Olympia, kurze Nächte und die Zukunft: Das große Visintin-Interview

Die Nacht war kurz. Nur 2 Stunden Schlaf waren Silber- und Bronze-Gewinner Omar Visintin nach dem historischen 2. Platz mit Teamkollegin Michela Moioli im Mixed Team Event am Samstag gegönnt. Dann hieß es Koffer packen, hinein ins Taxi und ab zum Pekinger Flughafen, wo gestern am frühen Morgen Ortszeit der Flieger Richtung Heimat.

Um kurz nach 13 Uhr MEZ landete der Algunder, und nach einer ewigen Warterei bei der Gepäckausgabe (&bdquo;die Medaillen hatte ich aber in meinem Handgepäck mit“, so Visintin) gab es einen kleinen Spontan-Empfang inmitten von Journalisten und einer Abordnung der Militärsportgruppe, seinem Arbeitgeber. Dann ging es im Privatauto zurück nach Algund. Nicht ahnend, dass ihn zu Hause ein spontaner Empfang erwartete.

Zuvor ergab sich die Möglichkeit, auf die letzten Tage zurück zu blicken, die das sportliche Leben des Omar Visintin völlig über den Haufen warfen.

s+: Nach Bronze Silber im Mixed. Ein Traum, nicht wahr?

Omar Visintin: &bdquo;So ist es. Vor 2 Monaten die schwere Verletzung, jetzt habe ich 2 Olympiamedaillen. Ich hätte für dieses Traumergebnis sofort unterschrieben.“

Wie haben Sie diesen ersten Team-Wettkampf bei Olympia erlebt?

&bdquo;Ich war vor dem Rennen sehr ruhig, freute mich einfach darauf. Nach Bronze im Einzel hatte ich keinen Druck und war extrem relaxed. Michela Moioli war ziemlich aufgeregt, schon am Abend zuvor. Ich habe ständig versucht, sie zu beruhigen. Ich glaube, dieser Mix aus Relaxtheit und Aufregung hat uns in die richtige Stimmung gebracht.“

Hatten Sie so etwas wie einen taktischen Plan?

&bdquo;Im Team Event ist es das Wichtigste, ins Ziel zu kommen und so wenig als möglich zu riskieren. Es wäre fatal gewesen, zu stürzen, sodass meine Rennpartnerin nicht mehr hätte starten können. Ich glaube, ich habe alles richtig gemacht und in den richtigen Momenten zugeschlagen.“

Auf alle Fälle haben Sie Silber gewonnen und nicht Gold verloren, oder? Obwohl Moioli anfangs klar in Führung lag?

&bdquo;Ich war im Finale fast zeitgleich mit Baumgartner im Ziel (nur 0,04 hinten). Wir wussten um die Stärke von Lindsey Jacobellis. Michela erwischte einen Traumstart, Jacobellis lag gar nur an 3. Stelle, da beginnt man schon zu träumen. Aber sie hat eine riesige Erfahrung und ist auf dieser Piste top. Zudem hatte Jacobellis als sogennante regular-Fahrerin (linken Fuß auf dem Snowboard vorne) in der vorletzten Kurve einen großen Vorteil gegenüber Michela, die als goofy-Fahrerin (rechter Fuß vorne) dort nicht so auf Kante durchziehen konnte. Aber das sind Details, und wir haben ganz klar Silber gewonnen.“ Silber im Duett mit Michela Moioli: Für Visintin waren die Olympischen Spiele ein voller Erfolg. © ANSA / MARCO BERTORELLO

Sagen Sie jetzt nicht, dass Sie die Medaillen nicht gefeiert haben in Yanqing?

&bdquo;Das gesamte Team war nach dem Rennen in der Casa Italia in Yanqing. Wir haben uns dort einen guten Teller Nudel gegönnt. FISI-Präsident Flavio Roda und einige CONI-Leute waren auch da. Um 1 Uhr bin ich ins Bett, um 3 Uhr wieder aufgestanden, weil wir ja nach Peking zum Flughafen mussten.“

Wem widmen Sie diesen Erfolg?

&bdquo;All jenen, die mir immer zur Seite stehen. Ich denke da in erster Linie an meine Familie. Jetzt müsste ich so vielen Menschen Danke sagen. Es ist einfach unglaublich.“

Worauf freuen Sie sich nach der Rückkehr am meisten? &bdquo;Ich freue mich auf meine Freundin Natalie, meinen Hund Baku, meine Familie, meine Patenkinder und auf meine Freunde. Daheim ist es am schönsten und das gute Essen ging mir schon ab. Ich werde hoffentlich die Zeit finden, alles in Ruhe sacken zu lassen. Jetzt stecke ich noch voller Adrenalin.“ „Ich mache weiter, so lange es mir Spaß macht.“ Omar Visintin über seine Zukunft In Südtirol gibt es außer Ihnen und Emanuel Perathoner keine Boardercrosser, auch nicht beim Nachwuchs. Was ist der Grund dafür?

&bdquo;Ich finde es extrem schade, dass in Südtirol nichts getan wird. Ich schätze, dass es nicht am Nachwuchs liegt, diese Disziplin auszuüben. Ich bekomme seit jeher viele Zuschriften von jungen Brettlfahrern, die interessiert wären. Wir haben keinen Landeskader, bei uns wird sehr viel Wert auf die Alpin-Boarder gelegt. Es tut mir extrem leid, und ich würde gerne selber etwas daran ändern. Aber noch bin ich selber aktiv, deswegen habe ich keine Zeit dafür.“

Um Boardercross trainieren zu können, bräuchte es Pisten dafür. Und die zu präparieren ist nicht leicht, oder?

&bdquo;Man muss nicht unbedingt auf einer Boardercross-Strecke trainieren. Ich bin auch alpin gefahren und bin abseits davon &bdquo;hupfen“ gegangen. Man kann junge Boardercrosser auf normalen Pisten und den Snowparks, die es bei uns überall gibt, langsam heranführen. Ich hoffe, dass diese 2 Medaillen bewirken, dass sich nun etwas ändert.“

In 4 Jahren finden die Olympischen Spiele in Mailand und in Cortina statt. Sind Sie dabei?

&bdquo;Ich mache weiter, so lange es mir Spaß macht. Nick Baumgartner aus den USA wurde am Samstag in Peking mit 40 Olympiasieger. Ich freue mich auf die kommenden Jahre und viele tolle Rennen.“

Fragen: Pauli Hintner/Andreas Vieider

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