Wie ein Ski-Talent zum besten Tennisspieler der Welt wurde

Skifahren und Fußballspielen waren auch für den kleinen Jannik im Hochpustertal lange die liebsten Freizeitbeschäftigungen. Aber da gab es noch ein Spiel mit einer gelben Filzkugel, das es ihm angetan hatte und nicht mehr los ließ. Was für ein Glück: Vater Hanspeter spielte auch gerne Tennis und drückte seinem jüngsten Sohn früh einen Schläger in die Hand.

Jannik Sinner wurde am 16. August 2001 in Innichen geboren, aufgewachsen ist er in Sexten, zusammen mit seinem 3 Jahre älteren Bruder Mark, den seine Eltern Siglinde und Hanspeter adoptiert hatten.

Sinner war ein außergewöhnlich guter Skifahrer, Er hat viel gewonnen als Kind, war italienischer Jugendmeister im Riesentorlauf. Doch beim Skifahren war das Rennen nach einem Fehler vorbei. Beim Tennis ist das nicht so. Da kann sich ein Match über Stunden hinziehen. Das hat Jannik fasziniert.

Kennen sich gut: Jannik Sinner und Ski-Star Lindsey Vonn.

Sein erster Trainer war Andreas Schönegger. Heribert Mayr, der als Coach schon Florian Allgäuer aus Bruneck trainiert hatte, erkannte sein Talent. Mayr sagte einmal zum Brunecker Alex Vittur: &bdquo;Schau dir mal diesen Jungen an, der spielt besser als alle anderen.“ Vittur, gleich alt wie Südtirols ehemaliger Weltklassespieler Andreas Seppi (beide Jahrgang 1984) und selbst ehemaliger Profi, stellte den Kontakt zu Seppi-Coach Massimo Sartori her, der das Talent dann in die angesehene Akademie zu Riccardo Piatti brachte.

Piatti ist hellauf begeistert &bdquo;Was müssen wir tun, um Jannik zu adoptieren?“, soll Piatti, der beste Tennistrainer Italiens, gesagt haben nach einer Trainingsstunde mit Jannik. Der Rest ist bekannt. Mit 13 ging Sinner nach Bordighera in Ligurien, weit weg von zu Hause. Obwohl der italienischen Sprache kaum mächtig, blieb er.

Jannik Sinner und sein erster großer Trainer, Riccardo Piatti. © Jannik Sinner

2015 spielte er mit 14 seine ersten Profi-Turniere. 2018 wurde Südtirol erstmals auf ihn aufmerksam, als er bei einem ITF-Turnier in St. Christina in Gröden in der Woche seines 17. Geburtstages das Finale erreichte. Ein Jahr später im Herbst 2018 spielte er dank einer Wildcard beim Challenger in Gröden.

Sein Stern geht bei den Next Gen Finals auf 2019 der internationale Durchbruch: Als Nummer 551 der Welt hatte er das Jahr begonnen, gewann das Challenger in Bergamo, 2 Futures-Turniere in Trient und Sardinien, gab im April in Budapest sein Debüt auf der ATP-Tour, feierte einen Monat später in Rom beim Masters-Turnier seinen ersten Sieg gegen einen Top-100-Spieler, spielte im August bei den US Open erstmals im Hauptfeld eines Grand-Slam-Turniers, stand im Herbst in Antwerpen im Halbfinale. Der Sieg bei den Next Gen Finals im November in Turin machte ihn italienweit berühmt und nach dem Heimsieg eine Woche später im tief verschneiten Grödner Tal beim Challenger in St. Ulrich beendete er das Traumjahr auf Rang 78.

Mit seinem Sieg bei den Next-Gen-Finals setzte Sinner das erste Ausrufezeichen. © ANSA / MATTEO BAZZI / Z57

2020 bremste Jannik das Coronavirus, aber im September in Rom gewann er zum 2. Mal gegen einen Top-Ten-Spieler (Stefanos Tsitispas), nachdem er schon vor Ausbruch der Pandemie in Rotterdam im Februar 2020 David Goffin das Nachsehen gegeben hatte. Sinner qualifizierte sich bei den French Open für das Viertelfinale. Dort war erst Rafael Nadal zu stark. Beim letzten Auftritt des Jahres im November in Sofia durfte sich Sinner erstmals als Turniersieger feiern lassen.

2021 gewann er weitere 4 Turniere (Melbourne 1, Washington, Sofia, Antwerpen), stand beim Masters-Turnier in Miami im Endspiel und am 1. November erstmals in den Top Ten und durfte deshalb als Ersatzmann bei den ATP Finals in Turin antreten.

Die Trennung von Piatti 2022 schied Sinner bei den Australian Open im Viertelfinale gegen Stefanos Tsitsipas aus und trennte sich von seinem langjährigen Coach Piatti. Vittur, sein Berater und Manager und der beste Freund auf der Tour, mit dem er im Südtiroler Dialekt sprechen kann, wenn ihm etwas auf dem Herzen liegt, verpflichtete seinen Kumpel Simone Vagnozzi, der im Februar das Traineramt übernahm. Vagnozzi war selbst Profi und lebte viele Jahre im gleichen Haus von Andreas Seppi.

Im Juni 2022 kam mit Darren Cahill ein ehemaliger Weltklasse-Spieler und Trainer zum Sinner-Team dazu. Er verlor in Wimbledon im Viertelfinale nach einer 2:0-Satzführung gegen Novak Djokovic, holte aber kurz darauf in Umag in Kroatien seinen 1. Sandplatztitel im Finale gegen Carlos Alcaraz, gegen den er in einem 5:15 Stunden langen Match im Viertelfinale der US Open verlor, nachdem er einen Matchball ausgelassen hatte. Das Jahr beendete er auf Rang 15.

2023 dann der Sprung in die absolute Weltspitze: Sinner holte den Titel in Montpellier, verlor das Finale in Rotterdam, das Halbfinale in Indian Wells gegen Alcaraz, aber er besiegte den Spanier 2 Wochen später in Miami und verlor erst im Endspiel wie in Rotterdam gegen Daniil Medwedew.

Und plötzlich ist er nicht mehr zu stoppen Auf das 3. Masters-Halbfinale des Jahres in Monte Carlo folgte eine schwache Sandsaison, dann aber das erste Grand-Slam-Halbfinale in Wimbledon (Niederlage gegen Djokovic). Seit dem Aus im Achtelfinale der US Open in New York gegen Alexander Zverev hat Sinner nur 4 Spiele verloren, aber 53 gewonnen, dabei 3 Mal Djokovic, 4 Mal seinen Angstgegner Medwedew und einmal Alcaraz bezwungen. Und er hat Italien am 26. November 2023 zum erstmaligen Triumph im Daviscup nach 47 Jahren Pause geführt.

In diesem Jahr folgten nach dem historischen Erfolg am letzten Jänner-Sonntag bei den Australien Open (der erste Sieg eines Spielers aus Italien bei einem Major-Turnier seit 38 Jahren) Turniersiege in Rotterdam und der 2. Masters-Titel in Miami vor 2 Monaten. Der vorläufige Höhepunkt folgte gestern. Am 10. Juni wird Jannik Sinner als 29. Spieler in 51 Jahren die Weltrangliste anführen.

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Wie ein Ski-Talent zum besten Tennisspieler der Welt wurde

Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen: Jannik Sinner ist die Nummer 1 der Welt. Doch wie kam er dorthin? Welche Hürden musste er meistern? Und welche Entscheidungen treffen? Hier das Porträt über den Südtiroler Superstar.

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