
Alex Trivellato zählt zu jenen Nationalspielern, die auch mal schärfere Töne sprechen. © Vanna Antonello
„Kein Halligalli“: Im Nationalteam weht ein anderer Wind
„Es ist alles anders, aber wirklich alles!“, sagt Alex Trivellato. Südtirols bester Eishockey-Verteidiger ist jemand, der markante Sätze spricht, einer, der gleichzeitig Gehör findet wie kaum ein anderer. Wir haben mit ihm über den Umschwung im Blue Team, dringend benötigte Arschtritte und Besuche im elterlichen Friseursalon gesprochen.
17. April 2025

Von:
Alexander Foppa
Alex Trivellato, wie ist Ihr Eindruck nach zehn Tagen der WM-Vorbereitung?
„Wir haben richtig Gas gegeben. Wichtig war es, die Drehzahl nach dem Ende der Klub-Saison nach oben zu bringen, jetzt läuft der Motor wieder. Nun ist es an der Zeit, das in den Spielen umzusetzen. Da kommen die Testspiele gegen Polen (am Freitag und Samstag, Anm.d.R.) gerade recht. Das ist auch für den Kopf wichtig, Abwechslung zum Trainingsalltag zu schaffen und den Wettkampfmodus einzuschalten.“
Sie arbeiten im Nationalteam seit einem halben Jahr mit Trainer Jukka Jalonen zusammen. Was hat sich im Vergleich zu seinem Vorgänger Mike Keenan geändert?
„Alles, aber wirklich alles! Der Zusammenhalt im Team, zwischen Mannschaft, Betreuern und Trainern ist ein ganz anderer. Das Training ist strukturierter, es ist mehr Tempo drin. Die ganze Herangehensweise ist eine komplett andere, wir folgen jetzt einem klaren Plan. Das hier ist kein Halligalli, es wird hart gearbeitet.“
Alex Trivellato nahm sich während des Trainingslagers in Bozen Zeit für ein SportNews-Gespräch. © SN
Wie ist die Stimmung innerhalb der Mannschaft?
„Die war auch vorher gut. Jetzt allerdings weht ein ganz anderer Wind, die Atmosphäre hat sich grundlegend geändert. Es gibt einen positiven Vibe, eine Art Aufbruchstimmung. Das ist kein Vergleich zu dem, was ich hier die letzten zwei Jahre erlebt habe. Aber allein mit guter Stimmung gewinnst du keine Spiele, wir müssen das bei der WM aufs Eis bringen.“
Sie fahren Ende des Monats zur WM nach Rumänien, um aufzusteigen, richtig?
„Ich will keine Erwartungen schüren, den Druck noch mehr erhöhen. Im Gegenteil, ich sag's realistisch: Wir sind seit drei Jahren in der zweithöchsten Klasse, das kommt nicht von ungefähr. Dann dürfen wir uns auch nicht das Recht rausnehmen, irgendwelche Gegner als Eishockey-Zwerge zu betiteln, sie zu unterschätzen. Was zählt, ist auf dem Eis – und dort müssen wir endlich liefern.“
„Wir brauchen ab und zu mal einen Arschtritt“ Alex Trivellato
Wie tief sitzt der Stachel nach dem verpassten Titel bei der Heim-WM im vergangenen Jahr in Bozen?
„So tief, dass Sie es sich kaum vorstellen können. Das war eine einmalige Chance. So bleibt eben die Erinnerung an eine fantastische Eishockey-Woche im eigenen Wohnzimmer, vor vielen Fans, vor den eigenen Familien, aber ohne Happy End. Den Frust von damals müssen wir mit nach Rumänien nehmen und ihn dort in richtige Energie umwandeln. Wir haben etwas gutzumachen!“
Mit Tommaso De Luca, Giovanni Morini und Alessandro Segafreddo fehlen allerdings drei Profis aus der Schweizer Eliteliga. Wie werden die Ausfälle aufgefangen?
„Wir haben keine absoluten Superstars, die unersetzlich sind, unsere Stärke ist der ausgeglichene Kader, das Kollektiv. Wenn Leistungsträger wie die eben genannten ausfallen, liegt es an uns erfahreneren Spielern, den Zusammenhalt auf dem Eis zu stärken und so Ausfälle zu kompensieren.“
Fühlen Sie sich also in der Leader-Rolle?
„Ich bin einer der Älteren im Team. Deshalb ist es meine Aufgabe, zu schauen, dass die Mannschaft kompakt bleibt, aber auch mal mit etwas härteren Worten zu pushen. Wir brauchen ab und zu einen Arschtritt, so ist das. Ich nehme mich aber nicht zu wichtig. Wir haben weitere starke Charaktere in der Mannschaft, wie etwa Thomas Larkin oder Luca Frigo, die auch schon lange dabei sind und wissen, worauf es im Nationalteam ankommt.“
Alex Trivellato ist nicht nur im Blue Team, sondern auch bei den Wild Wings in Schwenningen ein Führungsspieler. © schwenninger-wildwings.de
Wie schaffen Sie es denn, in diesen trainingsintensiven Tagen abzuschalten, die Batterien aufzuladen?
„Das geht hier ganz einfach: Ich treffe meine Freunde, gehe mit meinem Bruder einen Kaffee trinken, schaue im Friseursalon meines Vaters in Leifers vorbei. Mein Elternhaus steht in St. Jakob, gerademal einen Kilometer von der Eiswelle entfernt. Ich schlafe zwar im Hotel Sheraton und bin fast den gesamten Tag im Kreise der Mannschaft, doch es ist schon schön, endlich mal wieder daheim zu sein. Seit Jugendtagen bin ich es gewohnt, immer nur sporadisch nach Südtirol zu kommen, da tut das einfach mal gut.“
Im Sommer geht es für Sie wieder zurück nach Deutschland. Ihre zwölfte Saison in der DEL steht an.
„Genau. Die zurückliegende Spielzeit in Schwenningen war für mich okay, mehr aber auch nicht. Ich hatte meine beste Phase im Saisonfinish, doch leider war dann in den Pre-Playoffs Endstation. Da ist noch Luft nach oben. Doch das ist Zukunftsmusik, jetzt geht es erstmal ums Nationalteam. Wir wollen bei der WM zeigen, dass hier wirklich ein neuer Wind weht.“
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