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Francesca Baruzzi Farriol lebt ihren Kindheitstraum. © Instagram / @franbaruzzi

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Francesca Baruzzi Farriol lebt ihren Kindheitstraum. © Instagram / @franbaruzzi

Vom anderen Ende der Welt: Eine Ski-Exotin – und doch keine

Die Argentinierin Francesca Baruzzi Farriol hat beim Weltcup-Auftakt ein weiteres Kapitel ihres Kindheitstraums erlebt. SportNews hat mit ihr gesprochen – über ihren historischen Meilenstein, eine besondere Olympia-Ehre und auch Tiefpunkte.

Aus Sölden

Christoph Niederkofler

Von:
Christoph Niederkofler

Fremdartig, untypisch oder außerhalb des Gewohnten. Bedient man sich des Thesaurus und tippt das Wort exotisch ein, spuckt das Nachschlagewerk allerlei solcher Synonyme aus. In der Welt des Wintersports ist dieser Begriff allgegenwärtig: Sobald auf der Anzeigetafel im Zielraum die Flagge eines Landes aufscheint, das nicht traditionell mit dem Sport in Verbindung steht, wird der Exoten-Stempel nur allzu schnell aus der Schublade geholt. Als Francesca Baruzzi Farriol am Samstag beim Weltcup-Auftakt in Sölden ins Scheinwerferlicht trat, mag das dem ein oder anderen Beobachter auch durch den Kopf gegangen sein – weiter danebenliegen hätte man damit aber nicht können.


„Wir hoffen, bald ein Weltcuprennen in Ushuaia auszutragen, weil alle Teams zum Training zu uns kommen“, meinte Baruzzi Farriol im exklusiven Interview mit SportNews und musste lachen. Die Argentinierin kommt aus Bariloche in der Region Patagonien. „Das ist eine kleine Stadt in den Bergen – ungefähr auf halbem Weg zwischen Buenos Aires und Ushuaia“, erklärte sie. Letzteres dürfte den eingefleischten Ski-Fans nur allzu gut bekannt sein. Immerhin wird Ushuaia – das Ende der Welt – jeden europäischen Sommer zum Nabel ebenjener.

„Noch bevor ich laufen konnte, habe ich angefangen“

So nehmen viele Nationalmannschaften während der Vorbereitung die Reise zum südlichsten Zipfel Argentiniens auf sich, um dort in den Genuss von Gletschern und Schnee zu kommen. Der Exoten-Spieß dreht sich sozusagen um. „Es ist wirklich großartig, mit ihnen vor der Saison zu trainieren – so weiß man, wo man steht“, freute sich Baruzzi Farriol über die prominenten Gäste. „Wir haben ein gutes Verhältnis, es ist super, mit ihnen Zeit zu verbringen.“

Francesca Baruzzi Farriol steht schon seit ihrer frühesten Kindheit auf Skiern. © Instagram / @franbaruzzi

Francesca Baruzzi Farriol steht schon seit ihrer frühesten Kindheit auf Skiern. © Instagram / @franbaruzzi


Für die 27-Jährige selbst war der Weg auf die Skier ein kurzer. „Meine Eltern sind beide Skilehrer“, erklärte sie. Die Folge ist daher logisch: „Noch bevor ich laufen konnte, habe ich angefangen zu fahren – mit zwei Jahren. Ich war schon immer begeistert vom Schnee und von diesem Sport“, erinnerte sie sich zurück.

Weltcup-Geschichte, Fahnenträgerin – und Tiefpunkte

Im Weltcup ist Baruzzi Farriol keineswegs ein unbeschriebenes Blatt. Mittlerweile bringt sie es auf 28 Weltcup-Einsätze, bei Weltmeisterschaften stand sie in 13 Wettkämpfen im Starthaus. Am 4. Jänner 2025 schrieb sie in Kranjska Gora schließlich Geschichte: Als erster argentinischer Ski-Profi der Geschichte fuhr Baruzzi Farriol bei einem Riesenslalom in die Punkte (30.), zuvor war dies ihren Landsmännern und –frauen nur in der Alpinen Kombination gelungen. Auch bei den Olympischen Spielen 2022 in Peking war die Technikerin am Start – wo ihr als Fahnenträgerin eine besondere Ehre zuteil geworden war.

Dass sie mit gemischten Gefühlen an jene Winterspielen denkt, hängt auch mit einem Tiefpunkt zusammen. „Damals kam ich gerade von meiner Knieverletzung zurück. Ich konnte also nicht mein Bestes geben“, schilderte sie. Dreimal wurde sie von einer solchen Verletzung zurückgeworfen, dreimal kämpfte sich Baruzzi Farriol aber wieder zurück. „So war ich insgesamt drei Jahre aus dem Weltcup raus“, hob sie hervor und unterstrich mit Stolz: „Letztes Jahr war mein Comeback im Weltcup, meine erste vollständige Saison – und ich feierte meinen ersten Punkt. Es war ein tolles Gefühl, zum ersten Mal eine Saison durchziehen zu können. Jetzt versuche ich, in jedem Rennen in die Top 30 zu kommen.“

Ein Leben für den Kindheitstraum

In Sölden machte sie einen weiteren Schritt in diese Richtung. Mit Startnummer 41 ging sie ins Rennen, als 39. war jedoch bereits nach Durchgang eins Schluss. „Es war hart. Die Sicht war ziemlich schwierig. Die Bedingungen in Sölden sind immer hart“, so Baruzzi Farriol. „Ich habe die Top 30 nur ganz knapp verpasst, um etwas mehr als eine Sekunde. Aber es war schön, die Saison so gut zu starten.“

Sie lebt ihren Kindheitstraum – doch dabei handelt es sich nicht nur um pure Romantik. „Es ist wirklich schwierig, private Sponsoren in Argentinien zu finden“, merkte sie an. „Sie haben nicht genug Geld, um Athleten zu fördern. Alles, was ich habe, kommt entweder von meiner Familie oder von unserem Sportministerium.“ Für kleinere Rennserien gehe das in Ordnung, mit Blick auf den Weltcup werde es schon etwas enger. „Deshalb suchen wir hier in Europa nach weiterer Unterstützung“, unterstrich Baruzzi Farriol.

Olympia 2026 schon im Blick

Im Februar 2026 finden in Mailand und Cortina d'Ampezzo die Olympischen Spiele statt – die ideale Bühne für die Argentinierin. Ihre Qualifikation hat sie übrigens bereits in der Tasche. „Ich bin total motiviert, zu den Olympischen Spielen zu fahren, und stolz, dass ich meinen Platz bereits sicher habe“, sagte sie. Trotz des großen Ziels vor Augen, steht zunächst einmal eine Pause auf dem Programm. Bei den Slaloms in Levi (15./16. November) und Gurgl (22./23. November) wird sie nicht an den Start gehen. „Ich gehe für ein paar Tage nach Hause. Ich war die ganze Sommersaison in Ushuaia – das ist zwar in Argentinien, aber nicht mein Zuhause“, unterstrich sie. „Es war also ein langer Winter für mich und ich brauche etwas Zeit zur mentalen und körperlichen Erholung.“

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