Ein Gespräch mit Radprofi Manuel Quinziato

Manuel, nach einer kurzen Winterpause hat die Saison mit deinen Einsätzen in Australien, Spanien, Frankreich und Belgien begonnen. Welche Schlüsse ziehst du aus den ersten Rennen? Ich habe eigentlich nie mit dem Training ausgesetzt, um mich bestmöglich auf die neue Saison vorzubereiten. Die größten Schwierigkeiten hatte ich bei der Tour Down Under. Vor meiner Abreisen waren in Bozen -10 Grad, bei meiner Ankunft am Flughafen in Australien zeigte das Thermometer 40 Grad an. Die Umstellung hat sehr viel Kraft gekostet. Anschließend stieg meine Form aber kontinuierlich, wenngleich ich noch nicht bei 100 Prozent angelangt bin.

Das Jahr 2012 wird sehr intensiv, sowohl für das BMC Racing Team, als auch für die italienische Nationalmannschaft. Bei welchen Rennen werden wir dich im Einsatz sehen? Mein primäres Ziel ist die Teilnahme an der Tour de France. Dort gilt es den Vorjahressieg meines Teamkollegen Cadel Evans zu verteidigen. Meine Aufgabe in der Mannschaft ist es, die Stars wie Evans oder Philippe Gilbert nach vorne bringen. Das BMC Racing Team ist zur Zeit sicherlich die beste Mannschaft im Radsportzirkus, vergleichbar mit dem FC Barcelona im Fußball. Für mich ist es eine große Ehre, ein Teil dieses Siegerteam zu sein.

Sind die Olympischen Spiele außer Reichweite? Ich mache mir da nicht allzu viele Hoffnungen, da in London jede Nation nur fünf Fahrer aufbieten darf. Im Augenblick stehen da sicherlich einige Profis vor mir. Mein Blick richtet sich vielmehr auf die Weltmeisterschaft in Valkenburg. Dort dürfte mir der Streckenverlauf sehr gut liegen.

Kannst du uns den gewöhnlichen Tagesablauf eines Radrennprofis schildern? Wenn ich nicht im Renneinsatz stehe, so versuche ich täglich zwei bis sechs Stunden zu trainieren. Während der Saisonvorbereitung klingelte bei uns im Camp um 7.20 Uhr der Wecker. Nach dem Frühstück stand zunächst Yoga auf dem Programm, ehe wir um 9.45 Uhr aufs Rad stiegen. An intensiven Trainingstagen blieb dann nur mehr Zeit für Massagen und Abendessen. Vor der Bettruhe hatten wir schließlich noch etwas Zeit zum Entspannen.

Alessandro Ballan, Cadel Evans, Philippe Gilbert, Tor Hushovd, dies sind nur die namhaftesten Athleten des BMC-Starensembles. Beschreibe uns kurz deine Teamkollegen… Zunächst sind allesamt Vollprofis, die ihrem Erfolg auf dem Asphalt alles unterordnen. Mein Zimmerkollege Hushovd ist ein ganz einfacher, umgänglicher Typ, während man Gilbert zweifelsfrei als verrückten Vogel bezeichnen kann. Er hat immer einen Scherz auf Lager. Vor kurzem etwa brach er ein Training ab, um uns vom Straßenrand mit Orangen zu bewerfen.Im Rennen ist er ein absoluter Draufgänger der kein Risiko scheut. Tour-Sieger Evans ist hingegen viel verschlossener und sensibler, er lässt einen nur schwer an sich heran. Ballan kenne ich seit meiner Jugend, über die Jahre haben wir eine sehr enge Freundschaft geschlossen.

Wie urteilst du über die aktuelle Situation im Radsport, der durch Dopingaffären zuletzt reihenweiße Negativschlagzeilen produzierte?

Es ist frustrierend zu beobachten, wie viele Menschen den Radsport in direkte Verbindung mit Doping setzen, ohne Fakten und Hintergründe zu kennen. Ich wage zu behaupten, dass es sich bei den aktuellen Dopingfällen um schwarze Schafe handelt. Die unzähligen Kontrollen und Sperren hatten für viele Profis eine abschreckende Wirkung. Dies ist auch der einzige Weg, um diesen Betrug am Sport definitiv in den Griff zu bekommen und die Menschen wieder von neuem für den Radsport zu begeistern.

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