DFB-Pokalfinale: Viel mehr Brisanz geht nicht

Die Endspielpremiere zwischen dem 18-maligen Rekordpokalsieger aus München und dem noch titellosen sächsischen Herausforderer könnte die Tektonik des deutschen Fußballs verschieben. Status quo oder Zeitenwende? Um nichts weniger geht es am Samstag (20.00 Uhr/ARD/Sky) zwischen dem FC Bayern und RB Leipzig.

&bdquo;Das wird ein schweres Spiel“, warnte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge die Münchner Stars schon vor einer Woche mitten in den Meisterfeierlichkeiten: &bdquo;Uns erwartet eine Mannschaft, die sich in dieser Saison als dritte Kraft in der Bundesliga herauskristallisiert hat. Wir werden einen guten Tag haben müssen.“

Ralf Rangnick nahm die Vorlage gerne auf. Der 60-Jährige weiß um die Symbolik und die Signalwirkung der Finalpremiere zwischen dem kaum antastbaren nationalen Branchenführer und dem im Osten Deutschlands mit österreichischen Red-Bull-Millionen aufgebauten Fußball-Projekt.

&bdquo;Gerade gegen uns als Emporkömmling werden die Bayern versuchen, die Machtverhältnisse wiederherzustellen“, sagte Rangnick. Im letzten Spiel als RB-Coach träumt er von der &bdquo;Krönung“ – für sich und den Verein, den er vor allem als Sportdirektor groß gemacht hat. Zehn Jahre nach der Gründung von RasenBallsport winkt die erste Trophäe.

Verhindern will das Pokalexperte Niko Kovac, der das dritte Endspiel nacheinander in seiner Heimatstadt erlebt. Letztes Jahr düpierte der 47-Jährige noch mit Eintracht Frankfurt die Bayern (3:1). Auch ohne öffentliches Bekenntnis seiner Bosse geht es für den Kroaten im 49. Pflichtspiel als Bayern-Coach nicht mehr vordergründig um seinen Job. Als Double-Gewinner würde er auch die Restzweifel an seiner Zukunft beim deutschen Rekordmeister ausräumen. Kovac erwartet im Finale aber Schwerstarbeit: &bdquo;Das wird ein Spiel auf Biegen und Brechen.“ 18:0 für Bayern 29 Meisterschaften, 18 Pokalerfolge, sieben Europapokalsiege – das ist die Titelsammlung, mit der die Bayern protzen können. Bei den &bdquo;Roten Bullen“ steht überall die Null. Die Erfahrung in großen Spielen, die besondere Dynamik eines Pokalendspiels in Berlin, das kennen die erfahrenen Münchner Profis bestens. Die Leipziger Akteure um den womöglich zum FC Bayern wechselnden Nationalstürmer Timo Werner dagegen betreten absolutes Neuland. Auch Rangnick hofft auf den emotionalen Endspiel-Kick. Beim 0:0 um Ligapunkte gegen die Bayern vor zwei Wochen hatten bei seinen Spielern noch &bdquo;die letzten fünf Prozent Adrenalin gefehlt“, wie er bemerkte.

0:0 im letzten Ligaspiel zwischen Leipzig und Bayern © AP / Michael Probst

An Leidenschaft und Willensstärke dürfte es nicht mangeln – auf beiden Seiten. &bdquo;Natürlich wollen wir das Ding gewinnen“, erklärte Bayerns Thomas Müller. &bdquo;Spaß haben“, lautet das Motto der Leipziger vor dem bislang größten Spiel in der zehnjährigen Vereinshistorie.

Beide Teams können fast in Bestbesetzung antreten. Bei den Bayern fällt nur Leon Goretzka aus. Kapitän Manuel Neuer steht vor einer Rückkehr ins Tor. Franck Ribéry und Arjen Robben müssen sich auch in ihrem letzten Pflichtspiel im Bayern-Trikot mit der Joker-Rolle begnügen. Auch Rangnick hat die freie Auswahl, muss aber keine Rücksichten nehmen. Er übergibt nach dem Berliner Finalabend an Julian Nagelsmann.

Taktisch sind keine Überraschungen zu erwarten. Die Bayern werden mehr Ballbesitz haben und ihre individuelle Klasse ausreizen wollen. Leipzigs Spielweise ist auf defensive Stabilität, Pressing, hohe Laufbereitschaft, Balleroberung und überfallartige Konter angelegt. Splitter zum 76. Pokalfinale HISTORISCHE CHANCE I: Trainer Niko Kovac steht in München die ganze Saison in der Kritik, selbst der Meistertitel änderte daran wenig. Im Pokalfinale kann der Kroate nun sogar Geschichte schreiben: Schlägt er die Leipziger, dann ist Kovac der Erste im deutschen Fußball, der sowohl als Spieler als auch als Trainer das Double holt. Auf dem Platz hatte er 2003 mit den Bayern den Meistertitel und den DFB-Pokal gewonnen. Außerdem gelang es noch keinem Trainer, den Pokal an zwei aufeinanderfolgenden Jahren mit unterschiedlichen Teams zu gewinnen.

HISTORISCHE CHANCE II: Als erster Verein aus den neuen Bundesländern kann RB Leipzig gut 30 Jahre nach dem Mauerfall den DFB-Pokal gewinnen. Den letzten Sieg holte am 2. November 1941 im Olympiastadion der Dresdner SC mit einem 2:1 gegen Schalke 04.

KARTEN-KIOSK: Leipzig bringt 25 000 Fans mit nach Berlin. &bdquo;Wir hätten 50, 60 oder sogar 70 000 Karten für das Finale verkaufen können. Allein wie viel Anfragen bei mir gelandet sind, da hätte ich einen Kiosk für den Kartenverkauf aufmachen können“, meinte Trainer Ralf Rangnick. Er selbst will den ersten Titel als RB-Coach feiern – und das bei seiner vorerst letzten Chance als Trainer der Sachsen. Im Sommer übernimmt Julian Nagelsmann. Rangnick weiß übrigens, wie man in Berlin gewinnt – mit dem FC Schalke 04 holte er 2011 den Pokal.

BALKON: Die Münchner haben – unabhängig vom Ausgang der Partie – ihre Party bereits geplant. Am Sonntag steigt die traditionelle Fan-Sause auf dem Marienplatz, um 14.00 Uhr will sich das Team auf dem Rathaus-Balkon den Anhängern präsentieren. Auf einen Autokorso verzichten die Bayern – angesichts eines möglichen Saisonabschlusses mit nur einer Schale für den Meistertitel wäre das eher übertrieben.

	SP	TV	P
1. Bayer Leverkusen	30	75:20	80
2. Bayern München	30	87:37	66
3. VfB Stuttgart	30	68:36	63
4. RB Leipzig	30	69:34	59
5. Bor. Dortmund	30	58:35	57
6. Eintracht Frankfurt	30	46:40	45
alle ansehen

	SP	TV	P
1. Holstein Kiel	30	60:34	61
2. FC St. Pauli	30	56:33	60
3. Fortuna Düsseldorf	30	64:35	55
4. Hamburger SV	30	55:42	49
5. Karlsruher SC	30	61:45	46
6. Hannover 96	30	52:38	45
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DFB-Pokalfinale: Viel mehr Brisanz geht nicht

Beim großen Saisonfinale des deutschen Fußballs in Berlin geht es nicht nur um den acht Liter Schampus fassenden „Pott“. Für die großen Bayern und den neuen Rivalen RB Leipzig wird es am Samstag ein bewegender Abschlussabend im ausverkauften Olympiastadion.

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