„Die Trainerausbildung in Italien ist problematisch“

Willkommen zurück! Wie gefällt Ihnen Ihre neue Arbeit? &bdquo;Sie ist sehr reizvoll. Der Ansatz ist ein anderer als früher. Meine Aufgabe besteht in erster Linie darin, Jukka Jalonen zu unterstützen. Es ist interessant zu sehen, wie er diese Herausforderung angeht. Er kennt die Spieler nicht, weshalb ich ihm diesbezüglich sehr behilflich bin. Mein Job ist sehr vielschichtig. Es geht nicht nur um die Senior-Auswahl, sondern auch um den Nachwuchs. Für mich ist es in jedem Fall derzeit die richtige Arbeit, da ich nicht unbedingt in die Schweiz zurückwollte. Ich sehe es vorerst als Übergangslösung.“

Vor 7 Jahren waren Sie Cheftrainer, jetzt sind sie Assistenztrainer bei den &bdquo;Azzurri“. Was hat sich seither geändert? &bdquo;In diesen 7 Jahren hat sich einiges getan. Man merkt einfach, dass Olympia vor der Tür steht. Es ist nicht nur mehr Geld, sondern auch mehr Personal vorhanden. Zudem wurde in jüngster Vergangenheit viel digitalisiert. So ist der italienische Eissportverband FISG bemüht, den Vereinen unter die Arme zu greifen. Er finanziert unter anderem das finnische Computerprogramm &bdquo;Hockeycenter“. Das ist eine Plattform, die mit verschiedenen Apps funktioniert und vor allem für die Organisation von Jugendvereinen, bei denen nach wie vor das meiste auf freiwilliger Basis geschieht, sehr hilfreich ist. Es kann aber auch als Database für Videos und dergleichen verwendet werden. Je mehr drin ist, desto besser.“

Und was hat sich bei den Spielern getan? &bdquo;Nicht sehr viel. Es ist müßig darüber zu sprechen. Im Moment gibt es auf den ersten Blick nur wenig Erfreuliches. Wenn man aber genau schaut – und das tut Jalonen – dann findet man schon talentierte Spieler. Hierbei denke ich an Julius Ramoser, der bei Wolfsburg in der DEL spielt, oder an Alessandro Segafredo und Pietro Albis Olmo, die beide in der Swiss League unter Vertrag stehen. Wir haben uns auch einige AlpsHL-Spiele angeschaut und auch dort tummeln sich einige interessante Cracks. In der ICEHL, wo in jedem Team 10 Ausländer stehen, ist es für die einheimischen Spieler dagegen kaum möglich, dass sie in den ersten 2 Linien Platz finden. Deshalb ist es erfreulich und sehr positiv, wenn Tommy Purdeller mit seinen 20 Jahren in einem Spiel 2 Tore erzielt.“ „Er legt großen Wert auf den Charakter und die Teamfähigkeit der einzelnen Spieler.“ Stefan Mair über Jukka Jalonen Sie haben den Deal mit Jukka Jalonen eingefädelt. Was verbindet Sie mit dem Finnen? &bdquo;Ich habe Jukka vor 15 oder sogar 20 Jahren bei einem Trainersymposium in Finnland kennengelernt. Er hat einige Jahre vorher bei Alleghe als Coach gearbeitet. Und weil ich der einzige Trainer aus Italien war, sind wir ins Gespräch gekommen. Dort hat der Kontakt angefangen und ist seither nicht mehr abgebrochen. Ich habe von ihm in den darauffolgenden Jahren viele Unterlagen bekommen und seinen Weg und seine Spielweise verfolgt. Er bevorzugt ein gut organisiertes Spiel, wobei das Hauptaugenmerk der defensiven Struktur gilt.“

Jalonen gilt als einer der besten Trainer in Europa. Was zeichnet ihn aus? &bdquo;Er verfügt über einen großen Erfahrungsschatz. Schließlich ist er seit 35 Jahren Trainer. Seine größte Stärke ist aber, dass er in Vergangenheit stets imstande war, die bestmögliche Mannschaft zusammenzustellen. Dabei hat er oft viel Kritik einstecken müssen. Vor allem, weil er zum Beispiel auf NHL-Spieler verzichtet hat. Zudem hat er aus seinen Mannschaften immer das stMaximum herausgeholt. Er legt großen Wert auf den Charakter und die Teamfähigkeit der einzelnen Spieler. Deshalb muss man schauen, ob ein Italo beispielsweise bereit ist, in der 4. Linie zu spielen.“

Stefan Mair spricht über das Eishockey in Italien. © HC Pustertal/I. Foppa

Warum tut sich ein Trainer mit so vielen Erfolgen den Job als Coach der Nationalmannschaft von Italien an? &bdquo;Jalonen hat sich in der Schweiz nach einem Job umgeschaut, aber nicht das passende Angebot gefunden. Deshalb kann die Anfrage aus Italien nicht ungelegen. Er hat nur eine Ausstiegsklausel für ein NHL-Angebot: Sollte dieses kommen – was eher unwahrscheinlich ist – dann ist er weg. Er ist aber nicht abgeneigt, über die Olympischen Spiele hinaus in Italien zu bleiben. Olympia hat bestimmt seinen Reiz, bedeutet ihm aber nicht alles. Er weiß ganz genau, dass er mit dieser Mannschaft wenig zu verlieren hat und eigentlich nur gewinnen kann, sofern ihm bei der WM im nächsten Jahr in Rumänien der Aufstieg in die Top-Gruppe gelingt. Wenn ihn beispielsweise die Schweiz oder Deutschland für den Posten des Nationaltrainers kontaktiert hätten, dann hätte er bestimmt abgesagt, da er dann ein direkter Konkurrent für sein Heimatland Finnland gewesen wäre. Auch was den Trainerstab anbelangt, spielte es für ihn keine Rolle, dass er nur einheimische Trainer um sich hat.“

Sie waren zuletzt gemeinsam mit Jalonen und Giorgio De Bettin viel unterwegs und haben sich unzählige Spiele und Spieler im In- und Ausland angesehen. Welche Erkenntnisse haben Sie gewonnen? &bdquo;Wir haben Spiele in der ICEHL, AlpsHL und sogar in der IHL angeschaut. Wir waren auch in der Schweiz und in Deutschland. Zudem hat sich Jalonen, der viele Videos anschaut, am Rande des Champions Hockey League-Spiels von Färjestad bei Tappara Tampere mit Damian Clara getroffen. Eine Erkenntnis war, dass wir genügend Spieler für die 3 und 4. Linie haben, es fehlen aber Center und Torjäger für die beiden Top-Reihen sowie spielstarke Verteidiger.“ „Es ist nicht ausgeschlossen, dass es schon bald die eine oder andere Überraschung geben wird.“ Stefan Mair Haben sich neue Spieler für das Blue Team auf Ihrer Erkundungstour aufgedrängt? &bdquo;Es waren durchaus interessante Spieler dabei. Es ist nicht ausgeschlossen, dass es schon bald die eine oder andere Überraschung geben wird.“

Die Olympischen Spiele in Mailand rücken immer näher. Was ist in den kommenden 16 Monaten alles geplant? &bdquo;Die Olympischen Spiele sind noch weit weg. Derzeit ordnen wir alles der Weltmeisterschaft 2025 in Rumänien unter. Diese hat Priorität. Wir wollen uns in den kommenden Monaten ein Bild machen, wie der Kader im April des nächsten Jahres aussehen wird. Deshalb ist bis dorthin einiges geplant. Im November treffen wir bei einem Turnier in Budapest auf Ungarn, Polen und Slowenien. Dort haben wir vor, 5 Reihen aufzubieten und mit erfahrenen Spielern anzutreten. Einen Monat später sind Testspiele gegen eine noch zu bestimmende Nation geplant. Dort werden wir in erster Linie auf junge Spieler zurückgreifen. Im Februar nehmen wir an einem weiteren Turnier teil, bei dem erneut Polen, Ungarn und Slowenien die Gegner sein werden.“

Was sind derzeit die größten Probleme? &bdquo;Die Nachwuchsspieler haben große Defizite in der Passqualität und beim Abdecken der Scheibe. Auch der Zug zum Tor lässt zu wünschen übrig. In meinen Augen hinken wir vor allem in der Trainerausbildung den restlichen Nationen hinterher. Die Trainerausbildung war bereits zu meiner Zeit ein Problem. Es ist nicht die Schuld des Verbandes. Das Olympische Komitee von Italien CONI schreibt bei der Trainerausbildung bestimmte Abläufe vor, wobei es keine Rolle spielt, ob es sich um einen Eishockey- oder Handballtrainer handelt. Deshalb sind einzelne Vorgaben nicht kompatibel und gewisse Fortbildungen bringen nichts. Man kann nicht autonom oder sportspezifisch arbeiten. Zudem ist es wichtig, neue Tendenzen oder Aspekte ins Training einzubringen. Deshalb ist es uns Coaches ein großes Anliegen, die Zusammenarbeit mit den Klubs zu verbessern und ihnen unsere Hilfe an der Basis anzubieten. Wir müssen die Trainer unterstützen. Wir klappern derzeit die einzelnen Vereine ab, gehen mit den Jugendlichen aufs Eis und tauschen uns mit den Trainern aus. Weil es immer schwieriger wird, Schule und Sport unter einen Hut zu bekommen, habe ich große Hoffnungen in die ICE Alps Academy. Einen solchen Stützpunkt wie in Bruneck bräuchte es aber auch in Bozen, Meran, Verona und Mailand.“

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„Die Trainerausbildung in Italien ist problematisch“

Zwischen 2014 und 2017 war er Headcoach der Eishockey-Nationalmannschaft von Italien und führte diese zu 3 Weltmeisterschaften. 7 Jahre später kehrt Stefan Mair zu den Azzurri zurück. Dieses Mal als Assistenztrainer von seinem Kumpel Jukka Jalonen.

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