Jannik Sinners Liebe zum Tennis war größer

Geboren wird Jannik Sinner am 16. August 2001 im Krankenhaus von Innichen. Er wächst in Sexten auf, zusammen mit seinem 3 Jahre älteren, adoptieren Bruder Mark, mit Vater Hanspeter und Mutter Siglinde. Die Eltern sind in der Gastronomie tätig und müssen viel arbeiten. Der Papa ist Koch, ein sehr guter noch dazu. Die Mama Kellnerin.

Am Fuße der Drei Zinnen, auf 1244 Meter über dem Meer ist Tennis nicht die Sportart Nummer 1. Es gibt auch nur eine Tennishalle, denn die Tage, in denen man im Freien spielen kann, sind gezählt. Im Hochpustertal wachsen die Kinder mit Skiern an den Füßen auf. Fußball steht hoch im Kurs. Jannik spielt Fußball, ist ein Riesentalent auf Skiern, der Papa bringt ihm aber auch zum Tennis.

Die Trainer erinnern sich zurück Sein erster Lehrer ist Andreas Schönegger aus Innichen. Der drückt Jannik mit dreieinhalb den ersten Schläger in die Hand. &bdquo;Er hat immer versucht, mich mit dem Ball zu treffen und dann gelacht.“ Dann hat er die ersten Turniere im Mini-Tennis bestritten. &bdquo;Bei seinem ersten Sieg in Welsberg musste ich ihm sagen, du musst jetzt ans Netz und dem Gegner die Hand geben, denn du hast gewonnen. Punkte zählen konnte Jannik damals noch nicht. Da war er erst 5“, erinnert sich Schönegger. „Er hat immer versucht, mich mit dem Ball zu treffen und dann gelacht.“ Andreas Schönegger Sinner spielt Fußball, fährt Ski, aber die gelbe Filzkugel lässt ihn nie mehr ganz los. Seine erste Ski-Trainerin ist Elisabeth Egarter, dann begibt er sich in die Obhut von Klaus Happacher, der bei der Weltcup-Abfahrt 1978 in Schladming Achter war und im Skiland Südtirol als Skilehrer-Ausbilder Jahrzehnte lang Kultstatus genießt. Happacher erzählt: &bdquo;Jannik war außergewöhnlich. Wenn ich mit ihm am Kreuzbergpass trainierte und ihm etwas erklärte, konnte er es auf Anhieb umsetzen. Diese Gabe, dieses Talent habe ich vorher und nachher nur bei den Allerwenigsten gesehen. Er war schon als kleiner Bub extrem fokussiert.“

Auch ein talentierter Skifahrer: Jannik Sinner

In die gleiche Kerbe schlägt auch Andreas Schönegger: &bdquo;Jannik konnte auf Anhieb das umsetzen, was man ihm gesagt hat. Als er im Sommer bei den Tennisturnieren aufkreuzte, sagten seine Gegner: Jetzt kommt der auch noch zum Tennis.“ Mit seinen langen roten Haaren haben ihn damals viele für ein Mädchen gehalten. &bdquo;Aber ich habe gesagt, nein, der spielt bei den Buben mit“, erinnert sich Schönegger in einem Dolomiten-Interview.

Dann ist der legendäre Heribert Mayr auf ihn aufmerksam geworden, der schon den TC Bruneck 1991 zum Sieg im Baby-Davis-Cup geführt hatte mit Florian Allgäuer, dem heutigen Konditor Andreas Acherer und mit Evelyn Moser. &bdquo;Hebi“ Mayr erinnert sich: &bdquo;Gesehen habe ich den Jannik zum ersten Mal, da war er 7 oder 8. Man hat gleich gemerkt, da ist einer, der etwas mehr hat. Ich habe einige Dinge ausgebessert bei ihm, den Griff umgestellt, er hat alles sofort verstanden und umgesetzt. Sein Timing, sein Auge, das hat man bei einem Kind in seinem Alter noch nie gesehen.“

Seppi war Sinners Vorbild Der Opa hat Jannik damals immer zum Training nach St. Georgen gebracht. Um 7.30 Uhr früh hat er allein mit Mayr trainiert. Er hatte verschiedene Sparringpartner, die Mair-Schwestern Julia und Evelyn, Egon Taschler, Ex-Profi Andrea Spizzica hat mit Sinner gespielt. &bdquo;Im Herbst 2014 sind wir dann zum Challenger nach Gröden gefahren, wo Andreas Seppi gewonnen hat. Ich habe dort mit Massimo Sartori gesprochen und gesagt, ich habe einen guten, jungen Spieler, den er sich ansehen sollte.“

Jannik Sinner nach seinem Gewinn beim Challenger in Gröden.

Auch Ex-Profi Alex Vittur, heute sein Manager, hatte Sartori schon auf Sinner aufmerksam gemacht. Sartori schaute sich Sinner an, stellte die Verbindung zu Riccardo Piatti her. &bdquo;Kurz vor Weihnachten kam dann der Anruf, dass wir nach Bordighera sollten. Wir waren eine Wochenende dort, sind auch nach Monte Carlo gefahren, wo Novak Djokovic und Milos Raonic schon für die Australian Open trainiert haben. Jannik hat mit beiden Fotos gemacht, dann sind wir wieder nach Hause.“ „Um den Durchbruch zu schaffen, musste er weg aus Südtirol.“ Roland Sandrin Roland Sandrin, Klubchef beim TC St. Georgen und Vorstandsmitglied im italienischen Tennisverband, hat Sinners Talent ebenfalls erkannt: &bdquo;Als ich Jannik zum ersten Mal gesehen habe, da habe ich gleich gewusst, aus dem kann etwas werden, aber um den Durchbruch zu schaffen, muss er weg aus Südtirol.“

Sinner bleibt bis zum Sommer 2015. Mit St. Georgen gewinnt er 2 Landesmeistertitel, in der U14-Klasse reicht es 2013 nur zu Platz 2. Jannik ist 12 und verliert das entscheidende Spiel beim TC Rungg gegen den 2 Jahre älteren Manuel Bernard. &bdquo;Vielleicht hättest du versuchen sollen, mehr Bälle ins Feld zu bringen“, traut sich Sandrin auf der Heimfahrt im Auto zu sagen. Bis Klausen hat Jannik kaum gesprochen: &bdquo;Nein, die Bälle einfach nur zurückspielen, das werde ich nie. Ich will so gut werden wie Andreas Seppi.“ Wieder vergehen ein paar Minuten. &bdquo;Vielleicht hätte ich noch mehr Druck machen sollen. Denn ich will einmal die Nummer 1 werden und ein Grand-Slam-Turnier gewinnen.“ Das war im Frühjahr 2013.

Rasanter Aufstieg Im gleichen Jahr gewinnt Sinner mit St. Georgen die 2. Liga, ein Jahr später auch die D1. &bdquo;Alle haben ihn immer gern gehabt, wegen seiner Art“, erinnert sich Sandrin. Dann ist die Zeit gekommen, Südtirol zu verlassen. &bdquo;Jannik hat in einem schwierigen Alter die richtige Entscheidung getroffen. Es war für ihn sicher nicht einfach, von daheim wegzugehen, in ein anderes Land mit einer anderen Sprache,“ Gemeint ist sein Umzug nach Bordighera im Sommer 2015 in die Akademie von Riccardo Piatti. &bdquo;Der kommt bestimmt bald zurück, denn Italienisch kann er ja gar nicht“, so Vater Hanspeter. Aber Jannik ist in Ligurien geblieben. 7 Jahre lang.

Den Kontakt zu Piatti hatte Massimo Sartori hergestellt, der Langzeit-Coach von Andreas Seppi. Der hatte gute Beziehungen zu dem Guru, der noch immer als bester Tennistrainer Italiens gilt. &bdquo;Was müssen wir tun, um ihn zu adoptieren?“, soll Piatti nach der ersten Trainingsstunde gesagt haben.

Jannik Sinner mit seinem Ziehvater Riccardo Piatti. © Felice Calabro'

Am 31. Jänner 2018 erhält er beim ITF-Turnier in Sharm El Sheikh am Roten Meer eine Wildcard, besiegt Aryan Goveas aus Indien (ATP-Nummer 756) mit 6:4, 6:4 und holt seinen ersten Weltranglistenpunkt. Am 12. Februar 2018 taucht der Name Jannik Sinner erstmals in der Weltrangliste auf – auf Platz 1592.

Bis Ende des Jahres verbessert er sich um über 1000 Plätze. Auch Südtirol wird erstmals auf den Sextner aufmerksam. Er qualifiziert sich beim 15.000-Dollar-Turnier in St. Christina im August für das Finale. Mitten in der Turnierwoche wird er 17, die Eltern kommen mit einer Torte nach Gröden. Die Woche zuvor hatte er in Rungg nach längerer Verletzungspause den Sprung ins Hauptfeld geschafft. Beim Challenger in Gröden im November übersteht er die erste Runde. Zu dieser Zeit wird Sinner bei den Turnieren meist von Andrea Volpini begleitet, dem Coach aus der Piatti-Academy.

Eine Karriere wie ein Märchen 2019 erfolgt der internationale Durchbruch. Wie Phönix aus der Asche steigt Sinner am Tennis-Himmel auf, gewinnt Ende Februar sein erstes Challenger in Bergamo, die Woche darauf auch noch das 25.000-Dollar-Turnier in Trient und nach 16 Siegen insgesamt auch noch ein 25.000-Dollar-Turnier auf Sardinien. Nur wenige Wochen später schafft er es als Lucky Loser erstmals in das Hauptfeld bei einem ATP-Turnier, schlägt am 23. April 2019 in Budapest als Nummer 314 der Welt Lokalmatador Mate Valkusz.

Dennoch muss er beim ATP-Masters-Turnier von Rom in die Vor-Qualifikation. Er besiegt Lorenzo Musetti nach der Abwehr eins Matchballs, verliert dann gegen Andrea Basso und bekommt die Wildcard von Andreas Seppi, weil der Kalterer ins Hauptfeld rutscht. Schon bei seinem ersten großen Auftritt spielt er sich in die Herzen der Fans im Foro Italico und wehrt am 12. Mai 2019 beim 1:6, 6:1, 7:5 gegen Steve Johnson einen Matchball ab.

Das Jahr geht paradiesisch weiter. Im August holt er sich den Turniersieg beim Challenger in Lexington, bei den US Open übersteht er erstmals die Qualifikation bei einem Grand-Slam-Turnier, verliert in Runde 1 gegen seinen Stallkollegen Stan Wawrinka. Im Oktober bekommt er in Antwerpen eine Wildcard für das Hauptfeld und erreicht sein erstes Halbfinale auf der ATP-Tour. Die Next-Gen-Finals Anfang November in Mailand werden zum vorläufigen Höhepunkt. Sinner gewinnt das Turnier und deklassiert im Finale Alex de Minaur mit 4:2, 4:1, 4:2.

Die Woche darauf kommt er ein letztes Mal für ein Turnier nach Südtirol. Im tief verschneiten Gröden holt er sich ohne Satzverlust den Turniersieg beim Challenger in der Tennishalle Runggaditsch. Nach dem 6:2, 6:4 im Finale gegen den Österreicher Sebastian Ofner ist er in der Weltklasse angekommen und beendet das Jahr auf Platz 78.

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Jannik Sinners Liebe zum Tennis war größer

Zahlen lügen nicht. Wer innerhalb eines Jahres die meisten Punkte auf der ATP-Tour gesammelt hat, ist die Nummer 1 der Welt. Die heißt seit Montag Jannik Sinner, ist erst 22 Jahre alt und kommt aus Sexten in Südtirol.

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