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Roland Platzer ist der Cheftrainer der Schweizer Speed-Damen. © av

Dieser Südtiroler hat die Schweizer Ski-Stars geformt

Lara Gut-Behrami und Corinne Suter zählen zu den schillerndsten Sternchen im Ski-Weltcup. Hört man sich bei der WM in Frankreich in deren Umfeld um, so fällt immer wieder der Name Roland Platzer. Doch wer ist dieser Mann, der das Rampenlicht so scheut und doch immensen Verdienst daran hat, dass die Schweizerinnen die letzten Jahre alles gewonnen haben, was es zu gewinnen gibt?

Aus dem WM-Ort Méribel

Von:
Alexander Foppa

„Er ist ein feiner Mensch, ein Spitzentrainer, der lieber im Hintergrund arbeitet“, das sagen nicht Gut-Behrami oder Suter, sondern eine ihrer Konkurrentinnen, Nicol Delago. Diese Beschreibung hören wir immer wieder, als wir uns in Méribel auf Spurensuche begeben. Bis dato wissen wir nur: Er heißt Roland Platzer, wohnt in St. Valentin auf der Haide und ist als Trainer für die unglaublichen Erfolge der Schweizer Speed-Damen in den vergangenen Jahre verantwortlich.


Unter Platzers Führung gewann Suter die Olympia-Abfahrt in Peking, den Abfahrts-Weltmeistertitel in Cortina und insgesamt weitere vier WM-Medaillen. Gut holte in den vergangenen Jahren unglaubliche acht Medaillen bei Großevents, darunter insgesamt drei Mal Gold in Peking und Cortina. Hinzu kommen weitere Erfolge der Schweizer Ski-Damen im Weltcup.

Hier freut sich Roland Platzer mit Corinne Suter 2021 in Cortina über Gold in der Abfahrt und Silber im Super-G.


Nur bei dieser WM läuft es für die Eidgenössinnen noch nicht nach Wunsch. Wohl auch deshalb bekommen wir Platzer bei unserer Recherche im WM-Ort kaum in die Finger. Er hat den Super-G, Gut-Behramis Paradedisziplin, gesteckt, doch das WM-Rennen wurde mit einem Riesenfehler und Platz sechs zur Enttäuschung. Danach stand für Trainer und Athletinnen tagelanges akribisches Arbeiten an.

Und genau das ist es, was Platzer auszeichnet: akribisches Arbeiten. Ein geschultes Auge für die Technik und Linienführung. Leidenschaftliches Organisieren und Planen von bestmöglichen Trainingsmöglichkeiten. Letzteres führt ihn mit seinem Damen-Team, das er vor zehn Jahren übernommen und fast von Null aufgebaut haut, immer wieder nach Südtirol. „Wir haben vor der WM viel in Ulten trainiert, wir waren auch in Toblach und am Watles“, verrät Platzer, als er inmitten der Vorbereitung auf die Damen-Abfahrt dann doch Zeit findet, um sich den SportNews-Lesern selbst etwas genauer vorzustellen.
„Man muss zuhören, einfühlsam sein und viel reden.“ Platzer über seinen Job als Damen-Trainer

In dem knapp zwanzigminütigen Gespräch merkt man dem 44-Jährigen immer wieder an, wie er versucht, sich in den Hintergrund zu stellen, den Fokus lieber auf die Piste, denn auf seine Person richtet. Da spielt ihm sicherlich auch seine Erfahrung in die Karten. Seit 22 Jahren arbeitet er in der Schweiz, jahrelang war er an der Seite von großen Stars wie Didier Cuche und Didier Defago. Mit Medienrummel kann er umgehen. „Der Skisport genießt in der Schweiz einen enormen Stellenwert, dort zu arbeiten ist ein Privileg“, so Platzer.

Roland Platzer 2010 im Training mit Didier Defago (l.). © Robert Perathoner


Die Arbeit selbst hat sich für ihn im Laufe der Jahre grundlegend geändert. Drehte sich früher bei den Herren alles um Athletik, Dynamik und Geschwindigkeit, so ist der Obervinschger nun im Damenteam häufig als Seelsorger gefragt. „Die menschliche Seite ist viel mehr gefordert. Man muss zuhören können, einfühlsam sein und viel reden“, lässt Platzer einblicken, zugleich aber betont er: „Dafür sind die Frauen fleißiger, unheimlich konsequent im Training. Das macht schon richtig viel Spaß.“

Lara Gut-Behrami vertraut ihm

Platzer versteht sein Handwerk. Das beweist auch der gute Draht, den er zu Gut-Behrami gespannt hat. Früher war die fordernde Tessinerin de facto eine Ein-Frau-Mannschaft im Schweizer Verband, jetzt sucht sie gezielt das Training mit dem Südtiroler. „Mit ihrem Staff hat Lara immer noch eine Art Team im Team“, so Platzer. Sie lege aber großen Wert auf abgestimmte Rahmenbedingungen und die kann er ihr bieten. „Lara ist nicht so kompliziert, wie es nach Außen hin scheinen mag. Über all die Jahre glaube ich verstanden zu haben, wie sie tickt, so konnte ich ihr Vertrauen gewinnen. Und Vertrauen ist nunmal alles im Skisport.“

Gestärkt durch das gegenseitige Vertrauen wird Gut-Behrami am Samstag in der Abfahrt neuerlich Jagd auf eine WM-Medaille machen. Anders ist die Situation bei Abfahrtsweltmeisterin Corinne Suter, die in Cortina schwer gestürzt ist und seitdem noch nicht richtig in die Spur gefunden hat. „Auch mit ihr planen wir jeden Schritt ganz genau“, lässt Platzer seinen Fokus fürs Detail wieder durchblicken. „Das ist eine Mentalitätsfrage. Der Schweizer muss immer alles ganz genau machen, ich glaube das hat längst auf mich abgefärbt“, grinst er und fügt hinzu: „Als 'Hoader' wohne ich ja auch nur unweit der Schweiz.“
„Ihre Draufgänger-Mentalität ist schon beeindruckend.“ Roland Platzer über Goggia, Brignone & Co.

Platzer nutzt jede Weltcup- und Trainingspause, um seine Frau und seinen kleinen Sohn zuhause am Reschen zu besuchen. Sportlich fühlt er sich Italien jedoch überhaupt nicht mehr verbunden, denn „das liegt einfach schon viel zu lange zurück“. Dennoch betont er: „Diese Draufgänger-Mentalität von Goggia, Brignone & Co. ist schon beeindruckend. Während den Skiläuferinnen in der Schweiz und in Österreich vieles in die Wiege gelegt wird, müssen sich die Italienerinnen häufig richtig durchbeißen. Das bleibt ihnen offenbar haften.“

In Sätzen wie diesen merkt man Platzer seine ganze Leidenschaft für den Skisport an. Es sind diese Momente in denen es frei aus ihm heraussprudelt, die wenigen Momente in denen er sich nicht zurücknimmt und – wohl unbewusst – den Fokus auf sich und all seinen enormen Wissensschatz zulässt.


Steckbrief: Roland Platzer

Geburtsdatum16. Dezember 1978
GeburtsortMeran
WohnortSt. Valentin auf der Haide
FamilieVerheiratet, 1 Kind (6 Jahre)
HobbysMountainbiken, Fischen, Wandern, Motorsport
AusbildungTrainerscheine in Italien, Österreich, Schweiz
Trainerstationen2001-03 Ostschweizer Skiverband, 2003-05 Europacup-Herren Schweiz, 2005-13 Weltcup-Speedteam Herren Schweiz, seit 2013 Weltcup-Speedteam Damen Schweiz

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