kaum noch. Das Zweirundenspiel zwischen Paula Badosa aus Spanien und Ana Bogdan aus Rumänien etwa dauerte fast drei Stunden. Der zweite Satz genau 78 Minuten und manches Aufschlagsspiel alleine zehn Minuten. Die Athletik dieser Generation macht solche Rekorde möglich. Naomi Osaka muss wegen ihrer Depression eine Auszeit einlegen. Sie hätte Star-Potential. © APA/afp / DAVID GRAY

Die Künstlerinnen sterben einen leisen Tod. Aber schlimmer noch: Wer soll uns motivieren, wer hat Starpotential, das auch denjenigen begeistert, der nicht unbedingt Tennis als Lebensmittelpunkt sieht. Evert, Graf, Sabatini, Navratilova….. Jetzt ist es die Vielfalt, die Masse an höchst talentierten Spielerinnen, die um die Krone kämpft. Und jetzt wird auch mit fortdauernder Spielzeit in Paris deutlich, wie ungeheuer schwer der Ausfall von Naomi Osaka wirkt, die das Potential hat, in die Rolle eines Superstars zu schlüpfen. Sie ist ja jetzt schon die Sportlerin mit dem höchsten Einkommen. Sportartübergreifend betrachtet. Im Augenblick setzt ihr eine Depression zu. Ich nehme an, sie verfolgt das Geschehen in Frankreich auf der Anlage Roland Garros nicht einmal am Rande. Es wird eine French-Open-Siegerin in diesem Jahr geben, die man vermutlich erst intensiv vorstellen muss. Schafft es Iga Swiatek aus Polen, ist das dann nicht so problematisch. Sie gewann schon im vergangenen Jahr. Aber ich bin sicher, das wissen die wenigsten.

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