Apfelsaft statt Eishockey: So plant Andy Bernard seine Zukunft

Zurzeit macht Andreas Bernard wieder das, was er am liebsten macht: Eine 170 Gramm schwere und bis zu 170 km/h schnelle Hartgummischeibe am Einschlag ins Tor zu hindern. Nach seinem kurzzeitigen Engagement beim HC Bozen spielt der Goalie aktuell in Schwedens zweithöchster Eishockeyliga. Parallel dazu kümmert er sich in seiner finnischen Wahlheimat um Obst- und Gemüseabfälle eines Supermarkts. Sie sollen ihm ein zweites Standbein und später einmal einen festen Job fernab der Eisflächen sichern.

Andreas Bernard im Trikot seines neuen Klubs Väsby IK © Instagram

Andreas Bernard ist kein gewöhnlicher Eishockeyprofi. Nicht etwa deshalb, weil er sich als Torhüter klischeemäßig einem ganz eigenen Volk zuschreiben kann, sondern vielmehr weil er reflektierter, unaufgeregter ist als manch anderer Kufencrack. Bernard ist einer, der über den Tellerrand, pardon die Eishockeybande hinausblickt. &bdquo;Ich interessiere mich für neue Technologien, Nachhaltigkeit und das Bewusstsein im Menschen“, so der Kalterer, den wir am Tag vor seiner Abreise aus Bozen zum Interviewtermin getroffen haben.

Er wollte das Gespräch nutzen, um über sein neuestes Projekt zu sprechen. Bernard ist nämlich seit Dezember ein Unternehmer. &bdquo;Die Eigenständigkeit, diese Freiheit war schon immer mein Ziel“, so der 30-Jährige, den die Corona-Pandemie schließlich zum Handeln bewogen habe. Denn während sich seine Berater nach neuen Vereinen umgesehen haben, &bdquo;hatte ich viel Zeit zum Nachdenken. Ich habe verschiedene Wege ausgelotet, auch ein Bewerbungsgespräch in Helsinki geführt. Schließlich kam dann jedoch alles per Zufall.“ Idee entstand beim Freizeit-Eishockey Beim Freizeit-Eishockey in der finnischen Provinz sprach ihn ein Teamkollege auf sein kurz zuvor gegründetes Unternehmen an. Dieses nimmt einer Supermarktkette Abfallprodukte ab, verarbeitet diese und bringt sie mit einer kleinen Gewinnspanne wieder ins Ladenregal. &bdquo;Das läuft so ab“, erklärt Bernard, &bdquo;anstatt Gemüse und Obst, das auf eine andere Art noch genießbar wäre, kostspielig entsorgen zu müssen, werden die Produkte dem Supermarkt mit Ladenschluss abgenommen, zu Marmeladen, Säften oder Aufstrichen verarbeitet und dann im Geschäft wieder zum Verkauf angeboten.“ Der zweifache Familienvater, der seit Jahren im äußersten Südosten Finnlands lebt, war von diesem Ablauf begeistert. So begeistert sogar, dass er nur wenige Monate nach dem Gespräch mit seinem Eishockey-Freund einen Anteil am Unternehmen erworben hat und ins Geschäft eingestiegen ist. &bdquo;Ich bin ja in Kaltern aufgewachsen, ich verstehe also etwas von Obst“ Neben Bernard sind noch dessen Partner Teemu und Juuso im Betrieb tätig. Gemeinsam haben sie eine kleine Halle in einem Gewerbegebiet in der Region Lappeenranta, nur wenige Kilometer von der finnisch-russischen Grenze entfernt, erworben. Dort fungiert Bernard in erster Linie als Produktmanager, zumal er in diesem Bereich bereits über Hintergrundwissen verfügt. &bdquo;Ich bin ja in Kaltern inmitten der Apfelbäume aufgewachsen, ich verstehe also etwas von Obst“, lacht Bernard, &bdquo;Nein im Ernst: Bereits als Kind habe ich zuhause am Hof die Produktion des Apfelsafts interessiert verfolgt. Meine Partner waren zunächst völlig baff, als ich ihnen mein Wissen zeigen konnte.“

Die Ladenregale im kleinen Thrsty-Shop.

Mittlerweile versucht sich der Überetscher auch an anderen Produkten, er entwirft neue Säfte, bastelt an einer eigenen Mostarda-Kreation und sammelt Ideen, wie man weitere Abfallprodukte wie etwa Kaffee verarbeiten könnte. &bdquo;Ich bin froh, dass Teemu und Juuso voll hinter mir stehen und auch meine Familie das Projekt unterstützt. Das macht mir einfach riesengroße Freude“, schwärmt Bernard, der mit seinen Englischkenntnissen auch daran arbeitet, dem Unternehmen neue Märkte zu öffnen. &bdquo;Natürlich wollen wir noch wachsen“, wenn möglich sogar bis in seine Südtiroler Heimat. &bdquo;Daheim bei uns gäbe es in Sachen Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein noch viel zu tun, da sind die Skandinavier große Schritte voraus. Doch dafür müsste Italien die Gesetzte anpassen, aktuell gibt es da mit unserer Idee kein Durchkommen.“ Eishockey hat (noch) Vorrang Die Zeit während seines fünfwöchigen Engagements beim HC Bozen hat Bernard genutzt, um zuhause neue Ideen zu sammeln und sich den ein oder anderen Ratschlag einzuholen. Wochen später sagt er uns im Telefongespräch aber auch: &bdquo;Eishockey hat momentan noch absoluten Vorrang!“ Zunächst in Bozen und nun bei seinem neuen Klub in Upplands Väsby, nahe Stockholm, sei er bei Thrsty ohnehin etwas aus dem Tagesgeschäft draußen.

In Schwedens zweiter Liga beweist Bernard, dass er sowohl den Job als Eishockeyprofi als auch jenen eines Unternehmers mühelos unter einen Hut bekommt. Dort konnte er an die starken Leistungen aus seiner HCB-Zeit anknüpfen und den Tabellenvorletzten Väsby IK, der vor Bernards Ankunft die löchrigste Defensive der Liga hatte, deutlich stabilisieren. &bdquo;Ich bin sehr glücklich, wie es zurzeit läuft. Doch damit gebe ich mich nicht zufrieden. Ich will mit Väsby noch in der Tabelle nach oben klettern und im Anschluss mit Italien eine gute WM spielen.“ Im Sommer dürfte sich dann bei Bernard wieder alles um Thrsty und die Leidenschaft für sein neues Projekt fernab der Eisfläche drehen.

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Apfelsaft statt Eishockey: So plant Andy Bernard seine Zukunft

Italiens bester Eishockey-Torhüter hatte im Corona-Jahr 2020 viel Zeit zum Nachdenken, sehr viel Zeit. Die über Monate andauernde Suche nach einem Arbeitgeber hat ihn schließlich in die Selbstständigkeit geführt. Der Kalterer ist seit kurzem ein Jungunternehmer.

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