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Eine Gondel bringt den Champagner: Auch das ist Méribel. © det

Plötzlich regnet es Champagner: Après-Ski-Wahnsinn im WM-Ort

Courchevel und Méribel sind nicht nur die beiden Austragungsorte der Ski-Weltmeisterschaft, sondern auch Après-Ski-Hochburgen. Wir haben einen Abstecher in die famoseste Hütte gemacht – und dabei Unglaubliches gesehen.

Aus Méribel

Von:
Thomas Debelyak

„Warst du schon oben?“ Das ist eine Frage, die ich seit meiner Ankunft bei der Ski-WM immer wieder Mal gestellt bekam. „Oben“, das ist in diesem Fall das La Folie Douce, eine Après-Ski-Hütte, die nicht nur in Méribel, sondern weit darüber hinaus famos ist. Ich recherchiere ein bisschen und bekomme ständig den Satz zu lesen: Wer in Méribel ist, der darf sich das keinesfalls entgehen lassen. Die Preise sollen zwar gesalzen, ja fast schon dekadent sein, das Publikum aus dem Schicki-Micki- und Bussi-Bussi-Milieu stammen. Aber die Party, die ist legendär. Davon muss ich mich überzeugen.


Es geht also los. In einer dieser markant schwarzen Kabinen des Saulire Express, einer Gondelbahn unmittelbar neben dem Zielgelände in Méribel, nehme ich Platz und schwebe nach oben. Das atemberaubende Panorama und die stoische Ruhe in der Kabine stehen im krassen Kontrast zu dem, was ich gleich erleben werde. Aber erst einmal heißt es an der Mittelstation auf zirka 2100 Metern Höhe: Aussteigen, ein paar Meter runter gehen und dann bin ich da, in diesem Herz des Méribeler Après-Ski, in dem La Folie Douce, das sich mit „süßer Wahnsinn“ übersetzen lässt.

Die teuerste Flasche kostet 16.000 Euro

Doch von tosenden Bässen, feiernden Menschenmassen und wilden Champagner-Exzessen ist hier noch nichts zu sehen. Was vielleicht daran liegen mag, dass es erst kurz nach Mittag ist. Entrecôtes, Trüffel-Pasta und Kaviar schmücken die Teller auf den Holztischen.

Tänzerinnen in futuristischen Outfits sorgen für Stimmung. © det


Für mich bietet sich also die Möglichkeit, einen Blick auf die Speise- und Getränkekarte zu erhaschen. Spätestens jetzt weiß ich, dass ich inmitten der Schickeria gelandet bin. 39 Euro für einen Cheeseburger, 37 Euro für einen Risotto, 16 Euro für einen Hugo – und nach oben gibt’s scheinbar keine Grenzen. Eine 1,5 Liter Flasche Dom Pérignon Cuvée kostet 4500 Euro, die 6-Liter-Ausführung des Edel-Champagners Cristal Roederer schlappe 16.000 Euro. Ich bleibe dann doch lieber bei einem frischen Carlsberg-Bier, für das mir die freundliche Barkeeperin im hippen Ganzkörperanzug 9 Euro von der Kreditkarte abbucht.

Feuerwerke und Champagner-Duschen

Plötzlich kommt Leben in die Bude. Auf der riesigen Bühne, die einem Laufsteg gleicht, machen sich zwei Musiker, ganz in weiß gekleidet und mit einer E-Gitarre ausgerüstet, bereit, dazu gesellen sich Tänzerinnen, die mit ihren futuristischen Spiegel-Outfits zu den Elektroklängen choreographieren. Inmitten der schneeweißen Landschaft mutet dieses Schauspiel surreal und spektakulär zugleich an.

Sorgt im VIP-Bereich dafür, dass alles klappt: Big Ben. © det


Es ist Punkt 15 Uhr, als klar wird: Jetzt ist die Party endgültig eröffnet. Am Himmel schießen Feuerwerke empor, die Feierlustigen stehen mittlerweile auf Bänken und Tischen, der Bass aus den mannshohen Boxen lässt den Körper durch und durch vibrieren. Und plötzlich zückt gefühlt jeder das Handy, schaut nach oben und johlt den Countdown mit: Denn jetzt wird eine dieser sündhaft teuren Champagner-Flaschen mittels einer Mini-Gondel in den VIP-Bereich manövriert. La Folie Douce, du süßer Wahnsinn.

Geld spielt keine Rolle

Der Zugang zu diesem VIP-Bereich ist natürlich streng geregelt. Trotzdem gelingt es mir, mit dem Verantwortlichen kurz zu plaudern. Big Ben, der eigentlich Benjamin heißt, ist ein schriller Typ, er trägt ein kurzes T-Shirt mit Flamingo- und Ananas-Verzierung, dazu einen Hut und ausgefallene Sonnenbrillen. Wie viel es kosten würde, hier Party zu machen? Big Ben kramt eine Preisliste hervor und rechnet den komplizierten Mindestkonsum aus. „1000 Euro für eine Fünfer-Gruppe, ungefähr das sind die Dimensionen, von denen wir hier reden. Aber so genau müssen wir da nicht drauf schauen“, sagt Big Ben und mir ist klar: Wer hier Party macht, der trinkt hier nicht zum Mindestpreis. Für den spielt Geld keine Rolle.

Big Ben lässt es Champagner regnen. © det


Benjamin verabschiedet mich mit einem Handshake, denn auf ihn wartet nun gleich die nächste Aufgabe. Um 16 Uhr gibt’s eine Champagner-Dusche, Big Ben selbst steht auf einer Brücke und lässt den edlen Schaumwein auf die kreischende Menge prasseln. In dem Moment läuft mir James über den Weg, ein Ire, Anfang 20 und ein Bär von einem Mann. Mit seinen zwei Brüdern und der Mama macht er hier zum ersten Mal Urlaub. Wie er diesen Wahnsinn beschreiben würde? „Wenn ich einmal sterbe, dann bitte begrabt mich hier unter diesen Brettern!“

Der frischgebackene Weltmeister hastet in die Party-Höhle

Dass nur wenige Kilometer entfernt eine Weltmeisterschaft stattfindet, bekommt man hier nicht mit. Außer, die Medaillengewinner geben ein Stelldichein. Marco Odermatt hat auf dieser Hütte sein Abfahrtsgold zelebriert, genauso wie seine Landsfrau Jasmine Flury.

Ich mache mich dann wieder auf den Weg und lasse die feiernde Meute hinter mir. Als ich an der Gondelbahn ankomme, eilt mir ein junger Mann im Ski-Rennanzug entgegen. Es ist Alexander Schmid, Deutschlands Gold-Held, der nur wenige Stunden zuvor im Parallelrennen Weltmeister geworden ist. Auch er will sich die denkwürdige Party nicht entgehen lassen. Viel Zeit bleibt aber nicht: Um 17 Uhr ist Schluss. Das ist genauso in Stein gemeißelt, wie der Wahnsinn, der sich hier Tag für Tag abspielt. Ja, das muss man definitiv mal gesehen haben.

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