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Lisa Vittozzi und Alex Inderst sind ein eingespieltes Gespann.

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Lisa Vittozzi und Alex Inderst sind ein eingespieltes Gespann.

Er führt sie zu altem Glanz: Der Südtiroler hinter Lisa Vittozzi

Er ist der Auserwählte. Er ist derjenige, dem Lisa Vittozzi blind vertraut: Alex Inderst aus dem Ridnauntal. Mit ihm will der Biathlon-Superstar aus einem tiefen Tal klettern. Doch die Mission gestaltet sich schwierig.

Alexander Foppa

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Alexander Foppa

Es ist der 13. Februar 2024: Lisa Vittozzi ist ganz oben! Goldmedaille im Einzelwettkampf bei der WM in Nove Mesto, ihr erster, lang ersehnter Weltmeistertitel. In den Tagen und Wochen danach folgen weitere Medaillen, kleine und große Kristallkugeln. Vittozzi räumt in diesem Winter alles ab.


Es ist der 20. November 2024: Lisa Vittozzi ist plötzlich weg vom Fenster! Sie gibt den Verzicht auf die Teilnahme am Weltcupstart bekannt. Im Rücken zwickt's. Was anfangs den Anschein einer kurzen Verletzungspause hat, entpuppt sich Wochen später als gravierendster Einschnitt ihrer Karriere: keine Chance auf Verteidigung von WM-Titeln und Gesamtweltcupsieg, Vittozzi fällt die ganze Saison aus.

„Es war eine schlimme Zeit für sie“, erinnert sich Alex Inderst zurück. Hinter der Weltklasse-Sportlerin Vittozzi verbirgt sich eine sensible Person. „Die Lisa“, wie sie Inderst nennt, braucht ihr vertrautes Umfeld, um wieder aufzustehen. Und so hat sie – neben einem bewährten Mentalcoach und einem bekannten Schießtrainer – eben diesen Inderst auserwählt. Er soll ihr nach einem Jahr Pause helfen, den Weg zurück in die Weltspitze zu finden.

„Sie vertraut mir zu einhundert Prozent“ Alex Inderst

Doch wer ist dieser Alex Inderst? Er ist der Ehemann von Ex-Biathletin Karin Oberhofer. Die beiden sind seit zwei Jahrzehnten ein Paar, 2023 haben sie sich das Ja-Wort gegeben. Wintersportfans ist der Name Alex Inderst längst ein Begriff. Nicht etwa aufgrund seiner aktiven Karriere, die ihn nur kurzzeitig Weltcup-Luft schnuppern ließ, wohl aber wegen seiner Erfolge als Trainer. Er war die vergangenen Jahre in Italiens Biathlon-Team als Cheftrainer verantwortlich und trug in dieser Rolle maßgeblich dazu bei, dass neben Dorothea Wierer auch Tommaso Giacomel und eben Vittozzi zu absoluten Stars der Szene aufstiegen.

Das besondere Feeling

Vittozzi und Inderst, das passt. „Zwischen den beiden gibt es eine besondere Chemie, sie kennen und vertrauen einander“, sagt Italiens Biathlon-Chef Klaus Höllrigl. Er hat die Zusammenarbeit der beiden abgesegnet. Vittozzi wollte Inderst bei ihrem Comeback-Versuch unbedingt an ihrer Seite haben. „Ich mag den Begriff Ersatzvater nicht, aber irgendwie trifft er zu – zumindest wenn es ums Sportliche geht. Da vertraut sie mir zu einhundert Prozent“, sagt der 47-jährige Wipptaler.

Alex Inderst (r.) mit Biathlon-Sportdirektor Klaus Höllrigl.

Alex Inderst (r.) mit Biathlon-Sportdirektor Klaus Höllrigl.


Die Wege von Vittozzi und Inderst kreuzten sich erstmals im Jahr 2014. „Ich trainierte sie als Juniorin. Schon damals war klar, dass sie eine ganz Große werden würde“, so Inderst. Und eine ganz Große soll sie spätestens bei Olympia 2026 auch wieder sein. Damit das klappt, hat Vittozzi mit Inderst, Schießtrainer Edoardo Mezzaro und einem wechselnden Physio ein eigens auf sie zugeschnittenes Mini-Betreuerteam zur Seite gestellt bekommen.

Das ist der Comeback-Plan

Der Weg zurück nach oben ist allerdings ein enorm steiniger. Vittozzi arbeitet dieser Tage mit ihrem Trainerteam in Antholz, zuvor waren sie in Martell. Weitere Camps in Ruhpolding und Skandinavien sind geplant. In erster Linie geht es darum, Kondition aufzubauen und die Biathletin Schritt für Schritt ans Wettkampfniveau heranzuführen. „Das geht am besten, wenn wir alleine trainieren, ohne Druck, mit voller Konzentration auf sie“, verrät Inderst. Nur sporadisch wird die frühere Biathlon-Königin im Sommer auf ihre Teamkolleginnen treffen und sich mit ihnen messen.

Lisa Vittozzi hat in der Saison 2023/24 fast alles abgeräumt.

Lisa Vittozzi hat in der Saison 2023/24 fast alles abgeräumt.


Vittozzi sei so gut drauf wie lange nicht mehr, sagt Inderst. „Sie ist endlich schmerzfrei.“ Doch bis hierhin sei es ein langer Weg gewesen, an dem es einen Wendepunkt gab. „Irgendwann hat sie aufgehört zu hadern, sich mit dem Aus abgefunden. Das war mitten im Winter, seitdem geht es aufwärts“, berichtet Inderst. In Antholz stehen viele Rad- und Laufeinheiten an, nur sporadisch trainiert sie auf Skirollern. „Wir müssen vorsichtig sein“, sagt er. Die Rückenverletzung hatte sich dermaßen ausgeweitet, dass Verspannungen und leichte Schläge gleich zu akuten Problemen führen könnten.

Lisa Vittozzi spult auf dem Rad unzählige Kilometer runter.

Lisa Vittozzi spult auf dem Rad unzählige Kilometer runter.


Indersts neuer Job ist kein einfacher, und dennoch macht er ihm enormen Spaß. „Wer hat schon das Privileg, sich die ganze Zeit mit einer einzigen Athletin, auch noch einer absoluten Spitzenathletin, beschäftigen zu dürfen?“

Der zweifache Familienvater ist viel unterwegs, dennoch versucht er, auch für sich einen Ausgleich zu schaffen. „Das gelingt mir recht gut“, sagt er. Er überlegt kurz und fügt hinzu: „Aber natürlich liegt der Fokus auf Lisa. Das, was wir mit ihr machen, muss passen. Italien setzt auf sie, insbesondere bei Olympia.“ Dann könnte sich in Antholz für Vittozzi und auch für Inderst ein Kreis schließen. Dann, wenn sie wieder ganz oben steht und in altem Glanz mit den Medaillen um die Wette strahlt.

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