Wenn Biathlon zum Rettungsanker wird

Die Wolfsschlucht. Schauerlich war das immer. Und extrem spannend. Das Motto lautete: Geschwindigkeit ist keine Hexerei. Bis zu 80 km/h wurden schon gemessen bei der rasanten, vierhundert Meter langen Abfahrt auf der Strecke in Oberhof. Absolviert mit Langlaufskiern und einem Gewehr auf dem Rücken war es ein Abenteuer irgendwie. Ja das war es. Vorbei. Es ist Vergangenheit, denn als dann auch mal prominente Athletinnen wie Uschi Disl hier stürzten, wurde eine neue Streckenführung geschaffen.

Die Wolfsschlucht ist Geschichte. Leider. Den Birxsteig hingegen gibt es noch. Fünfhundert Meter geht es bergauf. Die Strecke wird gesäumt von Fans, die in mehreren Reihen die Aktiven frenetisch anfeuern, wie beim Radsport, wie bei der Tour de France. Es ist eine extreme Herausforderung, aber auch ein Erlebnis, wie Biathletinnen und Biathleten immer wieder bestätigen. Sie hassen ihn, den Birxsteig, aber sie lieben ihn auch, denn nirgendwo sonst sind die Zuschauer näher dran. Normalerweise. In diesem Jahr freilich werden die Sportler dort alleine gelassen, denn auch der Weltcup in Oberhof, der am kommenden Freitag beginnt, findet ohne Zuschauer statt. Jetzt wird die Kletterpartie doppelt hart. Biathlon sorgt für Auslastung in Hotels Zumindest an der Strecke selbst wird niemand sein. In der Stadt selbst und auf den Wanderwegen am Rennsteig rund um das Stadion sieht es möglicherweise anders aus, wie der vergangene Sonntag gezeigt hat, als auf Bürgersteigen und Feuerwehrzufahrten Tausende von Autos parkten. &bdquo;Wir sind förmlich überrollt worden“, berichtet Rita Reinhardt, der das Hotel &bdquo;Quisisana“ mitten im Ort gehört. &bdquo;Von den Tagestouristen haben wir allerdings nichts“, sagt sie, denn Bewirtung im Restaurant sei ja nicht gestattet.

Zahlreiche Fans neben der Loipe: Das wird es heuer nicht geben. © AFP / TOBIAS SCHWARZ

Dagegen scheint der Biathlon-Weltcup ein Rettungsanker zu sein, auch wenn die üblichen Stammgäste fehlen. In ihrem Traditionshaus mit großer und zum Teil auch leidvoller Geschichte (1950 wurde Oberhof evakuiert, das Hotel ihrer Urgroßeltern wurde verstaatlicht und erst 1993 wurde das Haus der Erbengemeinschaft rückübertragen) quartieren sich jetzt jene ein, die dafür sorgen, dass der Weltcup funktioniert. Die Südtiroler der Firma &bdquo;Siwidata“ aus Meran, die für die Zeitmessung sorgen, sind eingezogen. Auch Dopingkontrolleure sind da und Angestellte der verschiedenen Skifirmen. Ein Athlet pro Zimmer Der Biathlon-Tross sorgt also für eine gewisse Auslastung, wobei Rita Reinhardt alle Zimmer nur mit jeweils einem Gast belegen darf. So steht das in den Hygienevorschriften. Gejammert wird nicht. Im Gegenteil. &bdquo;Wir sind froh, dass diese Veranstaltung bei uns durchgeführt wird“, meint sie und sieht zudem noch einen positiven Nebeneffekt durch den neuen Terminplan &bdquo;Alle, die jetzt bei uns wohnen, bleiben ja vierzehn Tage hier.“ Es sind mehr als zweihundert Aktive, die untergebracht werden müssen, verteilt auf die vielen Hotels in Oberhof. Und Trainer oder Physiotherapeuten haben auch Anspruch auf eine Daunendecke.

Nur die deutsche Mannschaft sorgt nicht für etwas wirtschaftlichen Aufschwung in diesen mageren Zeiten für den Tourismus. Der gesamte Tross wohnt nämlich in der Kaserne am Rennsteig und wird dort auch verpflegt. Das war schon immer so, zumal das ja auch die Unterkunft der Sportfördergruppe ist. Zudem ist es äußerst praktisch, weil man bequem zu Fuß von der Unterkunft zum Stadion marschieren kann. Und diesmal sogar unbehelligt von vielen Fans, denn auch das Hüttendorf mit Glühweinständen und der unverschämt guten Thüringer Bratwurst fehlen natürlich in diesen Tagen. Und das ist mit der größte Verlust in diesen Corona-Zeiten.

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