Abschied und Abrechnung: Greta Pinggera sagt „Servus“

Von Greta Pinggera

Die Zeit ist gekommen, eine Seite in meinem Leben weiterzublättern und ein Kapitel zu schließen, welches wohl für immer eines der prägendsten und schönsten für mich bleiben wird.

Vor 10 Jahren kam ich in die Nationalmannschaft und arbeitete mich schon bald an die Spitze des Weltcups. Mit viel Ehrgeiz, Willensstärke und großem Kampfgeist pushten wir uns gegenseitig immer weiter nach oben. Wir hatten ein Ziel. Wir wollten hoch hinaus, eigentlich viel höher als es unser Verband uns erlaubte. Ich hatte das Glück, mit einer Generation von großen Kämpfern gemeinsam zu wachsen: Danke Evelin, Patrick, Florian und Alex, dass wir nicht nur für unsere persönlichen Erfolge, sondern auch für unsere größte Passion gemeinsam gekämpft haben.

800 Euro für einen Weltcupsieg Warum ist Naturbahnrodeln nicht olympisch? Unser Verband FIL (Federation International de Luge) besteht aus Kunstbahnrodeln und Naturbahnrodeln. Na gut, eigentlich besteht der Verband aus Kunstbahnrodeln und einer weiteren Disziplin, die man ein bisschen 'füttern' muss, damit sie nicht stirbt. Sterben darf sie dann nämlich doch nicht, denn ein Kriterium des IOC (internationales Olympisches Komitee) ist, dass man zum Breitensport eine Verbindung haben und für Nachhaltigkeit stehen sollte. Naturbahnrodeln ist kostengünstig und der Natur so nahe wie kaum eine andere Wintersportart. Wir bekommen 800 Euro für einen Weltcupsieg, trainieren aber, sofern es der Tagesablauf im normalen Berufsleben zulässt, nicht viel weniger als Profis.

Sie prägten die letzten Jahre im Naturbahnrodelsport: Greta Pinggera (links) und Evelin Lanthaler. © Foto Hermann Sobe / Sobe Hermann

Italien hat 2019 die Zusage für die Austragung der Olympischen Winterspiele 2026 bekommen. Das Land Südtirol und eine Kommission von Fachleuten forderten, dass die FIL erneut einen Antrag an das IOC stellt für eine Aufnahme des Naturbahnrodelns ins olympische Programm. Die Erwartungen waren hoch, wir bekamen durchwegs positive Rückmeldungen. Im Oktober 2021 reisten die Komissionsmitglieder nach Salzburg zum Kongress, bei welchem der offizielle Antrag an das IOC gestellt werden sollte.

Alles war für die Katz Am Vorabend (!) der Kongresssitzung dann die ernüchternde Mitteilung der FIL-Exekutive: Man würde den Antrag nun doch nicht stellen, da seitens des IOC die Aufnahme des Naturbahnrodelns nicht mehr erwünscht sei. Stattdessen wolle man sich bemühen, den Damen-Doppelsitzer auf Kunstbahn ins olympische Programm aufzunehmen.

Uns stockte der Atem: Mit dieser Nacht-und-Nebel-Aktion waren alle Bemühungen wieder für die Katz gewesen. Dabei standen die Chancen so gut wie noch nie. Aber weil die FIL mit ihrer Entscheidung bis '5 vor 12' zuwartete, hatten die Naturbahnvertreter keine Möglichkeit mehr, sich zu wehren.

Im darauffolgenden Sommer wurde der Damen-Doppelsitzer auf Kunstbahn als olympische Disziplin anerkannt. Das ist zwar richtig im Sinne der Geschlechtergleichheit, doch wahr ist auch, dass dieses Kriterium auch mit der Aufnahme des Naturbahnrodelns hätte erfüllt werden können. Der Damen-Doppelsitzer im Kunstbahnrodeln hat vor der Aufnahme ins Olympia-Programm überhaupt nicht existiert.

Keine Konkurrenz, sondern eine Chance Ich will keinesfalls meine Kollegen von der Kunstbahn angreifen oder gar deren Leistungen schmälern. Im Gegenteil – wir Athleten von der Naturbahn und der Kunstbahn pflegen ein freundschaftliches Verhältnis untereinander.

Das Sportlerherz in mir schlägt noch immer für den Speed auf der Rodel, für sportliche Erfolge, nicht aber für die Sportpolitik, bei der der Sport selbst oft nur mehr eine Nebensache ist. Ich weiß nicht, ob der Eiskanal überhaupt noch eine Zukunft hat. Gerade deshalb sollte Naturbahnrodeln als Chance anstatt als Konkurrenz gesehen werden.

Was bleibt, sind die schönen Momente und Erinnerungen und meine endlose Liebe zu diesem Sport. Danke an alle, die mich auf diesem Weg begleitet haben.

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