Mein großes Sinner-Geschenk

Keine Sorge. Ich werde jetzt nicht alterssentimental, obwohl… Ich darf mich an dieser Stelle ja durchaus mal als Südtirol-Fan outen und weil man auch im Ausland mittlerweile dank digitaler Angebote die Dolomiten lesen oder sich bei stol.it und sportnews.bz Informationen holen kann, bin ich immer auf dem Laufenden und kann den späteren Diskussionen im Freundeskreis standhalten, wenn ich zu Besuch bin. Es geht dabei wie immer zunächst um politische Themen, die freilich ziemlich schnell abgehandelt werden. Es ist ja auch ein gefährliches Pflaster, weil die Positionen mitunter sehr unterschiedlich sind.

Dagegen ist der Sport ein dankbares Spielfeld beim Kampf der Worte. Der Aufstieg des FC Südtirol wurde ausgiebig behandelt und auch gut eingegossen. Im Winter dreht sich vieles um Dorothea Wierer und Dominik Paris. Jede noch so kleine Meldung wird dann auf ihren Tiefgang untersucht, wobei zuletzt vor allem die Frage nach Wierers Zukunft einen intensiven Gedankenaustausch in Gang setzte. Das ist ja jetzt geklärt. Der Sinner-Stern ist aufgegangen Prägend freilich ist ein anderer Dauerbrenner, denn ein neuer Stern ist augenscheinlich aufgegangen in Südtirol. Jannik Sinner überstrahlt alles. Ich erinnere mich noch an den August 2019, als mir zum ersten Mal so richtig klar wurde, dass ein neuer Sportheld Südtirol in seinen Bann zieht. Ich habe das noch immer in meinem Handy dokumentiert. Die Artikel in den Dolomiten habe ich seinerzeit fotografiert und an meine Kollegen bei Eurosport geschickt, versehen mit dem Hinweis, dass hier möglicherweise gerade eine Rakete startet. Sie sollten, so schrieb ich dazu, dranbleiben und ich versprach, so viele Informationen wie möglich aufzutreiben.

Und siehe da: Sinner war bald allgegenwärtig. Es verging kaum ein Tag, in dem nicht irgendeine Meldung über ihn aufzutreiben war. &bdquo;Grandios, Sinner steht im US-Open-Hauptfeld“. So stand es damals auf sportnews.bz . Der Sextner hatte in der dritten Runde der Qualifikation den Spanier Mario Vilella in zwei Sätzen besiegt. Natürlich habe ich auch dies an meine Tennis-Kollegen weitergeleitet und wurde so im Lauf der Zeit zu einem Sinner-Spezialisten.

Publikumsliebling Jannik Sinner. © AFP / TIZIANA FABI

Zu jener Zeit war ich schon lange nicht mehr als Kommentator für Tennis im Einsatz, obwohl ich in den ersten Jahren bei Eurosport regelmäßig das Geschehen um den gelben Filzball begleitet hatte. Ich musste mich dann zwischen Leichtathletik und Tennis entscheiden, weil sich viele Termine überschnitten. Und da die Leichtathletik vor allem auch wichtig für die Olympischen Spiele war, gab ich schweren Herzens Tennis ab. Dank Sinner erfuhr das Interesse daran eine neuerliche Auffrischung, weil ich für meine Besuche in Südtirol natürlich auch gewappnet sein musste für die Diskussionsrunden am Stammtisch. Alle sind Tennis-Experten geworden Schön ist dabei, dass meine Expertise gefragt ist und meiner Einschätzung Gehör geschenkt wird. Vermutlich, weil ich der Sportreporter in unserer Runde bin. Allerdings sind jetzt längst alle Tennisexperten geworden. Sinner hat Seppi abgelöst. Er hat ihn eingeholt und überholt und wenn er spielt, läuft in den Gaststuben und Sportbars in Südtirol der Fernseher in der Dauerschleife, wobei das mit dem Daumendrücken ein Problem ist, schließlich muss ja auch ab und zu ein kleiner Schluck des örtlichen Weines getrunken werden. Ich habe Menschen kennengelernt, die nie Tennis geschaut haben früher. Jetzt, mit über 80 Jahren, richtet sich ihr Tagesablauf plötzlich nach den Einsätzen von Sinner.

Natürlich hat sich viel getan in den Tagen nach seiner Entdeckung, wenn man das so mal bezeichnen darf. Mittlerweile hat er einen neuen Trainer und einen unfassbaren Sponsorendeal abgeschlossen, dessen gewaltiger Umfang natürlich auch Diskussionen befeuert. Ich durfte dann im vergangenen Jahr wieder ein paar Spiele kommentieren während der US Open und habe natürlich festgestellt, wie ungeheuer dynamisch dieses Spiel geworden ist. Allerdings ist es jetzt wesentlich einfacher als vor 30 Jahren, an Informationen zu gelangen.

Das Internet kann so auch ein Segen sein und ich bin während meiner Abwesenheiten von Südtirol (ich kann ja nicht dauernd Urlaub machen) trotzdem immer aktuell dran am Geschehen. Meine Vorgesetzten wissen natürlich um meine Südtirol-Affinität und haben mir doch tatsächlich ein richtig großes Geschenk gemacht. In den ersten Tagen habe ich vor allem die Spiele der Wunderkinder Coco Gauff (USA) und Emma Raducanu (GBR) kommentiert. Das war schon toll. Doch die Steigerung jetzt ist Wahnsinn. Ich wurde eingeteilt für das Sinner-Spiel in der zweiten Runde der French Open gegen den Spanier Roberto Caballés Baena. Abstecher nach Südtirol sind immer schön Das Ergebnis ist, wenn diese Kolumne das Licht der Welt erblickt hat, möglicherweise schon bekannt und dann bei sportnews.bz sicher an der Spitze der aktuellen Nachrichten. Für mich geht damit ein Traum in Erfüllung. Das gebe ich unverblümt zu. Und nicht genug des Südtirol-Abenteuers. Ich werde auch den Boulder-Weltcup aus Brixen Mitte Juni kommentieren, der dann live bei Eurosport übertragen wird. Es ist ein guter Grund, zur Recherche dafür wieder mal die Freunde zu besuchen. Aber eigentlich brauche ich nie irgendeinen Grund, um mein Auto Richtung Südtirol zu steuern, das übrigens schon fast von alleine den Weg an den Eisack findet.

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Mein großes Sinner-Geschenk

Manchmal hält das Leben noch schöne Überraschungen bereit, wie auch unser Kolumnist Sigi Heinrich feststellen durfte. Was das mit Jannik Sinner zu tun hat, lesen Sie hier.

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