Petra Vlhova & Livio Magoni: Das sagt der Erfolgstrainer

Fakt ist: Die Beziehung des langjährigen Erfolgsduos ist – Stand jetzt – gestört. Ob es sogar zum Bruch, sprich zum vorzeitigen Ende des bis nach Olympia 2022 laufenden Vertrages, kommt, ist nicht auszuschließen.

Die italienische Tageszeitung Corriere della Sera und andere Medien haben am Freitag, 26. März ein Interview mit Livio Magoni veröffentlicht, in dem er seinem Schützling Petra Vlhova vorwarf, &bdquo;Füße wie Bügeleisen“ zu haben. Zudem betonte Magoni, dass &bdquo;Ignoranz“ im Vlhova-Team allgegenwärtig sei und sie sich abseits der Piste nur verschlechtern könne. Da in besagtem Interview einige Passagen nur als Vergleich dienten, aus dem Zusammenhang gerissen wurden und auch nicht für die Veröffentlichung bestimmt waren, machten den Schaden riesengroß. Petra Vlhova verbringt einen Großteil des Winters in Südtirol. In Sterzing hat sie eine Wohnung, von wo aus sie zu den Skirennen und den Trainings anreist. © Pentaphoto

Livio Magoni hält sich ungeachtet des Shitstorms, der über ihn hereingebrochen ist, derzeit noch immer in der Slowakei auf. Bis inklusive heute stehen mit Petra Vlhova in Jasna Skitests an – ungeachtet der unguten Situation. Auch ein Besuch beim slowakischen Ministerpräsidenten Igor Matovic steht noch an, ehe Magoni zurück nach Hause nach Sterzing fährt. Ob weiterhin als Trainer von Petra Vlhova oder nicht, wird sich zeigen. Auf telefonische Anfrage gab sich der 57-Jährige zurückhaltend: &bdquo;Natürlich hat es seit Freitag Gespräche mit Petras Team gegeben, aber ich bin jetzt erstmal in eine Ecke gedrängt worden. Dass ich gewisse Dinge zwar gesagt, sie aber als Vergleich zum besseren Verständnis dienen sollten, nimmt mir niemand ab. Ich stehe jetzt isoliert da. Das ist aber auch verständlich, denn gerade jetzt hat Petra sehr viele Leute um sich. Ob auch Blender dabei sind oder Leute, die auf ihrem Rücken Geld verdienen wollen, kann ich nicht beurteilen. Ich bin seit 5 Jahren ihr Chefcoach, was das Sportliche angeht. Was sie außerhalb der Pisten und Trainingsstätten tut, geht mich nur zweitrangig etwas an.“

Ob Livio Magoni weiterhin der Chefcoach der aktuell besten Skirennfahrerin der Welt bleibt, steht nach den Turbulenzen der letzten Tage nicht fest. &bdquo;Es gibt Pläne, mir die Verantwortung über ihre konditionelle Vorbereitung zu entziehen. Auch was ihr Material (Vlhova fährt Rossignol) angeht, laufen Gespräche, dass dort andere das Sagen haben sollen. Eigentlich ist das mit meinen Grundsätzen nicht vereinbar. Aber wie gesagt: Jetzt geht es darum, dass wir – wenn überhaupt – wieder eine Vertrauensbasis finden. Das wird schwer genug.“ &bdquo;Eigentlich will ich noch bis zum Ende der Olympiasaison 2022 durchziehen.“ Und sonst? &bdquo;Es gibt keinen Plan B“, berichtet Magoni. &bdquo;Eigentlich will ich noch bis zum Ende der Olympiasaison 2022 durchziehen, um dann kürzer zu treten. Ich habe einen 8-jährigen Sohn bei meiner Partnerin in Sterzing, und den sehe ich viel zu selten. Ich will mich dann viel mehr um ihn kümmern, für ihn da sein. Vielleicht ergibt sich ja etwas bei einem Skiklub im Wipptal, bei einem Trainingsprojekt oder in der Sportschule Sterzing.“ Vlhova legte die Speedbasis am Stilfserjoch Livio Magoni ist der Bruder der früheren Slalom-Olympiasiegerin Paoletta Magoni aus Bergamo. Sein jüngerer Bruder Oscar Magoni war Fußballprofi bei Atalanta und bei Napoli. Er kommt aus Selvino bei Bergamo, lebt aber schon seit vielen Jahren in Gasteig in der Gemeinde Ratschings. In der Saison 2012/13 führte er die Slowenin Tina Maze mit 2414 Punkten zu einem unglaublichen Weltcup-Punkterekord. Zum Vergleich: Petra Vlhova genügten heuer bei ihrem Gesamtsieg 1416 – also rund 1000 weniger. Petra Vlhova und Livio Magoni arbeiten seit 2016 zusammen. © Instagram

Wie akribisch Magoni arbeitet, wird auch an Zahlen deutlich: Die Vorbereitung auf die Weltcupsaison 2020/21 begann er mit Petra Vlhova am 5. April 2020 – also mitten in der ersten Welle der Corona-Pandemie. Im Heim-Skigebiet der 25-Jährigen in Jasna wurde 26 Tage ununterbrochen auf Ski trainiert. Dann folgte eine fünfwöchige Skipause, in der Kondition gebolzt wurde. Ab Mitte Juni wurde das Trainingscamp am Stilfser Joch aufgeschlagen. Bis zum 10. September standen dort hauptsächlich die Speed-Disziplinen im Fokus. &bdquo;Karlheinz Tschenett von der Baita Ortler hat uns jeden Wunsch erfüllt, mit seiner Schneekatze Sprünge und Steilkurven gebaut und so die Basis dafür gelegt, dass Petra auch in den Speed-Disziplinen nun zur Weltklasse zählt“, erklärt Magoni. &bdquo;Die Vorbereitung muss bis zum Weltcup-Auftakt abgeschlossen sein, danach gibt es nur mehr vereinzelte Trainingstage.“ Nur Anfang August ging es für 12 Tage in die Skihalle der Snow Arena nach Litauen. Täglich standen 2 Slalomeinheiten zu je 2 Stunden auf dem Programm. &bdquo;Wir fuhren ca. 40 Tore mit 13 bis 14 Läufen pro Einheit, also fast 1000 Tore pro Tag, mal 12 Tage ergibt 12.000 Tore. Da haben wir die Basis für die Slalomtechnik gelegt“, erläutert Magoni. Sein Credo: &bdquo;Die Vorbereitung muss bis zum Weltcup-Auftakt abgeschlossen sein, danach gibt es nur mehr vereinzelte Trainingstage, die andere Zeit geht für Rennen, athletische Erholung und das Hin- und Herreisen drauf.“ 31.890 Slalom-Tore trainiert Um die Anreisen zu den Rennen so kurz als möglich zu halten, hat Vlhova ihr Winter-Camp fix in Sterzing aufgeschlagen. Dort hat sie mit ihrem Team, allen voran ihrem Bruder Boris Vlhva, eine fixe Bleibe. Und nutzt nebenbei die Skigebiete der Umgebung, allen voran in Ladurns, Ratschings, aber auch bis nach Gröden und ins Pustertal. &bdquo;Vor allem in Ladurns haben wir heuer optimal Speed trainieren können, ein Riesendank deswegen an Martin Leitner und August Seidner“, blickt Magoni zurück. Hat sich mit dem Gewinn des Gesamt-Weltcups einen sportlichen Lebenstraum erfüllt: Petra Vlhova. © APA/afp / FABRICE COFFRINI

Insgesamt stand Petra Vlhova zwischen dem 5. April 2020 und dem finalen Weltcup-Tag in Lenzerheide am 21. März 2021 234 Tage auf Skiern, hat 25.500 Riesentorlauf-Tore und 31.890 Slalom-Tore trainiert. Dazu 6500 Super-G Kurven gemacht und 171 Trainingsfahrten auf Abfahrtsskiern. Macht unter dem Strich 3880 Kilometer auf Skiern, 920 Stunden lang. Der Lohn: Dritte in der Slalomwertung, 6. im Riesentorlauf, 8. im Super-G (mit einem 2. Platz in Garmisch-Partenkirchen), 12. in der Abfahrt (mit zwei 4. Plätzen in Crans Montana) – vor allem aber Weltcup-Gesamtsiegerin.

Die Frage ist jetzt: Kann und will Vlhova auf den Antrieb, die Weitsicht, die Raffinesse und das Organisationstalent von Livio Magoni – er ist seit Mai 2016 ihr Trainer – verzichten? Oder rafft sie sich auf, Effekthaschereien gewisser Medien richtig zu interpretieren, zu vergessen, einen Schlussstrich zu ziehen und einen Neuanfang zu wagen? Die nächsten Tage werden es zeigen.

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