Sigi´s Spitzen | Ein sportliches Traumtrio

Julia Kink (Biathlon), Oliver Bearman (Motorsport),Alexander Pavlovic (Fußball). Und nein, ich habe diese drei Namen nicht aus einer Laune heraus hier positioniert. Dieses Trio ist durch ein unsichtbares Band miteinander verbunden. Kommen wir zunächst einmal zur ersten Gemeinsamkeit. Alle drei sind Sportler und gehören in ihrem Metier zum hoffnungsvollen Nachwuchs. Alle drei sind noch immer jung, sehr jung sogar. Der Brite Bearman ist 18 Jahre alt und darf schon Autofahren, sogar in der Formel-1, wozu ich gleich noch ein paar Sätze anfügen werde. Dann kommt, vom Alter her, Alexander Pavlovic (19), der Profi des FC Bayern München.

Und schließlich noch die 20-jährige Julia Kink, die beim Weltcup in Soldier Hollow (USA) für die deutsche Mannschaft am Start war. Die kleine Geschichte dieser Talente verbindet sich mit dem stets irgendwie aktuellen Satz, dass des einen Leid des anderen Freud ist oder eben auch sein kann, wobei es vermutlich schon so ist, dass man sich ja nicht freut, wenn es einem Teammitglied schlecht geht oder eben nicht sonderlich gut.

Die ersten schnellen Runden im Ferrari Bei Bearman trug es sich so zu: Carlos Sainz konnte wegen einer Blinddarmentzündung in Dschidda nicht in das Cockpit seines Ferrari steigen. Der gute Rat war dann nicht einmal teuer. Der junge Brite, ausgebildet in der Ferrari-Driver-Academy, nahm seinen Platz ein und raste in Saudi-Arabien auf einen viel beachteten, ja sensationellen siebten Rang. Natürlich wurde er flugs zum &bdquo;Fahrer des Rennens“ gewählt, das Max Verstappen, wer sonst, gewann. Dabei hatte Bearman, der ansonsten in der Formel-2 seine Runden dreht, weder das erste, noch das zweite Training absolvieren können.

Oliver Bearman fuhr bei seinem Forme-1-Debüt gleich in die Punkte. © APA/afp / JOSEPH EID

Und am Ende hielt er tatsächlich noch mit mutiger Fahrweise Lewis Hamilton in seiner Mercedes-Schnecke in Schach. Ausgerechnet Hamilton, der im nächsten Jahr nach Maranello wechselt. Die beiden Cockpits bei Ferrari sind deshalb schon langfristig vergeben, so dass der aufsehenerregende Auftritt des Briten kein Happy-End haben wird. Zumindest nicht bei Ferrari. Doch andere Teams haben längst ein Auge auf ihn geworfen. Seine Zukunft dürfte gesichert sein, wozu ein entzündeter Blinddarm bei einem Kollegen heftig Anteil hatte.

Der Star aus den eigenen Reihen So sind sie oft, die verschlungenen Pfade einer Karriere. Wären etwa Thomas Tuchel, dem Teilzeittrainer des FC Bayern München, nicht die Rechtsverteidiger im Laufe der Saison wegen vieler Verletzungen abhanden gekommen, wäre wohl Joshua Kimmich nie auf seinen alten Posten zurückgekehrt, was freilich nicht unbedingt dessen Wunsch entsprach. Dafür stellte, durchaus überraschend, Tuchel den 19ährigen Alexander Pavlovic auf die Sechserposition, die zuvor Kimmich besetzt hatte. Damit landete Tuchel einen Glücksgriff. Für den Verein und für Pavlovic.

Alexander Pavlovic wusste zu überzeugen. © ANSA / RONALD WITTEK

Der gebürtige Münchner (die Eltern sind aus Serbien), spielt seit seinen Kindertagen beim FC Bayern und hat auf Anhieb überzeugt. Sogar Tore schießt er mittlerweile von der Position aus, die Tuchel immer mit einem internationalen Starspieler besetzen wollte. Jetzt ist es einer aus dem eigenen Stall geworden. Notgedrungen. Bei ganz normalem Verlauf der Spielzeit säße Pavlovic wohl noch immer brav auf der Ersatzbank, immerhin aber schon mit einem Profivertrag bis 2027 ausgestattet. Auch bei ihm trifft zu, dass der anderen Leid seine Freud sein durfte. Mittlerweile ist Pavlovic sogar bei Bundestrainer Julian Nagelsmann auf der Karteikarte und von den Münchner Fans zum &bdquo;Spieler des Monats“ gewählt worden.

Vom IBU-Cup auf das Weltcup-Podium Derweil hat in den fernen USA Julia Kink aus dem Chiemgau (WSV Aschau) auch plötzlich und gänzlich unerwartet einen großen Auftritt erhalten. Sophia Schneider hatte sich erkältet. Sie war als Schlussläuferin der letzten Biathlon-Staffel in dieser Saison vorgesehen gewesen. Kink, die sich durch gute Leistungen im IBU-Cup (wie Formel-2 im Motorsport) empfohlen hatte, beeindruckte schon bei ihrem Debüt im Sprint, wo sie souverän mit einem 42.Platz die Qualifikation für den Verfolger schaffte (dort verbesserte sie sich noch um vier Plätze). Aus dem geplanten Ruhetag danach wurde dann nichts.

Kink musste kurzerhand für Schneider einspringen. Als Schlussläuferin. Plötzlich lief sie mit einer Menge Verantwortung auf den schmalen Schultern hinter ihrem Vorbild Ingrid Landmark Tandrevold auf die letzten drei Runden und stand zweimal neben der Norwegerin am Schießstand. Sie ließ sich nicht beirren, griff in der Loipe sogar an und sicherte dem deutschen Team mit Platz zwei das beste Staffelergebnis dieses Winters. Auch das könnte der Auftakt einer bemerkenswerten Karriere gewesen sein,denn Kink, die ihr Abitur als erste Nicht-Norwegerin in Lillehammer machte, ist schnell in der Spur und zudem nervenstark. Das Durchschnittsalter des deutschen Quartetts betrug übrigens 23 Jahre. Es war, auch dank Selina Grotian (19) und eben Julia Kink das mit Abstand jüngste Team in Soldier Hollow.

Chance genutzt Drei Beispiele, die deutlich machen, dass man im Leben, egal ob man nun Sport betreibt oder dem beruflichen Alltag trotzen muss, stets hellwach bleiben sollte. Man weiß nie, wann sich die Türe öffnet, um den nächsten Karriereschritt zu machen. Julia Kink, &bdquo;Olli“ Bearman und Alexander Pavlovic haben ihre Chancen jedenfalls genutzt. Ich bin gespannt über deren weitere Entwicklung. Und versprochen: Ich bleibe dran.

Zum Autor: Sigi Heinrich Der vielfach ausgezeichnete Sportjournalist (u.a. Gewinner des Deutschen Fernsehpreises und des Bayerischen Sportpreises), Buchautor und Eurosport-Kommentator der ersten Stunden (seit 1989) widmet sich in seiner Kolumne &bdquo;Sigi`s Spitzen“ der gesamten Vielfalt des Sports und wildert gerne auch in fremden Gefilden. Mal mit schmunzelndem Augenzwinkern, mal ernst und nachdenklich oder auch bewusst provozierend. Es soll ja für alle etwas dabei sein.

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