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So einzigartig wie das Matterhorn ist auch die Diskussion, die das anstehende Skirennen begleitet. © T. Stoiber

Ärger unterm Matterhorn: Wie viel Sinn hat dieser Weltcup?

Wahnsinns-Geschwindigkeiten auf zwei Brettern in 3800 Metern Meereshöhe. Und das auch noch auf einer Piste, die durch zwei Länder führt. Der Ski-Weltcup in Zermatt und Cervinia soll ein einziges Spektakel werden. Zugleich ist er so umstritten, wie kein anderes Event im Wintersport.

Mit einer Geschwindigkeit von 135 Kilometern pro Stunde werden sich die alpinen Ski-Stars die „Gran Becca“ hinunterstürzen. Der Start auf rund 3800 Metern ist der höchste im Weltcup. Die Strecke über 3,7 Kilometer von Zermatt in der Schweiz nach Cervinia in Italien ist die erste, die durch gleich zwei Länder führt. Doch das neue Prestige-Projekt des Skiweltverbands (FIS) startet nicht nur ein Jahr später als geplant, sondern auch begleitet von gewaltigen Diskussionen.


Ums Klima, um Nachhaltigkeit, um den Rennkalender – es geht wieder mal um Vieles, aber – wie inzwischen so oft – kaum noch um den Sport selbst. Womöglich machen der erwartete Neuschnee und Wind den Veranstaltern bis zum Wochenende ohnehin noch einen Strich durch die Rechnung. Vorige Saison fiel die Premiere aus, weil zu wenig Schnee fiel. Eine erneute Absage wäre PR-technisch gesehen ein Fiasko.

„Es ist eines der nachhaltigsten Skirennen überhaupt“ OK-Chef Franz Julen

Nicht wenige Protagonisten der alpinen Ski-Szene fühlen sich längst als Spielball – zwischen Klimaaktivisten, Naturschützern, Politikern, Tourismusverbänden und nicht zuletzt dem eigenen Weltverband geht es hin und her. Die Gletscher schmelzen und der Wintersport gerät zunehmend unter das Brennglas.

Die neuen Rennen am Matterhorn würden zeigen, dass bei der heimischen Regierung „die touristische Entwicklung weiterhin Vorrang vor dem Erhalt unserer Umwelt hat“, beklagten die Grünen des Kantons Wallis kürzlich. Bilder von Baggerarbeiten auf dem Theodulgletscher hatten für Empörung gesorgt. Greenpeace Schweiz und andere Naturschutzorganisationen äußerten den Verdacht, dass die Arbeiten teils außerhalb der zugelassenen Sportzone stattfinden. Die Baukommission des Kantons stoppte die Arbeiten.

An der Piste wurde lange geschaufelt und gebaggert. © www.picturedesk.com / JEAN-CHRISTOPHE BOTT


Ein kleiner Teil der ursprünglich geplanten Piste lag außerhalb der für den Skisport erlaubten Zone. Die Veranstalter korrigierten die Streckenführung und entschuldigten sich. „Wenn wir uns da minimal neben der Grenze bewegt haben, dann – noch mal – wir entschuldigen uns, es war nie unsere Absicht“, sagte Organisationschef Franz Julen im Schweizer Fernsehen. Für ihn ist die Matterhorn-Abfahrt „eines der nachhaltigsten Skirennen überhaupt“. 95 Prozent der Pistenfläche würden bereits bestehen, argumentiert er. Es werde überwiegend auf Gletschern und Naturschnee gefahren.

Sport ist Nebensache

Doch auch der Termin der Rennen ist umstritten. Eine Woche nach den Herren sind die Damen dran. Warum schon im November und nicht erst im Spätwinter, fragen sich viele. In Zermatt selbst scheint man an einer Verlegung des Events allerdings genauso wenig interessiert wie in Sölden, wo die Saison am letzten Oktober-Wochenende eröffnet wurde. In beiden Regionen soll mithilfe der Weltcup-Rennen der Skitourismus angekurbelt werden. Selbst Fis-Präsident Johan Eliasch plädierte kürzlich überraschend dafür, den Auftakt in Sölden noch weiter nach hinten zu verschieben. Was im aktuellen Kalender wegen der neuen Matterhorn-Rennen aber eben gar nicht geht. Die Lage ist verzwickt. Und der Sport weiter Nebensache.

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Kommentare (1)

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Hermann Zanier

Der Sport ist Nebensache, weil sich die üblichen Lobbys einmischen. Man kann aber ruhig auch den Sport in den Mittelpunkt rücken oder auch von nichts anderem sprechen.
Die Geschwindigkeit von 135 km/h wird als horrend dargestellt: wenn es die Spitze ist, wäre es eine der langsamsten Strecken. Als Mittelwert wäre es schon doll, aber es kommt auf die Streckenpräparierung an. Vor allem werden die Österreicher meckern.

08.11.2023 14:25

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