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Lisa Vittozzi sieht sich heute als starke Frau, ausgeglichen und ruhig. © Pierre TEYSSOT

Lisa Vittozzis goldener Wandel: „Bin jetzt ein besserer Mensch“

Lisa Vittozzi lag in ihrem Sportlerleben am Boden, viele hatten sie bereits abgeschrieben. Doch mit einer großen Veränderung hat sie sich wieder hochgearbeitet, hoch zum Biathlon-Olymp, den sie am Dienstagabend in Nove Mesto erklommen hat. Hier gewährt Vittozzi den SportNews-Lesern Einblicke in ihre Gedankenwelt.

Aus Nove Mesto na Morave

Von:
Alexander Foppa

Vor ziemlich genau fünf Jahren bejubelte Lisa Vittozzi in Östersund ihre erste WM-Medaille in einem Einzelrennen. Sie glänzte damals silbern. Nun hat sie die erste aus Gold um den Hals hängen. Im 15-Kilometer-Einzel in Nove Mesto war sie schlichtweg unschlagbar.


Zwischen Östersund un Nove Mesto liegen ein Olympia-Bronze, weitere WM-Medaillen und Weltcupsiege. Vor allem liegt dazwischen aber auch ein großes schwarzes Loch, in das die junge Lisa Vittozzi mit den ersten Misserfolgen gefallen ist. Sie setzte Schüsse serienweise neben das Ziel, lief in der Loipe hinterher, vergoss im Ziel bittere Tränen. Trainer und Weggefährten waren ratlos. „Doch das habe ich alles hinter mir gelassen“, sagte die heute 29-Jährige am Dienstagabend im Gespräch mit SportNews.

„Aus Druck wurde Leidenschaft.“ Lisa Vittozzi

Sie verriet auch, wie sie die Krise überwunden hat. „Es war ein Lebenswandel. Ich habe vieles, fast alles verändert. Vor allem aber habe ich gelernt, auf mein Inneres zu hören. Mit Hilfe von außen bin ich tief in mich gekehrt, habe wochen-, ja monatelang versucht meine Gedanken und Emotionen zu verstehen. Jetzt fühle ich mich sehr ausgeglichen, im Kopf richtig stark. Ich lebe den Biathlonsport nun ganz anders. Aus Druck wurde Leidenschaft.“ Dann legte sie im Interview im Pressezentrum der WM-Arena eine Pause ein, blickte nachdenklich zur Seite und fügte hinzu: „Dadurch bin ich eine bessere Athletin geworden, aber auch ein besserer Mensch.“

Vittozzi fühle jetzt anders, weniger intensiv. Sie durchlebt keine Berg- und Talfahrten mehr. „Der Nachteil ist, dass mich Momente wie diese zunächst relativ kalt lassen. Das kommt alles erst später“, schmunzelte sie, während eine Hand die Goldmedaille auf ihrer Brust festhielt. „Ich bin ausgeglichener und im Rennen ruhiger.“

Aus Schreckmoment wird Schlüsselmoment

Diese Ruhe hat Vittozzi auch geholfen, einen frühen Schreckmoment im WM-Einzel wegzustecken. Gleich beim ersten von insgesamt 20 Schüssen wollte die Patrone nicht richtig ins Gewehr. Die erfahrene Biathletin aus dem Friaul musste nochmal das Kinn von der Halterung nehmen, die festklemmende Patrone rausziehen. Sie verlor gut 15 Sekunden, ehe endlich der erste Schuss Richtung Zielscheibe flog. „Ich habe den Kopf ausgeschaltet, bin ganz ruhig geblieben – und habe alle Scheiben getroffen. Das war der Schlüsselmoment. Danach war ich richtig on fire“, strahlte Vittozzi.

Das Interview war damit eigentlich beendet, das Mikro bereits aus, als Vittozzi nochmal kehrt machte und höflich um eine Ergänzung bat. „Ich widme diese Medaille meinem Team. Das ist mir wichtig. Die Trainer haben dazu beigetragen, dass ich mich wiederfinden konnte. Sie haben mir am Schießstand Ruhe gegeben. Meine Teamkolleginnen haben einen großen Anteil und auch die Serviceleute, sie haben uns in den letzten Rennen grandiose Skier zur Verfügung gestellt.“

Mit diesen grandiosen Skiern wird Lisa Vittozzi ihre Medaillenjagd am Donnerstag fortsetzen. Dann wird sie entweder mit Tommaso Giacomel oder Lukas Hofer in der Single-Mixed-Staffel antreten – und neuerlich zum Kreis der Podiumsanwärterinnen zählen.



Hier lesen Sie alle News zur Biathlon-WM 2024.

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