Alex Schwazer: „Ich hoffe, ihr behandelt mich fair"

&bdquo;Ich danke euch, dass ihr gekommen seid. Ich hätte nie geglaubt, dass es einmal eine Pressekonferenz von mir zu Doping geben wird. Für mich ist das alles nicht leicht. Nun bin ich hier, um euch zu erzählen, warum es zu diesem Fehler gekommen ist. Ich werde ehrlich zu euch sein, und ich hoffe, dass auch ihr fair mit mir umgeht. Mehr als euch um Verzeihung bitten und zu erzählen, warum ich mich gedopt habe, kann ich nicht“, sagte Schwazer gleich zu Beginn des Medienspektakels, dem rund 100 Journalisten und knapp 20 Kamerateams aus ganz Italien beiwohnten.

&bdquo;Wer mich in der vergangenen Zeit gesehen hat, der wusste, dass es mir nicht sonderlich gut geht. Wir ihr wisst, wollte ich schon im Jahr 2010 meine Karriere beenden, weil ich keine Emotionen mehr spürte. Am Ende des vergangenen Jahres musste ich – in Hinblick auf die Olympischen Spiele – eine Entscheidung treffen. Ich muss zugeben, dass ich nicht mehr wusste, was ich tat. Auch, weil ich mich selbst unter Druck setzte“, erzählte der 27-Jährige. Schwazer habe große Erwartungen gehabt und hätte noch besser werden wollen, als er schon war. &bdquo;Deshalb habe ich zum Doping gegriffen und ich kann mich nur wiederholen und um Verzeihung bitten. Ich möchte Klarheit in diese Angelegenheit bringen und hoffe, dass ihr meine Aussagen wahrheitsgetreu wiedergebt.“

Im September 2011 in der Türkei EPO gekauft

Schwazer habe die Entscheidung, sich zu dopen, alleine getroffen. &bdquo;Ich habe von meinen Plänen niemandem erzählt. Weder meinen Eltern, noch meiner Freundin. Es war eine Angelegenheit, die nur mich betraf. Ich wollte niemanden in Schwierigkeiten bringen“, so der Geher.

Alex Schwazer habe am Mittwoch in einer Zeitung gelesen, dass es unmöglich sei, über Internet EPO zu bestellen. Er könne versichern, dass man über Internet alles tun könne. &bdquo;So bin ich alleine in die Türkei gereist. Im vergangenen September bin ich nach Antalya geflogen. Dort habe ich das EPO in einer Apotheke gekauft. Ich hatte 1500 Euro mit und habe das Geld in türkische Lira gewechselt. Der Apotheker hat mir das Zeug gegeben, das ich wollte. Dann habe ich weitertrainiert, wie bisher. Am 13. Juli hatte ich die letzte Antidoping-Kontrolle. Nach diesem Datum habe ich damit begonnen, mir das EPO zu injizieren. Für mich waren diese drei Wochen die schwierigsten meines Lebens. Alleine in einem Zimmer zu sein, wissend, was man nun machen wird, das war nicht auszuhalten.“

Am 13. Juli erste Injektion

Man sage, dass man mit Doping besser werde. Für Schwazer sei diese Zeit aber die Hölle gewesen. &bdquo;Ich bin um zwei, drei, vier Uhr in der Früh aufgestanden, weil ich wusste, dass um sechs Uhr eine Kontrolle hätte stattfinden können. Ich musste meine Freundin belügen. Und ich wurde krank, weil ich kein Arzt bin. Ich war fertig. Und deswegen bin ich nicht bei den 20 km gestartet.“, so Schwazer.

Jeden Tag sei es schlimmer geworden. Am 29. Juli habe sich Schwazer die letzte Injektion verpasst, dann sei er nach Hause zurückgekehrt, um den Sanitätsausweis und ein paar Laufschuhe zu holen. &bdquo;Meine Mutter hatte an diesem Tag Geburtstag. Am 30. Juli ist es dann zur Kontrolle gekommen, bei mir zu Hause. Ich hätte zu meiner Mutter sagen könne, dass sie die Tür nicht öffnen soll. Eine Dopingprobe hätte ich auslassen können. Aber ich hatte nicht die Kraft, um weiterzulügen. Ich wollte, dass dies alles ein Ende hat. Ich habe die Probe gemacht, wissend, dass sie positiv sein wird. Nach einer Woche kam dann der offizielle Befund. Ich habe alles weggeworfen. Wenn sie mich nicht erwischt hätten, dann wäre ich aber gar nicht nach London gefahren“, sagte Schwazer und brach dann in Tränen aus. Nach einem Moment der Sammlung der Kalcher weiter: &bdquo;Ich habe Jahre an Traininng und viele Opfer, die ich auf mich genommen habe, weggeworfen. Jetzt bin ich aber froh, dass alles zu Ende ist.“

Danach gab Schwazer bereitwillig auf die Fragen der Journalisten Auskunft.

Schwazer über Carolina Kostner &bdquo;Für mich war es nicht leicht, Carolina die ganze Zeit über anzulügen. Ich wollte sie nur aus diesen Dingen heraushalten, weil sie damit nichts zu tun hat. Unsere Leben als Sportler sind grundsätzlich verschieden. Erst im Juni hat sie entschlossen, dass sie überhaupt weitermachen wird. Seit Juli trainiert sie wieder und aus diesem Grund wird sie den ersten Teil des Programms auslassen. Sie betreibt den Eiskunstlaufsport, weil er ihr Spaß macht. Ich, weil ich gut darin war. Der Unterschied zwischen uns beiden ist dieser. Carolina ist eine phantastische Person (Schwazer beginnt erneut zu weinen). Sie hat gesagt, dass es ihr für mich leid tut. Ich will nun endlich ein normales Leben. Mir hat der Sport nicht mehr gefallen, ich musste ihm zu viele Dinge unterordnen. Mir ist meine Freundin wichtig, meine Familie. Das sind die Dinge im Leben, die zählen.“

Schwazer über Dr. Ferrari

&bdquo;Ich kenne den Herrn Doktor Ferrari. Ich habe ihn 2009 getroffen. 2010 habe ich alleine trainiert. Ich habe ihn gefragt, ob er mir technische Tipps geben kann. Ich habe ihn darum gebeten, mir Trainingstabellen zusammenzustellen. Das wars aber auch. Ansonsten war ich sauber. Seit 2011 habe ich ihn nicht mehr gehört, als ich von den Problemen mit den Radprofis gehört habe. Ich habe ihn fünf, sechs Mal getroffen und dabei haben wir nur über Trainings gesprochen und Programme. Am 1. Mai 2010 habe ich in Sesto San Giovanni ein Rennen bestritten. Danach haben wir uns bei der Autobahn in Verona Nord getroffen. Zum ersten Mal. Zehn Tage später habe ich den Weltcup in Mexiko bestritten und er gab mir Tipps für das Training. In Italien passieren viele Dinge zufällig, zum Beispiel wie das Training abzulaufen hat. Wie man das genau macht, das wissen nur ganz Wenige. Und er ist einer davon. Es gab für mich keine Alternativen. Wenn ihr an die Russen denkt, die die halbe Mannschaft positiv auf Doping getestet haben. Sollte ich sie kontaktieren? Oder die Deutschen, bei denen Ex-DDR-Trainer das Sagen haben? Er hat Armstrong vorbereitet, die besten Radprofis der Welt. Wenn die nur Doping gewollt hätten, dann hätten sie das auch anderswo bekommen.“

Schwazer über Druck &bdquo;Ich will niemanden verteidigen. Ich will büßen für das, was ich ganz alleine falsch gemacht habe. Ich hätte keine Probleme zu sagen, ich habe dies und das gemacht. Aber ich habe mir diese Medikamente in der Türkei besorgt. Ich will alles erzählen, damit ich endlich frei sein kann. Fragt meine Mutter, wie oft ich gesagt habe, dass ich genug hätte. Alle haben zu mir gesagt, nein, mach weiter, du bist der Beste. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wieviel man auf sich nimmt, um ein Rennen zu bestreiten. Und wenn man es verhaut, dann ist man ein Idiot. Ich möchte nicht für ein einziges Rennen beurteilt werden. Ich wollte das 20- und das 50-Kilometer-Rennen bestreiten. Das Problem war das 20-Kilometer-Rennen, wo du im Schlussteil schnell sein musst.“

Schwazer über die Dopingproben von 2008 &bdquo;Ich hoffe, dass meine Doping-Proben der vergangenen Jahre noch einmal analysiert werden. Am besten so schnell wie möglich. Jeder Arzt muss dann erklären, dass sich in den Proben keine Doping-Spuren finden lassen. Auch diese Ergebnisse sollten dann veröffentlicht werden."

Schwazer über den italienischen Leichtathletikverband FIDAL

&bdquo;Ich möchte mich zum Leichtathletikverband FIDAL nicht äußern. Ich möchte niemanden angreifen, sondern eine neue Seite meines Lebens aufschlagen. Fragt bei anderen Athleten nach, was sie dazu sagen und zählt eins und eins zusammen.“

Schwazer über die Carabinieri

&bdquo;Ich werde morgen meinen Dienstausweis und meine Dienstpistole in Bologna abgeben. Wenn es die Sportgruppe der Carabinieri nicht gegeben hätte, dann hätte ich meinen Sport gar nicht ausüben können. Die Sportgruppen retten den italienischen Sport. Meine Entscheidung hat viele Menschen enttäuscht, darunter auch die Carabinieri.“

Schwazer über sein Leben nach dem Sport &bdquo;Ich kann nicht sagen, wie mich die Menschen zu beurteilen haben. Ich kann nur wiederholen, dass ich einen großen Fehler gemacht habe. Ich hoffe, dass mich die Menschen künftig nach dem bewerten, was ich tue. Ich weiss, dass alles zu seiner Zeit kommt. Ich möchte nun eine neue Seite aufschlagen. Ich habe keine Angst jeden Tag arbeiten zu gehen.“

Hier geht's zum Live-Ticker, den SportNews heute betreut hat.

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