Der Urenkel des Duce und die Erinnerungen an 2010

Es ist Anfang Dezember, doch voll wie im Sommer. In Torre del Greco zwischen Vesuv und Golf von Neapel hat der FC Südtirol sein Quartier bezogen. Am Sonntag feiern die Einwohner mit einer imposanten Prozession, bei der über 800 Gläubige eine riesige Madonnenstatue auf einem herrlich verzierten und geschmückten Wagen durch die Innenstadt tragen, das Hochfest Mariä Empfängnis. Beim Ausbruch des Vesuvs am 8. Dezember 1861 hatten sich die Einwohner von Torre del Greco der Gottesmutter Maria anvertraut. Seither findet jährlich die Prozession statt, die mehrere Tausend Menschen begleiten.

Rund 20 Kilometer südlich liegt Castellammare, wo der FC Südtirol heute Abend zum zweiten Mal in seiner Vereinsgeschichte auf Juve Stabia trifft. Es war am 16. Mai 2010, als die Weiß-Roten zum Auftakt des Supercups der 2. Division mit 1:2 im Menti-Stadion von Castellammare verloren. Eine Woche zuvor hatte der FCS mit dem 1:0 über Valenzana dank Matchwinner Mattia Marchi den historischen Aufstieg in die 3. Liga perfekt gemacht.

Hier wird der FCS am Freitag um Punkte kämpfen. © Soziale Medien/FCS

Die Aufstiegsfeierlichkeiten zogen sich über mehrere Tage hin, sodass der FC Südtirol das damalige Match gegen Juve Stabia nicht wirklich ernst nahm. Trainer Alfredo Sebastiani bot zahlreiche Akteure auf, die unter der Saison wenig bis gar nicht zum Einsatz gekommen waren. Das Tor hütete Simon Mair, jetzt Keeper in der Landesliga von Gitschberg Jochtal, der erst vor zwei Wochen mit einem Kreuzbandriss im Knie einen ganz bitteren Rückschlag erlebte, Jonas Clementi wurde nach der Pause eingewechselt.

Den Anschlusstreffer zum 1:2 erzielte Fischnaller, nicht Manuel, der damals leihweise in der Juventus-Jugend kickte, sondern sein älterer Bruder Hannes. Für den aktuellen Club-Manager des FC Südtirol war es das erste Profi-Tor. Sein zweites und letztes erzielte er in der Premieren-Saison in der 1. Division beim 2:0-Heimsieg über Spezia, dem allerersten FCS-Erfolg überhaupt in der dritthöchsten Spielklasse, im September desselben Jahres.

Erinnerungen an Deutschland Beim Supercup der 2. Division, an dem die drei Viertliga-Meister teilnahmen, verlor der FC Südtirol später auch sein zweites Match zu Hause gegen den späteren Turniersieger Lucchese mit 0:3. Was auch nicht verwunderte, denn nur einen Tag später spielten die Weiß-Roten in Rungg gegen die deutsche Nationalmannschaft, die dort ihr WM-Trainingslager absolvierte. Der ganze Fokus lag also auf diesem Match, das zwar nur ein Testspiel war, aber gewiss kein gewöhnliches.

Gegen Neuer, Özil, Podolski und Co. verkaufte der FCS seine Haut teuer. Gespielt wurden 2 Mal 30 Minuten, zur Pause stand es 0:0. Erst in der zweiten Halbzeit schossen die DFB-Stars, die noch ohne die Bayern-Profis auskommen mussten, die eben erst das Champions-League-Finale in Madrid gegen Inter verloren hatten, einen standesgemäßen 4:0-Erfolg heraus. In Erinnerung bleibt das Spiel – leider für die deutsche Mannschaft – auch durch die Verletzung von Christian Träsch, der die WM in Südafrika verpasste. 2020 beendete Träsch seine Profi-Karriere, ohne je ein großes Turnier mit dem DFB-Team bestritten zu haben.

Ein Verteidiger mit einem kuriosen Namen Für einen anderen Rechtsverteidiger nahm in jenem Jahr die Karriere allmählich Fahrt auf. Romano Benito Floriani Mussolini ist der prominenteste Name im Kader des heutigen FCS-Gegners Juve Stabia – weniger wegen seiner bisherigen Erfolge, zumal er mit 21 Jahren erst am Beginn seiner Laufbahn steht, sondern vielmehr aufgrund seines Urgroßvaters, des faschistischen Diktators Benito Mussolini.

Floriani Mussolini ist der Sohn der wohl bekanntesten Duce-Enkelin, der Politikerin Alessandra Mussolini, die nie einen Hehl aus ihren politischen Ansichten gemacht hat. Das Fußball-Talent Floriani Mussolini durchlief die Jugendmannschaften von Lazio Rom und wechselte im Sommer leihweise zu Juve Stabia, wo er bislang in allen 15 Ligaspielen in der Startelf stand, nachdem er in der vergangenen Saison an Pescara ausgeliehen war.

Für Aufregung sorgte zuletzt die Tatsache, dass er bei Juve Stabia nun &bdquo;F. Mussolini“ auf dem Trikot stehen hat. Zuvor bei Lazio hatte er dagegen den väterlichen Nachnamen Floriani genutzt und Mussolini mit einem &bdquo;M.“ abgekürzt. &bdquo;Ich würde mir wünschen, dass ich nach meinen Leistungen auf dem Platz beurteilt werde, nicht nach meinem Namen“, erklärte er kürzlich in einem Interview. Ein Wunsch, der angesichts dieser Familiengeschichte wohl nie in Erfüllung gehen wird.

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Sportnews-Redakteur Alex Raffeiner berichtet über den nächsten Gegner des FC Südtirol, Juve Stabia, die Atmosphäre in Torre del Greco und einen besonders brisanten Spieler im Kader.

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