Briten sind anders

Von Kurt Platter aus Nottingham

Die Briten lebten auch vor dem EU-Austritt des Vereinigten Königreichs auf einer Insel. Sie fahren auf der falschen Seite, trinken Tee statt Kaffee, halten seit jeher an ihrem Pfund Sterling fest, liebten ihre vor 8 Monaten verstorbene Königin über alles, finden Regenwetter &bdquo;lovely“ und sie haben Steckdosen, die sonst in Europa nur in Irland, Malta und auf Zypern verwendet werden. Und sie haben auch sonst einiges zu bieten.

Wie zum Beispiel ihr reichhaltiges englisches Frühstück. Die wichtigste Mahlzeit des Tages. Hier gibt’s noch richtig was auf den Teller: Eier, Speck, Bohnen und Wurst, dazu Toast mit Unmengen Butter. Aber auch sonst lässt sich über Geschmäcker streiten. Das britische Essen hat nicht nur einen schlechten Ruf, sondern es ist auch sehr gewöhnungsbedürftig. Das mussten in den vergangenen Tagen auch die Spieler der Nationalmannschaft von Italien feststellen. Sie sind im &bdquo;Leonardo Hotel“ im Zentrum der Stadt untergebracht. Der Name des Vier-Sterne-Schuppens klingt zwar italienisch, von der viel gepriesenen italienischen Küche ist aber keine Spur.

Paul Adey ist in Nottingham eine Ikone An diese erinnert sich auch Paul Adey gerne zurück. Der bald 60-Jährige aus Montreal, der den britischen Pass besitzt, ist in Nottingham allgegenwärtig. Der ehemalige Stürmer ist bei den Nottingham Panthers als Kultspieler in die Geschichte eingegangen und mit 1609 Punkten noch immer der Allzeit-Top-skorer. In der derzeitigen WM-Stadt hat Adey 11 Saisonen lang verbracht, ehe er zur Jahrtausendwende mit dem HC Mailand die französische Meisterschaft bestritten hatte. Bei Nottingham hatte der kanadisch-britische Doppelstaatsbürger in der Saison 2001/02 auch seine Trainerkarriere begonnen und 4 Jahre lang die Geschicke auf der Bank geleitet, ehe er in die damalige Serie A übersiedelte und Coach bei Ritten, Cortina und Gröden wurde. Nach einem zweijährigen Abstecher in der Schweiz hatte er beim HC Pustertal das Sagen, ehe er in der Saison 2013/14 die Belfast Giants zum Meistertitel führte und sich aus familiären Gründen aus dem Trainergeschäft zurückzog. Paul Adey im Jahr 2006: Damals saß er bei Ritten auf der Trainerbank. © Max Pattis

Dem Eishockey ist Adey, der sich eine Rückkehr auf die Trainerbank durchaus vorstellen kann, erhalten geblieben. Er arbeitet seither als Experte für das britische Fernsehen. Derzeit gerade bei den Titelkämpfen in der &bdquo;Motorpoint Arena“, wo er mir gestern zufällig über den Weg gelaufen ist. Unter dem Hallendach der schmucken Arena hängt auch Adeys ehemaliges Trikot mit der Nummer 22, die bei den Panthern nie mehr vergeben wird. Dabei hat Adey in der am 1. April 2000 von Eiskunstlauf-Olympiasiegerin Jayne Torvill eröffneten Mehrzweckhalle selbst nie gespielt, sondern die gewohnt lauten Fans nur als Trainer hautnah erlebt. Diese werden auch im morgigen &bdquo;Finale“ um den 2. Aufstiegsplatz neben Polen zwischen dem Gastgeber und Italien für eine tolle Kulisse und Gänsehaut-Atmosphäre sorgen.

Danach werden sich die Wege der Briten und Italiener, die mehrere Parallelen aufweisen, vorerst wohl trennen. Beide waren 2018 bei der WM in Budapest nach einem wahren Herzschlagfinale in die Top Division aufgestiegen und hatten ein Jahr später in Bratislava den Klassenerhalt geschafft. Danach gab es 2 Jahre lang keinen Absteiger, ehe das Duo vor einem Jahr in Finnland wieder den Fahrstuhl nach unten nehmen musste. Die beiden Nationen haben sich in jüngster Vergangenheit immer wieder bei Doppelstaatsbürgern bedient. Beim Gastgeber sind derzeit 11 Cracks fern der Insel geboren, aufgewachsen und ausgebildet worden, während im Kader der &bdquo;Azzurri“ 8 Italos aufscheinen. Deshalb sind die Briten für einmal nicht anders.

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Briten sind anders

Die Briten sind anders. Das habe ich nicht erst in Nottingham gemerkt. Die Briten sind auch keine echten Europäer. Auch das weiß man nicht erst seit dem 31. Jänner 2020 und dem „Brexit“.

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