Livin' La Vida Loca

Beginnen wir von ganz vorne: Wo hat Stefan Schwoch seine ersten fußballerischen Schritte gemacht? Erlernt habe ich das Fußballspielen in den Reihen von Imperial Bozen, im B-Jugend-Alter wechselte ich dann zum AC Trient, wo ich die restlichen Jugendkategorien durchlief. Danach wagte ich den Sprung in die Serie D, spielte zuerst an der Seite von Roberto Sonato bei Passer Meran und später bei Benacense, wo Ettore Pelizzari (heute Präsident des TrentinerFußballverbandes, Anm. d. Red.) mein Trainer war. Er war ein wichtiger Wegbegleiter und machte mir schnell klar, dass es für den Traum, Profispieler zu werden, eine sehr große Bereitschaft benötigt.

Die Ratschläge trugen schon bald erste Früchte: 1989 gingen Sie in der Serie C2 mit Spal auf Torjagd… Bei meinem Jugendverein Trient bekam ich eine gesunde PortionWillen eingedrillt und wurde sozusagen auf diesen Weg vorbereitet. Natürlich war die Serie C2 eine andere Welt, das bekam ich auch klar aufgezeigt, da ich in den folgenden zwei Jahren wieder eine Klasse tiefer spielte, dort aber mit vielen Toren (30 Treffer, Anm. d. Red.) den wiederholten Sprung nach oben schaffte.

In der Saison 1994/95 trafen sie in den Diensten von Livorno (C2) 20 Mal und ebneten sich so selbst den Weg in höhere Fußballkreise: Mit Ravenna gewannen Sie die C1 und bestritten danach die Serie-B-Meisterschaft. War das der endgültige Durchbruch? Glücklicherweise lag meine Torausbeute sehr oft im zweistelligen Bereich, weshalb eigentlich jede Meisterschaft speziell war. Die 20 Tore in Livorno waren aber sicherlich ein wichtiger Baustein in meiner Karriere, doch wenn ich zurückdenke, war das Jahr in Napoli das wichtigste von allen.

Es war sicherlich auch eines der erfolgreichsten: Im Winter 1999 kamen Sie nach Kampanien, in der Saison darauf schossen Sie Napoli in die Serie A: Was bedeutet es, für Napoli zu spielen und zudem noch ein Fanliebling, wie Sie es waren, zu sein? Das, was ich in Napoli erlebt habe, war einzigartig in meiner gesamten Karriere. Im Stadio San Paolo zu spielen, und das auch noch vor solch einem tollwütigen Publikum, ist in Wörternkaum zu fassen. Die neapolitanischen Fans lieben es, wenn sie sehen, dass die Spieler mit Herzblut und Leidenschaft für den Verein spielen. Das war für mich kein Problem, da ich von Anfang an in diesen Klub verliebt war. In der Aufstiegssaison von der Serie B und die Serie A war ich der treffsicherste Spieler der Mannschaft und bereitete zudem noch am meisten Tore vor. Napoli hat mir viel gegeben, deshalb hoffe ich, dass ich dem Verein, der Stadt und den Fans mit meinen Leistungen auch etwas zurückgeben konnte.

Apropos Napoli: Ihr Ex-Klub kämpft zurzeit um den Meistertitel. Glauben Sie, dass er es schaffen kann? Napoli hat mit Juventus Turin eine sehr starke Mannschaft vor sich. Doch die Hoffnung ist noch da. Ich denke, es ist sehr schwer, eine solche Meisterschaft zu gewinnen. Doch ob mit oder ohne Krönung: Napoli spielt, angetrieben von einem außerirdischen Higuain, eine herausragende Saison. Da muss man Trainer Sarri und seinen Schützlingen ein großes Kompliment machen.

Napoli scheint eine Art Liebesstory gewesen zu sein. Doch auch bei Vicenza eroberten Sie zahlreiche Herzen… Ja, das stimmt. Bei Napoli war es aber mehr eine &bdquo;Liebe auf dem ersten Blick“-Geschichte, bei Vicenza wuchs die Liebe dagegen mit den Jahren kontinuierlich an. Auch der weiß-rote Verein ist ein Traditionsklub, bei dem ich wunderschöne Momente erleben konnte. Zudem wuchs mir die Stadt sehr ans Herz, weshalb ich heute dort mit meiner Frau wohne.

In Vicenza waren Sie auch für kurze Zeit Sportdirektor. Eine positive Erfahrung? Als ich gefragt wurde, habe ich instinktiv zugesagt. Im Nachhinein war das die falsche Entscheidung: Ich war unerfahren und am Ende hatte ich das Gefühl, dass meine Rolle mehr eine symbolische Funktion hatte, da ich in technischen Angelegenheiten nicht miteinbezogen wurde.

Nach diesem Ereignis haben Sie mit dem Fußball abgeschlossen. Ist irgendwo in ihrem Kopf aber noch ein Türchen zum runden Leder versteckt, das sich in Zukunft wieder öffnen lassen könnte? Man soll niemals nie sagen, doch zurzeit kann ich mir nicht vorstellen, wieder in das Fußballgeschäft zurückzukehren. Der Fußball ist eine eigene Welt, in der man nicht nur durch den eigenen Verdienst vorankommt. Deshalb habe ich mich auf andere Sachen konzentriert, schloss ein Studium ab und bin mittlerweile Finanzberater. Dieser eingeschlagene Weg gefällt mir und ich denke, dass ich ihn auch in Zukunft fortführen werde.

Viele Mannschaften, viele Personen, viele Tore – gibt es in Ihrer Karriere aber etwas, das Sie vermisst haben? Mir haben die Serie-A-Einsätze ein wenig gefehlt. Es gab in der Serie B viele Stürmer, die weniger Tore geschossen haben als ich, in der höchsten Liga aber trotzdem mehrere und längere Bewährungschancen bekamen. Nichtsdestotrotz bin ich mit meinem Karriereverlauf zufrieden. Ich habe für viele prestigeträchtige Klubs gespielt, Meisterschaften gewonnen und oft getroffen. Ich glaube, dass ich in der ewigen Torschützenliste der Serie B sogar auf Platz eins oder zwei geführt werde (auf Platz zwei, wenn man die 13 Tore von Giovanni Costanzo in der Meisterschaft Serie B-C Alta Italia von 1945/46 dazurechnet, Anm. d. Red.).

Sieht man sich den Fußball in der Serie A an, so fällt auf, dass italienische Stürmer nur mehr selten zweistellig treffen... In Italien setzt man viel auf ausländische Angreifer – das wird besonders bei einem Blick auf die Stürmer jener Mannschaften klar, die im vorderen Tabellenbereich positioniert sind. Ich denke, dass auch die heimischen Angreifer großes Potential haben. Damit sie dieses aber ausschöpfen können, müssen sie auch regelmäßig spielen. Als Beispiel nehme ich Zaza von Juve her: Würde er kontinuierlich spielen, wäre er sicherlich für 20 Tore pro Saison gut.

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