König der Trails: Daniel Jung und seine Rekorde

Bis zu 20 Stunden ohne Unterbrechung, durch den Tag und durch die Nacht: Extremsportler Daniel Jung ließ in den vergangenen Monaten immer wieder mit Rekorden auf Höhenwegen aufhorchen.

Der Reihe nach: Alles begann im Frühjahr, inmitten der 1. Welle der Coronavirus-Pandemie. Jung, der sich seit einigen Jahren auf Ultra-Trail-Läufe (extreme und lange Bergläufe) konzentriert, war &bdquo;zum Daheimbleiben verdammt“. Schwierig, für einen, der die Natur und die Berge liebt. In seiner Wohnung in Naturns hielt sich der in Latsch aufgewachsene Vollblut-Sportler fit. &bdquo;Kein Zustand auf Dauer“, lacht er heute. Immerhin: Schon bald waren wieder Bergtouren und dergleichen erlaubt.

Ans Reisen und an Wettkämpfe war jedoch nicht zu denken. Jung, der in den vergangenen Jahren regelmäßig bei World-Tour-Rennen und in World-Series-Wettkämpfen, sozusagen bei Weltcups für Extrem-Bergläufer, an den Start gegangen ist, fehlten die Herausforderungen. Aber: Der mittlerweile 37-Jährige weiß wie man sich motiviert.

&bdquo;Da kam die Idee der Challenges“, erinnert er sich. Es galt, sich die Rekorde auf verschiedenen in der Trail-Szene beliebten Höhenwegen zu sichern. &bdquo;In erster Linie für mich selbst“, wie er betont. Dabei hatte er schon früher den einen oder anderen Rekord auf solchen Wegen erobert, unter anderem am Berliner Höhenweg im Zillertal. 2017 hatte er hier die 91 Kilometer und 7000 Höhenmeter in 18:11 Stunden bewältigt. Auch am Pfunderer Höhenweg hatte er einen Rekord aufgestellt: 2018 benötigte er für die Strecke von 73,2 Kilometer und 5400 Höhenmeter 12:46 Stunden. Rekordjagd beginnt mit kleinem &bdquo;Fehlstart“ Dabei begann seine Rekordjagd in diesem Jahr eigentlich mit einem Fehlstart. &bdquo;Das war nicht mein Tag“, blickt Jung heute zurück. Im Mai lief er mit dem Haflinger Andreas Reiterer den Vinschger Höhenweg. Jedoch musste Jung nach 70 Kilometern aufgrund von Magenproblemen aufgeben. Reiterer stellte nach 105 Kilometern und 4000 Höhenmetern einen Rekord von 11:31 Stunden auf. &bdquo;Ich dachte mir, der Vinschger Höhenweg muss auch in Vinschger Hand bleiben und versuchte es nochmals“, so Jung. Einige Wochen später durchlief er die 105 Kilometer und mehr als 4000 Höhenmeter in 11:00.36 Stunden. Weitere Projekte sollten folgen.

Daniel Jung am Vinschger Höhenweg.

Im Juli wurde am Stubaier Höhenweg ein neuer Rekord vermeldet. Der dortige Höhenweg gilt in der Trailszene als beliebt und prestigeträchtig. Den Rekord hatten hier mit Christian Stern und Alexander Hutter 2 Österreicher aufgestellt. Die 78 Kilometer und 5800 Höhenmeter bewältigten die Lokalmatadore im Juli in 13:49 Stunden. Die Bestmarke hielt aber nur kurz: Genauer gesagt wenige Tage. &bdquo;Das Projekt wollte ich schon lange angehen, nun war der richtige Zeitpunkt dafür“, sagt Jung. Den Rekord im Stubaital holte er sich in 12:53 Stunden.

&bdquo;Natürlich wollte ich mir diesen Rekord zurückholen. Die Planungen wurden sofort darauf ausgerichtet.“ Daniel Jung Derweil hatten jedoch die Eisacktaler Alexander Rabensteiner und Ivan Favretto seinen Rekord am Pfunderer Höhenweg geknackt - mit einer Zeit von 12:44 Stunden waren sie um gerade mal 2 Minuten schneller als Jung 2018. &bdquo;Natürlich wollte ich mir diesen Rekord zurückholen. Die Planungen wurden sofort darauf ausgerichtet“, so Jung. Am Höhenweg, der beim Bahnhof in Sterzing beginnt und bis nach St. Georgen bei Bruneck führt, gelang ihm dies in 11:19 Stunden souverän.

Weil Jung auch ein weiterer Rekord streitig gemacht wurde, ging es im August wieder nach Österreich, genauer gesagt ins Zillertal. Der Haflinger Peter Kienzl hatte Jungs Fabelzeit in 17:50 Stunden unterboten. Auch hier schlug der Vinschger mit 15:30 Stunden eindrucksvoll zurück. &bdquo;Ein schöner und emotionaler Moment“, erinnert er sich.

Der extreme Laufsport ist seine Leidenschaft: Daniel Jung beim AlpFrontTrail. © Wisthaler

Keine &bdquo;Challenge“ der Rekorde, aber ein historisch wertvolles Projekt nahm Jung mit dem AlpFrontTrail im September in Angriff. Gemeinsam mit weiteren Sportlern, darunter mit dem Sarner Hannes Perkmann ein auch weiterer Südtiroler, ging es unter dem Motto &bdquo;Laufen gegen das Vergessen“ entlang der ehemaligen Frontlinie des Ersten Weltkrieges. 100 Jahre nach der Annexion Südtirols liefen die Teilnehmer in 7 Tagesetappen von Grado über 840 Kilometer und rund 58.000 Höhenmeter bis zum Stilfser Joch. Noch viel vor Über die Weihnachtszeit will der Extremsportler erstmal die Batterien wieder aufladen. Freilich, trainiert wird immer. Und ohnehin stehen regelmäßig auch gemütliche Bergtouren mit der Lebensgefährtin und der Familie an. Zudem stehen derzeit einige Skitouren mit Freunden und Bekannten auf dem Programm.

&bdquo;Nun lass ich es aber mal etwas gemütlicher angehen“, sagt Jung. Weitere Rekordjagden sind fürs Erste nicht geplant. Sofern es die Coronavirus-Krise zulässt will der 37-Jährige im kommenden Jahr wieder bei internationalen Wettkämpfen angreifen. &bdquo;Die Motivation ist riesig, ich möchte wieder bei World-Tour-Rennen starten und mich mit der Welt-Elite messen“, betont er. Dies sei eine seiner größten Herausforderungen. &bdquo;Ein Sieg fehlt mir noch“, so Jung. 2017 bei seinem ersten World-Tour-Rennen, einer Art Weltcup für diese Ultra-Trail-Spezialisten, schaffte er es in Hong Kong auf den 2. Platz, sein bis dato bestes Ergebnis. Dabei hat er erst vor rund fünf Jahren den extremen Laufsport für sich entdeckt. Und konnte schon bald Erfolge feiern. 2016 gewann er das Südtirol Ultra Skyrace mit einem Streckenrekord. Für die 121 Kilometer und 7554 Höhenmeter entlang der Hufeisentour in den Sarntaler Alpen benötigte Jung 17:34.37 Stunden. Der Rekord ist bis heute unangetastet.

Für seine Rekorde muss auch schon mal durch die Nacht laufen.

Vor seiner Karriere als Extrem-Bergläufer war Jung noch erfolgreich im Mountainbikesport unterwegs. Im Amateurbereich zählte er zu den stärksten Radlern und konnte unter anderem das prestigeträchtige Etappenrennen für Zweierteams, die Bike-Transalp, mit seiner Mitstreiterin Kirstin Aamodt aus Norwegen 2011 gewinnen.

Als die Motivation für den MTB-Sport nicht mehr voll und ganz da war, stellte er schließlich das Rad in den Keller – und widmete sich den Trails. &bdquo;Eine gute Entscheidung“, weiß der König der Trails heute.

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