Auch Legenden sind nur Menschen

Während ich diese Zeilen tippe, stehen mir 51 WM-Titel gegenüber - natürlich im übertragenen Sinne. Und bevor hier jemand auf falsche Gedanken kommt: Ich befinde mich nicht bei einem Treffen der ehemaligen Biathlon-Weltmeister aus Schweden, Italien, Finnland, Ukraine und Österreich. Seit Samstag haben nämlich jene drei Menschen, die sich vor meinen Augen im Medienzentrum prächtig unterhalten, mehr WM-Goldmedaillen bei angehäuft als die zuvor genannten Länder in über 50 Jahren.

Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Tiril Eckhoff (10 Goldmedaillen), Ole Einar Bjørndalen (20) und der neue alleinige Rekordweltmeister Johannes Thingnes Bø (21) - Götter wandeln also doch noch auf der Welt. Worüber sie genau schäkern, erschließt sich mir nicht. Auch wenn Norwegisch in den Gefilden des Wintersports mittlerweile Weltsprache ist, hab ich mich erfolgreich dagegen gewehrt, mich dieser Herausforderung zu stellen. Da bin ich wohl auf meine französische Ader gestoßen - die Franzosen verschließen sich auch nur zu gerne einer gewissen anderen Weltsprache, wie ich in den letzten Tagen in der Schweiz lernen musste.

Von Legenden kann man nur lernen Jedenfalls fällt mir auch in diesem Moment wieder auf: So historisch, unglaublich und monumental ihre Karrieren auch sind – am Ende des Tages sind das auch nur Menschen. Und für uns Reporter vor Ort sind Eckhoff und Bjørndalen im weitesten Sinne sogar Kollegen.

Ole Einar Bjørndalen (links) und Johannes Thingnes Bø (rechts) in Lenzerheide. © APA/afp / FRANCK FIFE

Auf die beiden Granden, die mittlerweile als TV-Experten unterwegs sind, trifft man im Weltcup-Zirkus nämlich regelmäßig in der Mixed Zone, in welcher man auf ein paar Antworten der Athleten hofft. Und eine Lektion habe ich gelernt: Stellt man sich neben Eckhoff, werden einem alle Wünsche erfüllt. Denn bei der zweimaligen Olympiasiegerin bleiben natürlich alle stehen – und haben letztlich auch Zeit für mich.

Weltmeister sind auch nur Menschen Wie es für Bø weitergeht, steht indes noch zum Teil in den Sternen. In Lenzerheide nimmt er an der letzten Weltmeisterschaft seiner Karriere teil, die er am 23. März am Holmenkollen in seiner norwegischen Heimat beenden wird. Bestenfalls natürlich mit seinem sechsten Gesamtweltcup in der Tasche. Und wer weiß: Vielleicht begibt sich der fünfmalige Olympiasieger auch schon bald auf Stimmenfang für einen TV-Sender. Doch bei allen Hymnen auf die goldenen 3 Könige des Biathlons: Goldmedaillen machen nicht unantastbar. Das musste auch Ingrid Landmark Tandrevold lernen. Ihre Tränen nach der verkorksten Mixed-Staffel gingen so manchem Fan nahe, nachher veröffentlichte die viermalige Weltmeisterin eine Nachricht aus den Sozialen Medien, in der sie übelsten Beleidigungen ausgesetzt war.

&bdquo;Wenn jemand sein Leben mit der Öffentlichkeit teilt, muss man auf solche Vorfälle vorbereitet sein“, meinte der Südtiroler Patrick Oberegger, der die norwegischen Damen seit 2018 als Cheftrainer betreut. Solche Erlebnisse müssen Profisportler in kürzester Zeit abhaken und den Fokus wieder auf das Wesentliche richten. &bdquo;Am Ende geht es darum, sein Leben zu meistern“, führte Oberegger aus. &bdquo;Das ist unser Beruf und jetzt gab es da eben einen gebrauchten Tag, so wie es viele Menschen auch außerhalb des Sports kennen.“ Tandrevold stieg in den vergangenen Monaten zu einer Kämpferin auf und zeigte: Auch sie sind nur Menschen.

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Wenn Ole Einar Bjørndalen, Tiril Eckhoff und Johannes Thingnes Bø aufeinandertreffen, stockt erst einmal der Atem. Doch wie die Weltmeisterschaften in Lenzerheide zeigen – selbst Goldmedaillen machen nicht unantastbar.

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