„Als ich schwanger wurde, musste ich das Weite suchen“

Wäre alles nach Sandra Gasparinis Plan verlaufen, dann würde sie dieser Tage in einem Luxus-Hotel irgendwo in Miami oder Hongkong als Personaltrainerin die Reichen und Schönen auf Vordermann bringen. Doch das Leben schreibt eben seine eigenen Geschichten. Und deshalb sitzt die 30-jährige ehemalige Profi-Sportlerin gerade zu Hause im beschaulichen Unterackern bei Sterzing, als s+ sie telefonisch erreicht. Immer bei ihr, auch während des Telefongesprächs: Die kleine Elliana, die Gasparini im Mai vergangenen Jahres auf die Welt gebracht hat und seitdem ihr größter Schatz ist. &bdquo;Seit Elliana da ist, bin ich ruhiger geworden“, meint Gasparini, die so auch auf die letzten Monate und Jahre anspielt, in denen sie &bdquo;in der Weltgeschichte umherreiste“ und aufregende Zeiten erlebte. Von der Rodelbahn in die Wüstenstadt Begonnen hat alles 2014, als sich Gasparini im zarten Alter von 24 Jahren entschieden hat, ihre Karriere als Profi-Rennrodlerin zu beenden. Für manch einen mag dieser frühe Rücktritt verwunderlich gewesen sein, immerhin war Gasparini talentiert in dem, was sie machte. Zwar hatte die Wipptalerin zum Ende ihrer Laufbahn hin immer wieder mit Rückschlägen zu kämpfen, auf der anderen Seite war sie aber doch schon mit 17 Jahren Vize-Weltmeisterin in der Staffel, hat an 2 Olympischen Spielen teilgenommen und nebenbei auch einige Top-10-Plätze im Weltcup errungen. &bdquo;Für mich war es absolut die richtige Entscheidung. Noch so ein Jahr wollte ich nicht. Es war mir einfach zu viel Zeitaufwand“, so Gasparini, die auch einige Differenzen mit den Trainern hatte und so ihr Profi-Dasein hinter sich ließ.

Gasparini war eine talentierte Rennrodlerin und nahm 2 Mal an Olympia teil. © APA/epa / TOBIAS HASE

Was also nun? Bereits während ihrer aktiven Karriere hat Gasparini eine Ausbildung zur Fitnesstrainerin gemacht. Denn der Sport war nach wie vor das bestimmende Thema in ihrem Leben. In diesem Grundsatz wurde die junge Südtirolerin in den folgenden Jahren immer mehr bestärkt, unter anderem auch dann, als sie sich im Unternehmen ihres Vaters versuchte. Doch in einem Büro &bdquo;eingesperrt“ zu sein, das war nicht das, was sich die Wipptalerin von ihrem Leben erwartet. &bdquo;Als meine damalige Beziehung dann auch noch unschön zu Ende ging, wusste ich: Ich muss weg von hier.“ Alkohol nur mit Ausweis Die Wahl fiel schließlich auf Dubai – auch, weil es hier vergleichsweise einfach ist, ein Visum zu bekommen. 2018 nahm sie dieses Abenteuer schließlich in Angriff und landete schon bald im Luxus-Hotel Mandarin Oriental, wo eine Nacht rund 1000 Euro kostet – mindestens. &bdquo;Ich arbeitete dort als Personaltrainerin. Als ich den Fitnessraum in diesem Hotel gesehen habe, war ich einfach nur baff. Über 450 Quadratmeter groß, die neuesten Geräte, zudem ein Ausblick aufs Meer – einfach nur wow.“ In jener Zeit ist Gasparini ihre frühere Sportlerkarriere sehr zugute gekommen. &bdquo;In Dubai geht es ziemlich viel nach Rang. Den Leuten ist es beispielsweise wichtig zu sagen, dass ihre Personaltrainerin bei den Olympischen Spielen war.“

Die Wipptalerin arbeitete in Dubai als Personaltrainerin. © privat

Auch ansonsten ist das Leben in der Wüstenstadt anders als in Europa. &bdquo;Bei Alkohol sind die Regeln streng. Man braucht einen Ausweis des Arbeitgebers, um ein Glas Wein trinken zu dürfen. Zudem ist das Leben sehr kostspielig. Die Lamborghinis und Bugattis fallen einem nach einem Jahr gar nicht mehr auf – die sind einfach normal“, muss Gasparini schmunzeln. Ungewollt schwanger – das ist in Dubai gefährlich In Dubai lernte Gasparini auch ihren Freund Victor kennen. &bdquo;Er ist Brasilianer und hat in Dubai als Ausbilder beim Militär gearbeitet“, so die 30-Jährige. Allerdings wollten die beiden nicht auf ewig in der Wüstenstadt bleiben. &bdquo;Im Sommer hat es hier 45, 50 Grad Celsius. Da kannst du praktisch nicht ins Freie gehen. Ich brauche aber Freiheiten, deshalb habe ich um eine Versetzung nach Miami oder Hongkong angesucht. 2020 hätte ich wechseln sollen, doch dazu kam es nicht.“ &bdquo;Die Konsequenzen? Mich als Mami hätten sie eingesperrt und das Kind würden sie mir wegnehmen.“ Sandra Gasparini Gasparini wurde nämlich ungewollt schwanger – &bdquo;und das ist in Dubai eine gefährliche Sache. Ein Kind vor der Ehe bzw. überhaupt Geschlechtsverkehr vor der Ehe ist hier nicht geduldet. Die Konsequenzen? Mich als Mami hätten sie eingesperrt und das Kind wäre mir weggenommen worden. Was mit dem Baby dann passiert wäre, weiß niemand so recht. Es gibt auch mehrere Fälle, in denen man nicht weiß, was mit den Mamis schlussendlich geschehen ist. Deshalb musste ich das Weite suchen.“ Nach Ablauf des Kündigungsmonats ist Gasparini also nach Sterzing zurückgereist. Das war im November 2019, im Mai 2020 kam schließlich die kleine Elliana zur Welt. Corona sorgt für Schwierigkeiten Die Familiengründung verläuft aber mit Hindernissen. &bdquo;Victor ist derweilen nach Brasilien zurück und wollte eigentlich im Frühjahr 2020 zu uns nachreisen. Doch dann ist Corona gekommen – und es ist ein Ding der Unmöglichkeit, dass er eine Einreisegenehmigung erhält. Er hat sein Kind also noch nie live gesehen“, bedauert Gasparini, die auf eine baldige Besserung der Situation hofft.

Pläne für ihre persönliche Zukunft hat die ehemalige Rodlerin jedenfalls schon geschmiedet. &bdquo;Ich werde bald in die Selbstständigkeit starten. Während der Schwangerschaft habe ich herausgefunden, dass schwangere Frauen nicht richtig unterstützt werden. Deshalb möchte ich den Frauen in dieser Situation, aber auch all jenen, die in ihrem Leben etwas verändern wollen, helfen – auch mit Personaltraining. Dafür habe ich schon ein Konzept ausgearbeitet und werde bald starten.“ Vorwiegend wird Gasparini hierfür in Südtirol bleiben. Der Kreis nach den aufregenden Jahren scheint sich also so langsam zu schließen.

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