Dominik Paris träumt von Jannik Sinner

Die ersten Schwünge sind getätigt. Weit oben, auf über 3000 Metern einmal links, einmal rechts. Riesenslalom. Der Aufschrei von Felix Neureuther, der sich neuerdings dafür stark macht, die Gletscherrennen aus Umweltschutzgründen nicht mehr auszutragen, verhallte in der Bergwelt der Ötztaler Alpen. Nicht mal ein Echo kam zurück. Die Kritik des lange Zeit besten deutschen Skiläufers hätte er mal besser während seiner aktiven Karriere angebracht. Jetzt verstärkt es den Eindruck, dass da einer mit Gewalt seine Popularität am Köcheln halten will. Wir werden auch im nächsten und wohl auch übernächsten Jahr wieder in Sölden Skirennen erleben. Solange der Gletscher noch ein wenig Eisgrundlage zur Verfügung stellt und die Schneekanonen glühen. Minusgrade zur Herstellung der weißen Pracht sind ja längst nicht mehr notwendig. Neue Techniken machen Frau Holle überflüssig. Der momentan einzige Ansatz, der ein solches Rennen in Frage stellt, ist der Zeitpunkt. Denn nun haben die Alpinen wieder vier Wochen Pause. Und es ist, wie es immer gewesen ist. Diejenigen, die vorne liegen, sehen sich in ihrer Trainingsarbeit bestätigt. Diejenigen, die verloren haben, tragen es mit Fassung und erklären gebetsmühlenartig, dass man ja jetzt noch ein paar Wochen Zeit habe, um an den Stellschrauben zu drehen. Die Skiindustrie dürstet nach Umsatz Es war also wie stets. Gute, sportliche Unterhaltung bei zum Glück bestem Wetter. Werbung für den Skiort Sölden und eine große Bühne für die Wintersportindustrie, die nach einem Jahr Zwangspause durch die Pandemie nach Umsatzzahlen dürstet. Da ist jeder Schwung in Zeitlupe willkommen. Auch mitten im Herbst. Schließlich muss und soll der Apparat Skisport wieder Dampf bekommen, vor allem durch den neuen Präsidenten Johan Eliasch. Der schwedisch-britische Geschäftsmann wurde jüngst als Nachfolger von Gianfranco Kasper (Schweiz) zum Präsidenten des Internationalen Skiverbandes (FIS) gewählt. Und der Multimilliardär, der, Stand 2020, zu den reichsten Briten gehört, denkt groß. Immer schon. In all seinen Geschäftstätigkeiten. Zuletzt machte er aus dem insolventen Unternehmen Head N.V. einen der profitabelsten internationalen Sportartikelhersteller. (nach seiner Wahl zum FIS-Präsidenten gab er den Vorsitz auf). In Sölden erläuterte er nun seine Ideen und da horchten alle auf. Vor allem die Aktiven. Er will Dominik Paris, den Abfahrtshelden aus Ulten, an die Preisgeldkategorie von Jannik Sinner aus Sexten heranführen. Bei den US-Open beträgt das Preisgeld über 55 Millionen Dollar. Der Sieger erhält 2,5 Millionen. Bei einem verhältnismäßig kleinen Turnier in Antwerpen hat Sinner jüngst bei seinem Sieg 48.000 Euro erhalten. Das Gesamtpreisgeld für eine komplette Wintersaison beträgt hingegen eher bescheidene 8 Millionen Euro, wobei immerhin die Veranstalter von Kitzbühel erste Zeichen setzen. Für die Sieger beider geplanten Abfahrten und für den Slalom werden jeweils 100.000 Euro bereitgestellt. Es ist ein Anfang. Jannik Sinners weise Entscheidung für Tennis Gegenüber Tennis ist das aber immer noch Armenhaus. Der Pustertaler Tenniscrack Jannik Sinner, der mittlerweile in Monte Carlo wohnt, ist längst Millionär geworden in unglaublich kurzer Zeit. Er war ja mal ein hoffnungsvoller Skifahrer und hat sich dann für Tennis entschieden. Vermutlich hat er diese Entscheidung noch nie bereut. Im Gegenteil, denn er muss ja nicht, wie Paris, bei seinen waghalsigen Abfahrten Leib und Leben riskieren, um das Haushaltsgeld immer wieder aufzufrischen. Er muss auch nicht bei eiskalten Temperaturen den ganzen Tag in einem Skischuh, der einem Schraubstock gleicht, verbringen. Sinner hat, wenn man so will, das große Los gezogen. Jetzt also ist Dominik Paris dran, wenn man den Worten von Johan Eliasch glauben soll. Der Skisport soll auf das Niveau von Tennis gehoben werden, was die Preisgelder betrifft. Ob das für den 32jährigen Super-G-Weltmeister von Are, der 19 Weltcuprennen gewonnen hat, noch greift, ist indes mehr als fraglich. Es ist ein schöner Plan, den der neue FIS-Präsident hat, aber es ist mehr ein Traum, als ein realistisches Szenario. Denn die große Frage, wer das bezahlen soll, schwebt im Raum und im Augenblick wissen alle Beteiligten, dass die finanziellen Grundlagen dem Skisport dafür nicht zur Verfügung stehen. Zudem ist die Grundstruktur gegenüber dem Tennis eine ganz andere. Die Tennisstars sind eigenständige Unternehmer, während die Ski-Elite im engen Korsett ihrer Verbände eingebunden ist mit natürlich auch den Vorteilen, dass die Kosten für Trainer und Training, für Hotels und vieles mehr, von den Verbänden getragen werden. Auch die meist PS-starken Flitzer kommen von Sponsoren. Aber es ist ja zum Glück nur sehr selten der große Leitfaden Geld, der ein großes Talent zu seinem Sport bringt. Es ist die Passion und natürlich die Erkenntnis, dass man in eben diesem Sport die größten persönlichen Erfolgsaussichten sieht. Und oft ist es auch Zufall oder einfach der Lebensweg, und die persönlichen Möglichkeiten, die zu einer Sportart führen. Der eine landet beim Handball, weil der Verein in seinem Ort dort sehr aktiv ist. Andere spielen Volleyball, weil sich dort auch die Freunde tummeln. Oder man kommt zum Skisport oder eben zum Tennis durch die Eltern. Jannik Sinner ist in diesem Fall auch eine Ausnahme, weil er tatsächlich das Talent für zwei Sportarten hat. Und wenn er mal wieder in der Heimat ist, kann er ja auch ein paar Schwünge in den Schnee zaubern. Für sich selbst, nur aus Freude. So wie es eigentlich sein soll und wie es immer irgendwie auch angefangen hat.

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Dominik Paris träumt von Jannik Sinner

Die Ski-Elite träumt von Preisgeldern, wie sie im Tennis üblich sind. Zumindest hat der neue FIS-Präsident Johan Eliasch das angedeutet. Unser Kolumnist Sigi Heinrich ahnt freilich, dass auch Dominik Paris noch lange Geduld haben muss, ehe er in die Regionen von Jannik Sinner kommt.

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