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Boris Becker hat offen über seine Zeit im Gefängnis gesprochen. © APA/afp / TIZIANA FABI

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Boris Becker hat offen über seine Zeit im Gefängnis gesprochen. © APA/afp / TIZIANA FABI

Becker gibt tiefen Einblick: „Hatte zweimal Todesangst“

Siebeneinhalb Monate hat Boris Becker im Gefängnis verbracht. Nun hat sich der sechsmalige Grand-Slam-Sieger geöffnet und über die schwierige Zeit gesprochen – mit seiner Angst im Mittelpunkt.

„Das Gefängnis – und ich kann jetzt nur von englischen Gefängnissen sprechen – ist ein extrem gefährlicher Ort“, erklärte Boris Becker im Interview mit dem Schweizer Blick. 2022 war der ehemalige Tennis-Star wegen Steuerhinterziehung zu einer zweieinhalbjährigen Haftstrafe verurteilt worden, davon saß er sieben Monate hinter Gittern ab. Eine Zeit, die ihn enorm prägen sollte. „Man ist nicht sicher. Menschen sterben dort. Sei es durch Selbstmord, wegen anderer Menschen oder du wirst einfach nur schwer verletzt“, so der 57-Jährige. „Da gibt es eine Dunkelziffer, die willst du nicht wissen. Die ganze Zeit war ein permanenter Überlebenskampf.“


Untergebracht war Becker in zwei verschiedenen Haftanstalten, zunächst im HMP Wandsworth, später im HMP Huntercombe. Wie man sich auf ein solches Leben einstellt? „Ein Gefängnis wird in der Regel von den Gefangenen geführt, nicht von den Wärtern. Ich nannte sie für mich 'die starken Jungs'“, sprach er die wahren Machtverhältnisse an. In Wandsworth gab es rund 2000 Insassen und 70 Wärter – einflussreicher Verbündete waren daher viel wert für die eigene Sicherheit.

Keine Star-Behandlung für Becker

Dass Becker zu den Granden der Tennis-Welt zählt und in Wimbledon gleich dreimal zum Triumphator aufstieg – das war den anderen Insassen egal. „Das spielte keine Rolle. Als Star wurde ich nicht wirklich erkannt“, unterstrich er. „Dass ich weißer Deutscher war, war jetzt kein Vor- oder Nachteil, sondern eine bestimmte Gruppe hat sich meiner dann einfach angenommen.“ Trotzdem wurde Becker als sogenannter High-Risk-Gefangener eingestuft. Um nächtliche Bedrohungen durch Zellenkameraden zu verhindern, bekam der Ex-Champion eine eigene Zelle.
„Es heißt, dass Menschen besonders reagieren, wenn sie Todesangst haben. Dann können sie drei Meter höher springen als sonst. Das erlebte ich zweimal.“ Boris Becker

Dieser Umstand bewahrte ihn aber offenbar nicht vor brenzligen Situationen. „Ich hatte zweimal Todesangst. Einmal in Wandsworth, einmal in Huntercombe“, schilderte er. „Es heißt, dass Menschen besonders reagieren, wenn sie Todesangst haben. Dann können sie drei Meter höher springen als sonst. Das erlebte ich zweimal. Aber ich bin grundsätzlich nicht der ängstliche Typ. Sonst hätte ich mein Leben anders gestaltet.“

Becker: „Manchmal hört man Schreie“

Wie Becker weiter ausführte, wurde er während seiner Zeit im Gefängnis auch regelmäßig Zeuge von Gewalt. „Wer im Gefängnis keine gute Zeit hat, sind Kinderschänder. Die werden fast wöchentlich verprügelt“, so der Olympiasieger von 1992. „Da war einer, der hat sich an einem 14-jährigen Mädchen vergangen. Der schlief immer unruhig in seiner Zelle. Wann immer es die Möglichkeit gab, sind da ein paar hin und haben ihm die eine oder andere Ohrfeige verpasst. Und die Wärter haben weggeguckt.“ Das Gefängnis habe letztlich seine eigenen Gesetze. „Es ist eine brutale Welt. Nachts ist es okay. Man hört manchmal Schreie und andere Dinge, doch die Türen sind zu. Wenn diese dann wieder offen sind, kann alles passieren.“

Boris Becker hat in seiner Karriere sechs Grand-Slam-Titel gewonnen. © AFP / JEAN-LOUP GAUTREAU

Boris Becker hat in seiner Karriere sechs Grand-Slam-Titel gewonnen. © AFP / JEAN-LOUP GAUTREAU


Während dieser schwierigen Zeit fand Becker aber auch zu sich selbst zurück. „Ich habe Tagebuch geführt. Weil ich das sowieso immer mal wieder mache und weil man auch sehr viel Zeit hat in der Zelle. Und man will ja auch den eigenen Geist nicht unterfordern“, erläuterte er. So enstand auch seine Idee für ein Buch, das mithilfe eines Ghostwriters am kommenden Mittwoch erscheint. „Ich will auf eigene Fehler hinweisen, die ein jüngerer Sportler nicht machen muss“, so Becker. „Ich habe viel aus meinem Leben gelernt.“

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