Kommentar | Österreich hat Fans in Südtirol dazugewonnen

Von Arnold Schwellensattl

Während die Vorrunde ohne große Überraschungen verlief, hatten es die Achtel-Finalspiele bei dieser EM in sich. Mehrere Underdogs spielten teils überragend und gingen als Sieger oder zumindest als Sieger der Herzen vom Platz. Die Dänen setzten sich klar gegen Wales durch. Die Cleverness von Dänemark-Trainer Hjulmand – er löste nach einer unterlegenen Viertelstunde die Dreierkette auf und stellte Christensen ins defensive Mittelfeld – brachte den Umschwung. Die Überzahl im Mittelfeld war mitentscheidend für den dänischen Sieg. Im Viertel-Finale wartet mit Tschechien ein weiteres Überraschungsteam: Dänen oder Tschechen werden Halbfinalisten sein, wer hätte das vor EM-Beginn gedacht? Arnold Schwellensattl

Episoden entschieden das Spiel Tschechien gegen die Niederlande. Oranje-Stürmer Mahlen vergab zu Beginn der 2. Halbzeit eine 100-prozentige Chance, im Gegenzug folgte &bdquo;rot“ für De Ligt, woraufhin zweikampf- und kopfballstarke Tschechen die Oranjes in die Knie zwangen. Das Abseitstor von Arnautovic wäre Italiens K.o.-Schlag gewesen Sieger der Herzen im Spiel gegen Italien war Österreich. Die meisten Südtiroler sind Deutschland- oder Italienfans. Ich kenne nur Luis Schwarz, den Ex-Tormann von St. Martin, der mit dem Österreich-Trikot herumläuft. Österreich hat Fans in Südtirol dazu gewonnen, Luis ist nicht mehr allein. Zum Spiel: Italien drängte den Gegner in der 1. Hälfte in die Defensive, spielte ein gutes Gegenpressing. In Hälfte 2 wurden Alaba & Co. mutiger, das spielerische Gleichgewicht schwappte um. Das (knappe) Abseitstor von Arnautovic wäre wohl Italiens K.o.-Schlag gewesen. In der Verlängerung folgten dann die Tore Italiens und die außergewöhnliche Willensleistung der Österreicher mit dem Anschlusstor. So kann man verlieren und doch irgendwie gewinnen, Spieler, Trainer und Fans verabschiedeten sich mit einem guten Gefühl.

Auf Italien wartet nun Belgien im Viertelfinale, ein echter Hit. Dass Belgien schlagbar ist, ließ Portugal in einem langweiligen Spiel erahnen. Die Belgier schossen gefühlt einmal auf's Tor. Portugal lief an, traf aber nicht. Also ist Belgien ein Meister der Effizienz oder war es einfach nur Pech für Portugal? Romelu Lukaku & Co. spielten sich gegen Portugal wenige Chancen heraus. © APA/afp / JOSE MANUEL VIDAL

Die Achtelfinalbegegnungen Spanien-Kroatien und Frankreich-Schweiz boten Spektakel pur. Star der Spanier ist die einzigartige Spielidee: &bdquo;Ich will den Ball, und solange ich ihn habe, muss ich nicht verteidigen. Wenn du ihn hast, hole ich ihn so schnell wie möglich zurück.“ Mbappe und Benzema verteidigen mäßig In der Fachsprache: Ballbesitz und Gegenpressing. 10 Tore der Spanier in den letzten beiden Spielen beweisen, dass auch im vordersten Drittel Lösungen gefunden wurden. Die Spanier treffen nun auf die Eidgenossen. Sensationell, wie die Schweizer die Herkulesaufgabe gegen Frankreich meisterten. Hart geführte Zweikämpfe und das Ausnutzen der wenigen Schwächen der Gegner waren der Schlüssel zum Erfolg. Mbappe und Benzema verteidigten mäßig, und bei Flanken verloren die französischen Verteidiger oft den gegnerischen Spieler, nahmen nur Ball und Flankengeber wahr, so bei den Schweizer Kopfballtoren. 3 Traumtore des französischen Starensembles waren zu wenig gegen überglückliche Schweizer, der Turnierfavorit Nummer 1 schied aus.

Die Ära von Trainer Jogi Löw ging für die Deutschen bitter zu Ende. Im Spiel gegen England neutralisierten sich beide Teams, bevor Sterling den Knoten löste. Der Unterschied zwischen Deutschland (7 Gegentore) und England (0 Gegentore) im Turnierverlauf war die Defensivleistung. Mit England ist zu rechnen, auch weil die Spieler es gewohnt sind, in der besten Liga der Welt Woche für Woche an ihre Grenzen zu gehen. Im Viertelfinale trifft England nun auf die Ukrainer, die sich in einem guten Spiel gegen die Schweden durchsetzten. Entscheidend dabei war – wie im Spiel der Niederlande – der Platzverweis eines Schweden.

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