S+
Jukka Jalonen hat sich in Südtirol längst eingelebt. © SN

h Nationalteams

Jukka Jalonen hat sich in Südtirol längst eingelebt. © SN

Italos, Olympia, Bozen-Gerüchte: Jetzt spricht Jalonen

Eine vermeintliche Überzahl an Legionären, verpasste Aufstiege und die Furcht vor einer Olympia-Blamage – über nichts wird im heimischen Eishockey mehr diskutiert, gestritten und geurteilt als über Italiens Nationalmannschaft. Im Interview mit SportNews räumt Jukka Jalonen, der Star-Trainer der Azzurri, mit all diesen Themen auf.

Alexander Foppa

Von:
Alexander Foppa

In jüngster Vergangenheit gibt es keinen erfolgreicheren Eishockey-Nationaltrainer als Jukka Jalonen. Er führte sein Heimatland Finnland zu Weltmeistertiteln und Olympia-Gold. Jetzt steht er in Italien vor einer Mission Impossible. Er soll das Blue Team Ende des Monats bei der B-WM in Rumänien zum Aufstieg führen und dann auch noch bei Olympia ein ganzes Land ins Eishockey-Fieber versetzen. Die Vorbereitung dazu trifft er dieser Tage bei einem Trainingslager in Bozen. Dort haben wir uns mit dem 62-jährigen Eishockeylehrer zum Interview getroffen.



Herr Jalonen, Sie sind seit acht Monaten im Amt. Wie gefällt Ihnen Ihr neuer Job?

„Ich bin begeistert. Ich arbeite hier mit einem hochprofessionellen Betreuerteam und einer großen Auswahl an guten Spielern. Bei den ersten drei Testspielturnieren haben wir rund 50 Cracks eingesetzt, wir haben uns einen guten Überblick verschafft. Aktuell trainieren wir hier in Bozen mit fünf Linien, weitere Spieler wie Damian Clara werden Ende nächster Woche noch dazustoßen. Dann geht es an die Detailarbeit.“


Sie wirken unerschrocken. Hat Sie die vergangenen Monate nichts überrascht?

„Wenn mich etwas überrascht hat, dann der Fokus, den die Spieler haben, deren Wille, sich verbessern zu wollen. Ansonsten wusste ich ja, was mich erwarten würde. Ich war bereits als Spieler in Italien und hatte das Blue Team auch schon bei der letzten WM beobachtet.“

Jukka Jalonen absolviert mit seinem Team die WM-Vorbereitung in Bozen. © VANNA ANTONELLO

Jukka Jalonen absolviert mit seinem Team die WM-Vorbereitung in Bozen. © VANNA ANTONELLO


In Ihrer Heimat sind Sie ein Star, hierzulande dürfte Sie auf der Straße kaum jemand erkennen. Fühlt sich das seltsam an?

„Ich sage es mal so: Auch in Finnland kennt mich nicht jedes Kind. Hier allerdings kennt mich gar kein Kind (lacht). Aber vielleicht ändert sich das nach Olympia ja. Nein im Ernst, in meiner Heimat bin ich vielleicht bekannter, doch ich habe mich nie als wichtige Persönlichkeit gefühlt. Darauf lege ich keinen Wert.“


Was schätzen Sie an Ihrer neuen Wahlheimat?

„Ich weiß, es klingt klischeehaft, doch das gute Essen, das tolle Wetter und die offene Art der Menschen faszinieren mich. Wenn ich hier bin, dann habe ich mein Quartier in Bozen. Es ist eine tolle Stadt mit einem traumhaften Umland. Was für mich aber wichtig ist: Ich habe hier kurze Wege, zum einen in die Arena nebenan, zum anderen zu den anderen wichtigen Eishockeystandorten in Italien.“
„Ich habe die letzten Monate rund 40 Spiele besucht“ Jukka Jalonen

Haben Sie von Ihrem Quartier in Bozen aus auch einen Blick auf die Probleme im heimischen Eishockey?

„Ich habe die letzten Monate rund 40 Spiele vorort beobachtet, ich war zu Gast in der ICE, der AlpsHL und habe selbst Partien der IHL besucht, etwa aktuell die Finalserie zwischen Kaltern und Aosta. Ich kann sagen, hier wird gutes Eishockey gespielt. Wenn wir von Problemen sprechen, dann sehe ich diese am ehesten in der Jugendförderung. Mit Bozen, Pustertal und Asiago haben wir im Grunde nur drei Profivereine, das ist zu wenig. Gute Jugendspieler müssen vielfach den Weg übers Ausland nehmen, weil es hier kaum Möglichkeiten gibt, sich weiterzuentwickeln, aufzusteigen.“


Apropos junge Spieler: Welche Cracks in Ihrem Kader haben Star-Potenzial?

„Ich bin beeindruckt von Tommy Purdeller und Damian Clara, sie haben großes Talent, vor allem aber diesen unbändigen Willen, sich verbessern zu wollen. Grundsätzlich ist das Alter für mich aber zweitrangig. Die Chemie im Team muss passen. Wir haben einen guten Mix aus jungen Spielern, die frischen Wind bringen, und Älteren mit Erfahrung. Das gefällt mir.“
Wenn Italien höherklassiges Eishockey spielen will, braucht Italien Doppelstaatsbürger. Jukka Jalonen

Welche Rolle spielen die Doppelstaatsbürger in diesem Mannschaftsgefüge?

„Bei uns gibt es keine Grüppchenbildung. Ich kann Ihnen versichern, alle Spieler, die hier sind – egal, ob sie in Italien, Kanada oder den USA geboren sind – streifen sich mit Begeisterung das blaue Trikot über. Ich habe das erst am Montag in meiner ersten Kabinenansprache gesagt: Wir sind eine Familie – und das müssen wir bleiben.“


Wie stehen Sie grundsätzlich zur Italo-Thematik, die gerade in Hinblick auf Olympia wieder hochkocht?

„Für mich zählt, ob ein Spieler für Italien spielberechtigt ist und ob er den Willen hat, für dieses Land aufzulaufen. Fertig. Natürlich wäre es schön, wenn es in Italien so viele gute Eishockeyspieler gäbe, um daraus eine starke Auswahl bilden zu können. Aber machen wir uns nichts vor: Wenn Italien höherklassiges Eishockey spielen will, braucht Italien Doppelstaatsbürger. Das war schon immer so und das wird auch so bleiben. Wir dürfen das nicht ins Negative rücken, daraus gilt es, einen Nutzen zu ziehen. Gleichzeitig müssen wir versuchen, hier im Land gute Eishockeyspieler auszubilden.“

Jukka Jalonen (r.) will aus dem Blue Team eine eingeschworene Einheit formen. © Vanna Antonello

Jukka Jalonen (r.) will aus dem Blue Team eine eingeschworene Einheit formen. © Vanna Antonello


Die WM steht vor der Tür, doch das vorherrschende Thema ist Olympia 2026 in Mailand. Wie sehr beschäftigen Sie sich damit?

„Aktuell gar nicht. Der Fokus liegt auf den nächsten Testspielen und die WM in Rumänien. Aber natürlich können wir Olympia nicht kleinreden. Die Spiele zuhause im eigenen Wohnzimmer - das wird für alle Beteiligten ein Erlebnis, in dessen Genuss nur die allerwenigsten Sportler kommen. Oder wie man in Englisch so schön sagt: That’s a lifetime thing!“
„Ein Wechsel oder ein Zusatzjob kommt nicht in Frage“ Jukka Jalonen

Fürchten Sie sich vor dem Kräftemessen mit den Eishockey-Großnationen?

„Nein, absolut nicht. Natürlich werden das riesengroße Aufgaben gegen Teams, die qualitativ besser sind als wir. Aber ich sage es ganz klar: Wir wollen nicht einfach nur dabei sein. Wir wollen gut spielen, wir wollen auch Erfolg haben, vor allem aber wollen wir, dass die Eishockeyfans in ganz Italien stolz sind auf uns.“


Eine letzte Frage: Jüngst kamen Gerüchte auf, Sie könnten zusätzlich zum Job als Nationaltrainer auch beim HC Bozen die Geschicke in die Hand nehmen. Ist da was dran?

„Nein (lacht). Bei mir hat sich niemand gemeldet. Sollte es in Zukunft zu einem Interesse kommen, werde ich absagen. Ich bin Nationaltrainer von Italien und möchte mich einzig und allein auf diese Aufgabe konzentrieren. Es gab vergangenes Jahr die Möglichkeit, einen Trainerjob in der Schweiz zu übernehmen, doch auch diese habe ich ausgeschlagen. Ein Wechsel oder ein Zusatzjob in Europa kommt nicht in Frage. Ich würde nur für die NHL eine Ausnahme machen, doch seien wir ehrlich, davon bin ich sehr weit entfernt.“

Kommentare (0)

Bestätigen Sie den Aktivierungslink in unserer E-Mail, um Ihr Konto zu verifizieren und Kommentare zu schreiben. Aktivierungslink erneut senden
Vervollständigen sie Ihre Profil-Angaben, um Kommentare zu schreiben.
Profil bearbeiten

Sie müssen sich anmelden, um die Kommentarfunktion zu nutzen.

© 2025 First Avenue GmbH