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Phil Pietroniro beim Gespräch mit SportNews in der Eiswelle. © sn

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Phil Pietroniro beim Gespräch mit SportNews in der Eiswelle. © sn

Auf dem Eis mit Jaromír Jágr: Italien-Star lebt seinen Traum

Am Sonntag beginnt für Italiens Nationalmannschaft die Weltmeisterschaft in Rumänien. Ein Star-Verteidiger der Azzurri träumt vom Aufstieg in die Weltgruppe. Einen anderen Traum hat er sich in den vergangenen Monaten schon erfüllt: Mit Jaromír Jágr auf dem Eis zu stehen.

Thomas Debelyak

Von:
Thomas Debelyak

Es ist jetzt etwas mehr als 30 Jahre her, dass in Bozen der totale Eishockey-Ausnahmezustand herrschte. Das hatte weniger mit der neu eröffneten Eiswelle – die heute den Namen Sparkasse Arena trägt – zu tun, sondern vielmehr mit einem Akteur, der darin alle Blicke auf sich zog. Ein Akteur, der für endlos lange Warteschlangen an den Kassen sorgte. Ein Akteur, der mit jeder Puckberührung einen Mix aus Staunen, Ehrfurcht und frenetischem Jubel auf der Tribüne auslöste. Ein Akteur, der das Spiel nicht nur spielte, sondern zelebrierte – wie ein Künstler, der das Eis zu seiner Bühne machte.


Dieser Akteur war Jaromír Jágr, einer der größten Stars in der Geschichte des Eishockeys. 1.733 NHL-Spiele und unglaubliche 1.921 Punkte (nur Wayne Gretzky hat mehr), zwei Stanley-Cup-Trophäen, olympische Goldmedaillen, Rekorde in Hülle und Fülle – allein an diesen Fakten wird ersichtlich, dass der Tscheche ein regelrechter Mythos in seinem Sport ist.

Jaromír Jágr ist einer der größten Eishockeyspieler aller Zeiten. © APA/getty / Mike Ehrmann

Jaromír Jágr ist einer der größten Eishockeyspieler aller Zeiten. © APA/getty / Mike Ehrmann


Eigentlich unvorstellbar, dass sich der Mann mit der langen Haarmähne im Dezember 1994 – in der Blüte seiner Karriere – tatsächlich für mehrere Wochen das Trikot des HC Bozen überstreifte. Und doch war es den Vereinsverantwortlichen damals irgendwie gelungen, Jágr im Zuge des NHL-Lockouts nach Südtirol zu lotsen. Und somit den mit Abstand größten Star in der Geschichte des Vereins.
„Ich hätte mir in meinem Leben nie erträumt, dass ich einmal an der Seite von Jaromír Jágr spielen würde.“ Phil Pietroniro

Als der Jágr-Zauber in der Bozner Eiswelle die Massen in seinen Bann zog, da steckte Phil Pietroniro – der älteste der fünf Pietroniro-Eishockeybrüder – in seiner kanadischen Heimat noch in den Windeln. Im Dezember 1994 war der heutige Verteidiger von Italiens Nationalteam gerade mal ein halbes Jahr alt. Auch deshalb setzt der 30-Jährige – beim Gespräch in eben dieser Eiswelle – ein dickes Grinsen auf, wenn er über Jágr redet. „Ich hätte mir in meinem Leben nie erträumt, dass ich einmal an der Seite von Jaromír Jágr spielen würde. Für diese Erfahrung werde ich ein Leben lang dankbar sein.“

Ein Bild aus dem Jahr 1994: Jaromír Jágr (ganz links) im Trikot des HC Bozen. © Reinhold Eheim

Ein Bild aus dem Jahr 1994: Jaromír Jágr (ganz links) im Trikot des HC Bozen. © Reinhold Eheim


Ja, für Pietroniro ging in der vergangenen Saison tatsächlich der Traum vieler junger kanadischer Eishockey-Kids in Erfüllung. Er verteidigte für den HC Kladno in der tschechischen Extraliga, dem Heimat- und Herzensverein von Jágr – und dem Klub, in dem die Eishockeylegende im unfassbaren Alter von 54 Jahren selbst noch dem Puck hinterherjagte. „Er ist ein unglaubliches Arbeitstier. Von ihm kann man jeden Tag etwas lernen“, erzählt Pietroniro, dessen Urgroßeltern aus Campobasso (Region Molise) stammen und der deshalb Italiens Staatsbürgerschaft besitzt.

Mit Jágr bei McDonald's

Nach seiner glorreichen Karriere in der NHL kehrte Jágr Anfang 2018 in seine tschechische Heimat zurück und spielte fortan für seinen Heimatverein Kladno, den er zurück ins tschechische Eishockeyoberhaus führte. Mittlerweile ist er auch Eigentümer des Vereins und lief in der vergangenen Saison 39 Mal für die Tschechen auf. „In der Kabine“, sagt Pietroniro, „kann man mit Jágr gut lachen, aber natürlich kann er auch mal ernst werden. Er ist eben eine Legende. Ich kann mich noch erinnern, wie er mit uns nach einem Spiel einfach mal zu McDonald's gegangen ist.“

Phil Pietroniro zählt in Italiens Nationalmannschaft zu den Leistungsträgern. © Vanna Antonello

Phil Pietroniro zählt in Italiens Nationalmannschaft zu den Leistungsträgern. © Vanna Antonello


Phil Pietroniro, der seine Europakarriere einst in Asiago gestartet hatte und über Frankreich und die Slowakei in Tschechien landete, blickt also auf ein gelungenes Jahr in Kladno zurück. Und er freut sich auf die kommenden Wochen und Monate. Zuerst will er mit Italien bei der Weltmeisterschaft den Aufstieg in die Weltgruppe schaffen, dann steht für ihn eine weitere Saison in Kladno an. Ob Jágr da wieder dabei sein wird? In den letzten Wochen verdichteten sich die Gerüchte, dass sich die Eishockey-Legende mit Ende der abgelaufenen Saison endgültig aus dem geliebten Sport zurückziehen wird. Aber bei einem Jaromír Jágr weiß man nie…

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