Joachim Ramoser: „Zuhause ist mein Paradies“

Wie ist die aktuelle Lage bei den Ice Tigers in Nürnberg? Joachim Ramoser: &bdquo;Wir haben im Spätsommer eine Woche lang gemeinsam trainiert, dann wurden alle Spieler in Kurzarbeit überstellt. Seitdem absolvieren wir unser Übungseinheiten individuell und ohne Eiskontakt. Ich bin dann bald mal nach Südtirol heimgekehrt, auch um mir hier etwas Ablenkung zu verschaffen.“

Wie lenken Sie sich denn ab? &bdquo;Ich bin am Lobishof in Oberbozen aufgewachsen, dort bin ich zuhause. Das ist mein Paradies. Wenn mir alles zu viel wird, gehe ich eben den Stall ausmisten oder die Tiere füttern. Ich habe mir vor einiger Zeit selbst ein paar Kühe gekauft, denn ich liebe den Umgang mit diesen Tieren. Das ist der perfekt Ausgleich für mich. Und wenn im Gasthaus mal der Baum brennt, dann helfe ich auch schon mal aus. So bin ich groß geworden, deshalb kenne ich es gar nicht anders.“

Die Gastbetriebe zählen zu den Hauptleidtragenden der Corona-Krise. Wie sehr bekommen Sie die Pandemie zu spüren? &bdquo;Unsere Törggele-Saison war ja förmlich schon zu Ende, bevor sie überhaupt richtig begonnen hatte. Mit den immer schärfer werdenden Maßnahmen, kommen natürlich immer weniger Gäste zu uns. Das spürt man deutlich. Es ist schon seltsam, da bin ich erstmals seit einer gefühlten Ewigkeit zu dieser Jahreszeit zuhause, und dann ist dann doch alles irgendwie anders als gewohnt.“

&bdquo;Ich habe mir Gewichte gekauft. Außerdem gehe ich Radfahren und Laufen.“ Ramoser über sein Training zuhause am Ritten Was machen Sie eigentlich, wenn die Gäste das Restaurant verlassen haben und alle Kühe versorgt sind? &bdquo;Dann trainiere ich (lacht). Ich bin ja Eishockeyprofi, da steht natürlich die körperliche Fitness schon immer noch im Vordergrund. Zu Beginn der Corona-Pandemie habe ich mir mehrere Gewichte gekauft, mit denen ich fast täglich trainiere. Außerdem gehe ich am Ritten Radfahren und Laufen. So halte ich meinen Körper in Balance. Es ist wichtig, dass man gezielt trainiert und sich jetzt nicht auf Teufel komm raus drillt. Dann wäre man rasch am Limit und zum Saisonstart hin nicht mehr in der Lage, die Zügel anzuziehen.“

Sie haben in der zurückliegenden Saison 6 Tore und 3 Vorlagen verbucht, so viele wie noch nie zuvor in der DEL. Sind Sie zufrieden? &bdquo;Die Statistik ist okay, auch weil ich nur 23 Spiele gemacht habe. Glücklich bin ich damit aber keinesfalls – eben weil es nur so wenige Einsätze waren. In jüngerer Vergangenheit waren bei mir immer die Verletzungen das bestimmende Thema. Die Schmerzen sind ein Handicap, die mir auch am Eis im Hinterkopf stecken und schließlich dazu führen, dass ich meine persönlichen Saisonziele regelmäßig verpasse. Nur in meiner ersten DEL-Saison, damals vor fünf Jahren als Rookie in München, war ich über Monate hinweg topfit. Mein Ziel muss es sein, verletzungsfrei durch eine ganze Spielzeit zu gehen. Dann wäre ich zufrieden.“

Joachim Ramoser läuft seit Sommer 2019 für die Ice Tigers auf.

Sie sprachen vorhin vom individuellen Training zuhause. Kommt für Sie ein zwischenzeitliches Engagement in einer anderen Liga nicht in Frage? &bdquo;Diese Erfahrung habe ich 2016/17 beim HC Bozen gemacht, auch damals wurde ich von Verletzungen ausgebremst. Das lädierte Knie macht mir seitdem zu schaffen. Aus dem Grund will ich jetzt kein Risiko eingehen, sondern einzig und allein auf mich und meinen Körper achten.“

&bdquo;Es gab durchaus den ein oder anderen Interessenten“ Ramoser über eine Rückkehr nach Südtirol Gab es denn in den vergangenen Wochen keine Anfragen anderer Klubs? &bdquo;Doch, es gab da durchaus den ein oder anderen Interessenten. Und ich muss eingestehen, das hat mich schon sehr gefreut. Viele meiner Freunde spielen ja auch Eishockey, ob jetzt am Ritten oder bei anderen Teams, auch sie wollten mich zu einem Kurzzeit-Engagement bewegen. Doch wie gesagt, nach den turbulenten letzten Jahren hat meine Gesundheit Vorrang.“

Wie schwer fällt es Ihnen, mitansehen zu müssen, wie ihre Freunde dem Puck nachjagen während sie stillhalten müssen? &bdquo;Ich habe es lange nicht verstanden, wieso ausgerechnet die DEL nicht spielen kann. Erst mit der Zeit hat man die Gründe für die andauernde Verschiebung des Saisonstarts mitbekommen und verstanden. Für uns Spieler ist diese Ungewissheit brutal. Zumal da nicht nur der sportliche Aspekt ist. Man beginnt auch seine finanzielle Rechnung zu machen, denn selbst bei einer verkürzten Saison kämen am Ende nur wenige Monatsgehälter zusammen. Für einen Familienvater etwa, der seinen Tagesunterhalt durch Eishockey verdient, ist das keine einfache Situation. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch: Vielen Berufsgruppen geht es im Augenblick schlechter als uns Profisportlern. Aber auch für uns ist das eine bedrückende Lage, besonders im Eishockey.“

Wie sehr schadet das dem Ansehen dieser Sportart? &bdquo;Der Imageverlust ist gewaltig. Dabei hatten Deutschlands Eishockeyspieler durch das sensationelle Olympia-Silber in Pyeongchang und ihrem guten Abschneiden in der Champions Hockey League gerade in den letzten Jahren ungemein an Ansehen gewonnen. Plötzlich wurde von München bis Hamburg wieder über Eishockey gesprochen. Es tut unheimlich weh zu sehen, wie dieser Status jetzt brökelt.“

Wie malen Sie sich ihre persönliche Zukunft aus? &bdquo;Da spielt sehr viel Ungewissheit mit, nicht nur wegen Corona. Mein Vertrag in Nürnberg läuft kommenden Sommer aus. Ich hoffe, die Ice Tigers überstehen die Krise und wir können gemeinsam die Saison 2021/22 in Angriff nehmen. Ich würde mich über einen Verbleib in Nürnberg sehr freuen, auch weil hier seit einiger Zeit in ziemlich neuer Wind weht, eine Art Aufbruchsstimmung erzeugt wird. Ähnlich wie im Blue Team unter Greg Ireland. Auch das ist für mich ein wichtiges Thema: Ich liebe es für die Nationalmannschaft aufzulaufen. Ich hoffe, all das wird nach der Corona-Pandemie wieder in gewohnter Form möglich sein.“

Fragen: Alexander Foppa

Teil 1 der Serie > Alex Trivellato zur DEL-Situation: &bdquo;Ich finde das peinlich“

DEL Deutschland	SP	TV	P
1. Bremerhaven	51	160:115	104
2. Eisbären Berlin	51	180:132	102
3. Straubing Tigers	51	161:127	91
4. Grizzlys Wolfsburg	51	149:139	87
5. EHC München	51	152:129	86
6. Schwenningen	51	154:142	82
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