Sorgenkinder, Talente & Co: Das sagt der neue Biathlon-Chef

Herr Höllrigl, wie sind Sie zu diesem Job gekommen?

Klaus Höllrigl: &bdquo;Mein Vorgänger Fabrizio Curtaz hatte schon vor der letzten Saison gesagt, dass er aufhören wird. Wir haben uns natürlich Gedanken gemacht, wer der Nachfolger werden könnte, aber auf einen echten Wunschkandidaten sind wir nicht gekommen. Bei Olympia hat Curtaz mich gefragt, ob ich es nicht machen möchte. Er meinte, ich sei der richtige Mann für diese Aufgabe. Am Anfang habe ich abgelehnt. Er hat aber nicht locker gelassen und mein Interesse geweckt. Irgendwann habe ich gesagt, ich kann es mir vorstellen, wenn ich die Entscheidungen treffen kann und nicht andere mir sagen, was ich zu tun habe. Das hat mir der Präsident zugesichert, da habe ich zugesagt.“

Nun machen Sie als Biathlonchef ja nicht mehr die Trainingsarbeit. Was genau sind Ihre Aufgaben?

&bdquo;Natürlich gehe ich noch mit auf das Trainingsgelände. Aber ich greife nicht in die Arbeit der Trainer ein. Meine Aufgabe ist es jetzt, mich um den gesamten Biathlonsport in Italien zu kümmern, angefangen vom Luftdruckbereich bis hinauf zum Weltcup. Alle strategischen Entscheidungen gehen über meinen Tisch. Ich stelle die Mannschaften zusammen, ich stelle das Trainer-Team zusammen, ich kümmere mich um die Beziehungen zum Internationalen Verband, einfach um alles, was in Italien mit Biathlon zu tun hat.“

„Der Fokus ist eindeutig auf 2026 gerichtet.“ Klaus Höllrigl

Es stehen besondere 4 Jahre bevor, denn 2026 gibt es die Winterspiele in Antholz. Wird jetzt schon darauf hingearbeitet oder ist das noch zu weit weg?

&bdquo;Diese Spiele im eigenen Land haben schon einmal den positiven Effekt, dass wir mehr finanzielle Mittel haben als vorher. Und wir haben ein Projekt in Angriff genommen mit einer jungen Mannschaft, die 2026 im besten Biathlon-Alter ist. Der Fokus ist eindeutig auf 2026 gerichtet.“

Linda Zingerle gehört zu den großen Talenten. © IBU / Evgeny Tumashov

Und wird dieser jungen Mannschaft jetzt die Zeit gegeben, langsam zu wachsen?

&bdquo;Der interne Konkurrenzkampf ist schon da, denn wir haben viele junge Athleten mit Potenzial. Wir haben jetzt bei Frauen und Männern ein relativ großes Team. Der Plan ist, zwei Jahre vor Olympia die Besten in einem kleineren Kader gezielt auf Olympia vorzubereiten. Das bedeutet freilich nicht, dass nicht auch andere sich für Olympia qualifizieren können. Aber natürlich geben wir den Jungen jetzt Zeit und erwarten nicht gleich Top-Leistungen im Weltcup.“

„Wir haben wohl noch nie so viele Talente gehabt.“ Klaus Höllrigl

Lassen die Erfolge im Jugendbereich auf eine glorreiche Zukunft hoffen?

&bdquo;Viele Nationen, auch die Top-Nationen, wären froh, wenn sie beim Nachwuchs so gut aufgestellt wären. Wir haben wohl noch nie so viele Talente gehabt. Es liegt jetzt an uns, dass sie die letzte Schritte machen. Ich hoffe, dass der interne Konkurrenzkampf auch einen zusätzlichen Reiz schafft.“

Was sagen Sie zur Entscheidung von Lukas Hofer, einen Großteil des Trainings mit dem schwedischen Team zu absolvieren?

&bdquo;Luki ist zu mir gekommen und hat mir diese Idee mitgeteilt. Wir haben ein paar Gespräche geführt, und ich habe schnell verstanden, dass es da nur Gewinner gibt. Luki ist jetzt sehr lange in unserem System drin und braucht neue Reize. Gleichzeitig ist er für unsere jungen Athleten ein riesiges Vorbild, und sie haben sich viel von ihm abgeschaut. Aber irgendwann kommt der Zeitpunkt, wo sie beginnen müssen, aus diesem Schatten zu treten und ihr eigenes Biathlon zu entwickeln. Aber einige Trainings macht er ja mit uns mit, und da bleibt er ein wichtiger Bezugspunkt.“

„Lisa Vittozzi hat das Potenzial, Weltcuprennen zu gewinnen.“ Klaus Höllrigl

Nun haben sie auch ein Sorgenkind in der Mannschaft. Das ist Lisa Vittozzi.

&bdquo;Wir wissen, dass Sie es kann und wir müssen sie dahin zurück bringen. Unser neuer Schießtrainer Jonne Kähkönen arbeitet daran, und wir hoffen, dass sie das Problem, das sie im Liegend-Anschlag hat, in den Griff bekommt. Sie ist wichtig für uns, sie ist ja auch vom Alter her die Brücke zwischen Luki und Doro und den Jungen. Sie hat das Potenzial, Weltcuprennen zu gewinnen.“

Waren Sie überrascht vom Rücktritt von Dominik Windisch?

&bdquo;Ich muss sagen, dass ich schon sehr überrascht war, als er mir das gesagt hat. Ich hätte das nicht erwartet. Ich aber sehr froh, dass er unserem Sport als Trainer erhalten bleibt.“

Was erwarten Sie von der nächsten Saison?

&bdquo;Wir haben Luki Hofer und Doro Wierer, die auf dem höchsten Niveau sind, wir haben eine Lisa Vittozzi, die auch dieses Potenzial hat, dann Didier Bionaz und Tommaso Giacomel, die schon in den Top-15 im Weltcup waren, und die sind beide noch sehr jung. Für die anderen ist es wichtig, sich in Richtung Weltcuppunkte zu bewegen oder im IBU Cup ganz vorne dabei zu sein.“

Woher kommt es, dass Italien, das keine große Basis hat, im Biathlon immer so erfolgreich ist?

&bdquo;In den letzten Jahren ist Biathlon sehr gewachsen in Italien. Wir haben jetzt sehr viele Mädchen, die Biathlon machen. Andererseits sind von Leuten wie Fabrizio Curtaz, Andreas Zingerle, Patrick Oberegger oder Alexander Inderst die richtigen Weichen gestellt worden. Das Erfolgsgeheimnis war die Kontinuität. Es waren immer die gleichen Leute am Werk, die klare Ideen hatten und ihren Weg gegangen sind. Das versuche ich fortzusetzen. Natürlich muss man sich auch weiterentwickeln. Wir haben einen ausländischen Trainer geholt, der sich aber sehr gut in unser System integriert hat.“

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