Anna Katrina Egger: “Ich bin die ‘Mama’ von Body Miller, Ted Ligety & Co.”

SportNews.bz: Anna Katrina, wie kommt man zum US-Skiteam? Anna Katrina Egger: Ich habe in Bruneck Tourismus-Management studiert und im dritten Jahr ist ein Praktikum Pflicht. Zwar komme ich vom Snowboard und bin vorher nie auf Skiern gestanden, doch die Skirennen haben mich schon seit meiner Kindheit interessiert. So habe ich mich bei allen Weltcupveranstaltern gemeldet und Beaver Creek hat sich sofort bei mir gemeldet und mich als Praktikantin angenommen.

Und dann kam das Angebot vom US-Team? Nein, nein. Ich bin nach dem Praktikum im darauffolgenden Jahr noch einmal als Volunteer nach Beaver Creek und in dieser Zeit habe ich die Leute im amerikanischen Team besser kennengelernt. Beim Weltcupfinale 2008 in Bormio hat mich der damalige Cheftrainer angehaut, ob ich denn einen Job bräuchte – zwei Wochen später saß ich im Flieger in die USA. Als ich im Flugzeug saß, war ich schon sehr gespannt, was mich erwarten würde.

Was machst du beim US-Skiteam genau? Ich bin Team Manager und der Hauptaugenmerk meiner Arbeit liegt auf der logistischen Organisation. Ich buche Flüge und Hotels, melde die Athleten bei den verschiedenen Rennen an, stehe in ständigem Kontakt mit der amerikanischen Antidopinggesellschaft. Ich bin die Mama für alle. (lacht)

Ist dein Job eine Ganzjahresstelle? Ja. Im Frühling fange ich mit der Organisation von den Trainingscamps an, heuer waren die Athleten in Kalifornien, Neuseeland, Chile, Sölden und im US-Leistungszentrum in Park City. Außerdem habe ich heuer im Sommer zum Beispiel alle Vorbereitungen für die WM in Garmisch getroffen, 2009 habe ich mich mit der Organisation für die Olympischen Spiele beschäftigt. Und dann beginnt meistens eh schon die Saison.

Und dann geht es ziemlich hektisch zu? Ja, sobald es in die neue Saison geht ist es sehr hektisch. Dann werde ich mit Anfragen und Wünschen überhäuft und es kann sein, dass ich am Morgen schon Mal 100 unbeantwortete E-Mails in meiner Box vorfinde.

Bist du bei jedem Weltcuprennen dabei? Nein. Ich bin meistens in Park City stationiert. Von den Europarennen mache ich Gröden, Alta Badia, manchmal Bormio, Kitzbühel, Schladming und die Großereignisse mit. Ich bin dann zum Teil mit dem Speed-Team unterwegs, zum Teil mit den Technikern. Meistens suche ich mir Weltcuporte aus, wo ich auf beide Gruppen treffe.

Wann beginnt dein Arbeitstag? In Europa eigentlich relativ spät, so gegen acht Uhr in der Früh. In Beaver Creek beginnt er um sechs und endet um ein Uhr in der Nacht. Ich stehe auf, frühstücke und beantworte die ersten Mails. Dann gehe ich auf die Piste und gebe den Trainern im Ziel die Zeiten der Athleten durch. Nach dem Mittagessen geht es im Hotel weiter. Dann beantworte ich weiter E-Mails und erledige andere organisatorische Aufgaben, wie zur Zeit die Nennungen oder die Zimmerbestellungen für Kitzbühel. Am späten Nachmittag ist dann das Team-Captains-Meeting, dann ein Team-Meeting und dann ist der Tag sowieso schon wieder zu Ende.

Wenn die Athleten irgend etwas brauchen, dann kommen sie zu dir? Ja genau. Außer wenn es sich um etwas medizinisches handelt, dann sind natürlich unsere Ärzte für sie da. Aber ansonsten bin ich ihre Ansprechperson.

Gibt es kuriose und ausgefallene Wünsche? Nein, eigentlich nicht. Es sind so kleinere Gefallen und Besorgungen, oder dass man den Familien der Athleten erklärt wie sie am besten einen Weltcuport in Europa erreichen. Ganz normale Anfragen also.

Wie ist denn die Stimmung in eurem Team? Super. Bei uns geht es ziemlich locker zu. Die Athleten behandeln mich mit sehr viel Respekt, aber ich würde sogar sagen, dass ich die meisten zu meinen Freunden zählen kann.

Wie ist es mit den Athleten so eng zusammen zu arbeiten? Ich finde es sehr faszinierend.

Warum? Die Sportler geben alles, um ihren Traum leben zu können. Die amerikanischen und kanadischen Athleten sind fast das ganze Jahr nicht zu Hause, ständig bei Rennen, in Trainingslagern. Sie nehmen also viele Bürden auf, um diesen schönen, aber eben auch mit vielen Bürden verbundenen Beruf, auszuüben. Und dann ist jeder Athlet einzigartig und völlig anders als der andere, das fasziniert mich eben.

Und wie ist das für dich? Du lebst schließlich auch die meiste Zeit weit weg von zu Hause… Logisch vermisse ich mein zu Hause. Aber mir gefällt mein Job und es ist ein tolles Abenteuer. Und ich werde diese Arbeit auch nicht für immer machen, sondern eben so lange ich jung bin. Und irgendwann werde ich dann schon wieder nach Hause kommen (lacht). Aber ich bin eh relativ viel in Südtirol. Ich bin im Sommer einen Monat zu Hause, zu Weihnachten ein paar Tage und auch sonst versuche ich im Winter dann noch einmal nach Eppan kommen zu können.

Welche Weltcupstation gefällt dir persönlich am besten? Ich freue mich auf Schladming. Dort wohnen wir in einem Hotel mitten im Wald, ganz abgeschieden in völliger Ruhe – und das wenige Tage nach Kitzbühel, wo wir mitten im Zentrum leben und fast rund um die Uhr Partystimmung herrscht. Auf diese Stille und Abgeschiedenheit freue ich mich am meisten.

Hast du Kontakt zu den anderen Südtirolern im Weltcupzirkus? Ja, klar! Der Weltcuptross ist schon so eine Art große Familie und man kennt eigentlich fast jeden. Und zu den Südtirolern habe ich einen besonders guten Draht.

Wie findest du es in Amerika zu leben? Es ist das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. In Park City bin ich mitten in den Bergen. Wenn ich das Auto nehme und zwei Stunden fahre, dann bin ich plötzlich in der Wüste. Du kannst einfach alles haben, nichts ist Unmöglich. Das unterscheidet es von Europa.

Und die Amerikaner? Sie sind alle sehr offen und man hat gleich einen Draht zu ihnen. Sie sind sehr gastfreundlich. Aber Amerikaner sind sehr oberflächlich. Tiefere Freundschaften konnte ich – außer mit den Athleten – fast keine schließen. Das liegt vielleicht daran, dass die meisten Amerikaner nach wenigen Jahren immer wieder umziehen. In Südtirol habe ich wenige, aber richtige Freunde. Hier tut man sich vielleicht am Anfang ein wenig schwerer.

Wie lange wirst du diesen Job noch machen? Eigentlich wollte ich nach den Olympischen Spielen in Vancouver aufhören, aber ich bin immer noch dabei und werde es auch sein, solange mir die Arbeit Spaß macht.

Hannes Kröss für SportNews.bz aus Gröden

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