Der Traminer, der Diego Maradona auf den Zahn fühlte

Eine Spielzeit überstrahlte alle anderen – es war die Saison 1984/85, die letzte von Zico in Italien, die erste von Diego Maradona bei Napoli, Michel Platini war bei Juventus am Zenit seines Schaffens. Meister wurde Hellas Verona – mit Preben Elkjaer Larsen und Hans-Peter Briegel. Und Domenico Volpati, der nach seiner aktiven Laufbahn eine zweite Karriere startete – als Zahnarzt in Tramin.

Volpati, heute 69 Jahre alt, stammt aus Novara, lebt aber in Castello di Fiemme. &bdquo;1984 lernte ich im Sommer-Trainingslager in Cavalese meine spätere Frau kennen, ein Jahr später heirateten wir, 1992 zogen wir dann in ihre Heimatgemeinde“, erzählt der langjährige Serie-A-Profi von Torino und Verona, der während seiner Fußballer-Zeit die Weitsicht hatte, sich ein zweites Standbein aufzubauen. Er studierte Medizin. &bdquo;Ich hatte in meiner Karriere mit Fußballern aus aller Welt gespielt, dann werde ich wohl auch mit den Traminern auskommen.“ &bdquo;1970 schrieb ich mich an der Uni in Pavia ein, machte aber erst mit 40 Jahren den Abschluss, weil ich bis 38 Fußball gespielt hatte. Bei einem Zahnarzt-Freund in Novara machte ich dann eine zweijährige Ausbildung, ehe ich in Cavalese meinen neuen Beruf begann.“ Noch im selben Jahr eröffnete Volpati auch in Tramin eine Zahnarzt-Praxis. &bdquo;Ich hatte in Cavalese immer wieder Patienten, die von Tramin ins Fleimstal kamen. Es ist ja nicht weit. Also sagte ich mir: Warum nicht gleich eine Praxis in Tramin auftun? Ich muss zugeben, dass viele Bekannte mich damals davor gewarnt haben, diesen Weg zu gehen.“

Volpati blieb stur. &bdquo;Ich hatte in meiner Karriere mit Dänen, Brasilianern, Deutschen, mit Fußballern aus aller Welt gespielt, dann werde ich wohl auch mit den Traminern auskommen“, muss er schmunzeln. Er sollte seine Wahl nicht bereuen. &bdquo;Die Entscheidung, nach Tramin zu gehen, war eine der besten meines Lebens. Ich lernte dort viele tolle Menschen kennen, knüpfte neue Freundschaften.“ Bagnolis &bdquo;Mädchen für alles“ Die richtige Entscheidung hatte Volpati auch 10 Jahre zuvor getroffen, als er kurz davor war, seine Fußballschuhe an den Nagel zu hängen. Der damals 30-Jährige war eben mit Brescia in die Serie C abgestiegen, als es am letzten Spieltag der Serie B gegen den designierten Meister und Aufsteiger Verona ging, der in jener Spielzeit erstmals vom späteren Meistertrainer Osvaldo Bagnoli gecoacht wurde. Michel Platini bewacht von Domenico Volpati (rechts).

&bdquo;Bagnoli kannte mich, er war schon mein Trainer bei Solbiatese in der Serie C und Como in der zweiten Liga. Also kam er vor dem Spiel zu mir und sagte in seinem kernigen Mailänder Dialekt, er brauche mich bei Verona in der Serie A. Ich lehnte sein Angebot zunächst ab, nach dem enttäuschenden Abstieg in Brescia hatte ich mit dem Profifußball irgendwie schon abgeschlossen und wollte mich nun voll auf das Medizinstudium konzentrieren, ich war ja schon 30“, berichtet Volpati. &bdquo;Das Schicksal wollte es, dass die Partie wegen eines Wolkenbruchs neu angesetzt wurde. Bagnoli fragte mich erneut, und ich sagte schließlich ja.“ &bdquo;Außenverteidiger, Innenverteidiger, Libero, vor der Abwehr – ich war das Mädchen für alles.“ Volpati wechselte in die Serie A zu Verona und sollte die besten 6 Jahre seiner Karriere als Fußballer erleben. &bdquo;Der absolute Höhepunkt war natürlich der Meistertitel 1985, aber wir erreichten auch 2 Mal das Italiencup-Finale, spielten im Pokal der Landesmeister und im UEFA-Cup – es war einfach eine wunderbare Zeit“, schwärmt der ehemalige Defensiv-Mittelfeldspieler, der in seiner Karriere sämtliche Positionen auch in der Abwehr bekleidet hat. &bdquo;Außenverteidiger, Innenverteidiger, Libero, vor der Abwehr – ich war das Mädchen für alles“, erinnert sich Volpati, der im Meisterjahr 1984/85 alle 30 Liga-Spiele bestritt – nur Torhüter Claudio Garella und Roberto Tricella waren ebenfalls immer dabei.

In jener Saison spielten in Maradona, Platini und Zico drei der besten Fußballer aller Zeiten in der Serie A, Inter hatte im Sommer Karl-Heinz Rummenigge verpflichtet, Fiorentina Socrates, Torino Junior, Sampdoria Liverpool-Legende Graeme Souness, Milan Mark Hateley. Die Creme de la Creme des Weltfußballs stand in Italien unter Vertrag. Und das kleine Verona düpierte sie alle. &bdquo;So klein waren wir nicht, wir hatten schon eine sehr gute Mannschaft, zufällig wird man nicht Meister“, stellt Volpati klar. Hochzeit statt Meistersause Der Titel war aber dennoch eine Riesensensation, selbst für die Spieler lange Zeit unvorstellbar. So verpasste Volpati die irre Meistersause, weil er am Montag, am Tag nach der letzten Serie-A-Runde, seine Hochzeit geplant hatte. &bdquo;Im Februar, als wir den Termin festgelegt hatten, konnte ich ja nicht ahnen, dass wir Meister werden, auch wenn wir damals schon sehr stark in der Liga unterwegs waren“, erzählt er. Die Hochzeit fand in Oberradein statt. &bdquo;Ich stieg also sofort ins Auto und fuhr nach Südtirol, ich konnte ja schlecht halbbesoffen zu meiner eigenen Hochzeit erscheinen“, muss Volpati lachen, der trotz der Meister-Feierlichkeiten Trainer Bagnoli und viele Mitspieler in Oberradein begrüßen durfte. Domenico Volpati im Zweikampf mit Alessandro Altobelli.

Begonnen hatte Veronas Meister-Saison mit dem Heimspiel am 1. Spieltag gegen Napoli – es war die Serie-A-Premiere von Maradona, der mit seiner Mannschaft 1:3 unterging. &bdquo;Damals hatte sich Briegel um Diego gekümmert, Hans-Peter war eine Naturgewalt. Ich hatte später zwei Mal die Ehre, Maradona zu bewachen. So einen kannst du nicht ausschalten, höchstens einschränken. Diego war ohne Zweifel der Beste, er und Zico konnten dich regelrecht schwindlig spielen. Platini war ein anderer Spielertyp, er ließ sich oft weit ins Mittelfeld zurückfallen, was die Aufgabe gegen ihn aber nicht einfacher machte.“ Heimlich zum Skifahren Volpati bekam es mit den damals stärksten Offensivspielern des Planeten zu tun. &bdquo;Roberto Mancini, Gianluca Vialli, Marco van Basten, Ruud Gullit, Michael Laudrup, der es mir immer brutal schwergemacht hat.“ Legendär waren damals auch die Duelle mit Inter. &bdquo;Da kümmerte ich mich meist um Alessandro Altobelli, Silvano Fontolan um Rummenigge.“ Apropos Inter – da fällt Volpati eine besondere Anekdote ein. &bdquo;Es war im Meisterjahr – im Februar spielten wir in Verona gegen Inter 1:1, den freien Montag nutzte ich zum Skifahren, braungebrannt kam ich am Dienstag zum Training. Trainer Bagnoli staunte nicht schlecht und fragte mich, ob ich Skifahren war. Nein, nein, antwortete ich, bin nur zu lange in der Sonne gelegen, redete ich mich raus und kam damit durch.“ &bdquo;Ich lebe inmitten der Berge – wie kann ich da nicht Skifahren?“ Das Skifahren ist neben Fußball Volpatis zweite Leidenschaft. &bdquo;Ich lebe inmitten der Berge – wie kann ich da nicht Skifahren? Briegel, Elkjaer, Pierino Fanna – sie kamen mich oft besuchen, dann ging es ab auf die Piste.“ Mit Hans-Peter Briegel verbindet Volpati bis heute eine sehr tiefe Freundschaft. &bdquo;Wir treffen uns mindestens einmal im Jahr – oft im Sommer in Auer und fahren dann die Südtiroler Weinstraße entlang zu den verschiedenen Kellereien, ehe es in Richtung Gardasee geht“, erzählt Volpati.

Briegel und Elkjaer waren das herausragende Ausländer-Duo im Meisterjahr, unvergessen sind für Volpati aber auch die Fußballkünste des allzu früh verstorbenen Brasilianers Dirceu, der mit 43 Jahren bei einem Autounfall ums Leben kam, oder die Offensivwucht des Schotten Joe Jordan, der &bdquo;überragende Stürmer-Qualitäten besaß, aber leider immer verletzt war.“ Mit Hans-Peter Briegel verbindet Domenico Volpati (rechts) bis heute eine tiefe Freundschaft.

An 2 Partien erinnert sich Volpati immer besonders gerne zurück. &bdquo;Im September 1983 spielten wir im UEFA-Pokal in Belgrad vor 95.000 Zuschauern gegen Roter Stern und gewannen das Match in einer Gänsehaut-Atmosphäre 3:2. Kultstatus hat das 5:3 in Udine in der Meistersaison, als wir eine 3:0-Führung aus der Hand gaben, dann aber doch noch die Oberhand behielten – selbst für den unterlegenen Zico war es eines der spektakulärsten Spiele, die er je erlebt hatte.“

Volpatis Lieblingstreffer? &bdquo;Im Meisterpokal zu Hause gegen PAOK Saloniki – kurz vor Schluss fixierte ich den 3:1-Endstand, es fühlte sich an, als würde das Stadion explodieren. In besonderer Erinnerung bleibt mir auch mein Treffer zum 2:0 gegen Juventus im Hinspiel des Italienpokal-Finals, leider unterlagen wir dann im Rückspiel in Turin nach Verlängerung 3:0 – Juve hatte zuvor das Landespokal-Finale gegen den Hamburger SV verloren und war fuchsteufelswild, wir bekamen ihre ganze Härte zu spüren.“ Insgesamt 4 Mal stand Volpati in einem Finale des italienischen Pokals, 2 Mal mit Torino, wo er zwischen 1979 und 1981 seine ersten 2 Serie-A-Meisterschaften bestritten hatte. &bdquo;Beide Male verloren wir im Elfmeterschießen gegen Roma, auch 1984 mit Verona machte mir die Roma im Finale einen Strich durch die Rechnung.“ Mit Altrei bei der Weißhorn-Trophäe Doch auch ohne Italienpokal-Sieg kann sich Volpatis Fußballer-Karriere wahrlich sehen lassen. 1989 nach einem Jahr bei Mantova in der Serie C1 war dann Schluss – zumindest im Profifußball. &bdquo;Denn für meine Freunde in Altrei schnürte ich im Sommer die Fußballschuhe in der legendären Weißhorn-Trophäe“, was wiederum seine Verbundenheit mit Südtirol unterstreicht. Für seine Patienten in Tramin vergaß er sogar für einen Moment seine Torino- und Verona-Vergangenheit und wurde Mitglied im Bayern-Fanclub.

Seit 2018 genießt er nun seinen wohlverdienten Ruhestand, den heimischen Fußball verfolgt der Ex-Profi aber genau und drückt dem FC Südtirol bei seiner &bdquo;Mission Aufstieg in die Serie B“ die Daumen. &bdquo;Bereits zu Zeiten von Attilio Tesser interessierte ich mich sehr für den FCS, der Sprung in die Serie B würde der ganzen Fußball-Bewegung in Südtirol einen enormen Schub geben.“

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Der Traminer, der Diego Maradona auf den Zahn fühlte

Sie war so etwas wie das Eldorado des runden Leders. In den 80er und 90er Jahren gab es kaum einen Fußball-Star, der nicht in der Serie A spielen wollte.

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