
Stefan Nikolic stand auch schon bei Testspielen des FC Südtirol im Einsatz.
Stefan Nikolic: Sein Cousin pfeift in der ICE, er Fußball in Italien
Stefan Nikolic wohnt im Vinschgau, ist 28 Jahre alt und Bankangestellter. Soweit nichts Besonderes, könnte man meinen. Aber Stefan Nikolic ist mehr als das. Ihn treibt eine Leidenschaft jedes Wochenende quer durch Italien, während seine prominenten Verwandten zeitgleich immer wieder dem Zorn der Bozner und Pusterer Eishockeyfans ausgesetzt sind.
28. Juni 2025

Von:
Alexander Foppa
Nikolic – dieser Name ist wohl jedem Eishockeyfan in Südtirol ein Begriff. Seit 13 Jahren leiten Manuel und Kristijan Nikolic Spiele in der ICE Hockey League, regelmäßig sind sie in Bozen und Bruneck zu Gast. Die Zwillingsbrüder aus Innsbruck gelten als eine der besten ihrer Zunft, gleichzeitig sind ihre Auftritte – besonders jene in Südtirol – so umstritten wie bei wenigen anderen ICE-Referees.
Soweit nichts Neues. Doch was die Wenigsten wissen: Auch in Südtirol gibt es einen Unparteiischen namens Nikolic. Allerdings leitet er keine Eishockeyspiele, sondern Fußballbegegnungen – und das italienweit. Stefan Nikolic war, wie seine älteren Nachcousins aus Innsbruck, einst selbst aktiver Fußballer, ist aber vor rund einem Jahrzehnt ins Schiedsrichterwesen gewechselt. Früher hat er Begegnungen in den Amateurligen geleitet, seit einigen Jahren ist er in der Serie D als Linienrichter aktiv.
Von Montag bis Freitag in der Bank
Während Manuel und Kristijan Nikolic in Nordtirol geboren und aufgewachsen sind, kam Stefan in Serbien zur Welt. Als zehnjähriger Junge zog er mit seiner Familie nach Prad am Stilfserjoch. „Der Fußball hat mich integriert“, sagt er mit hörbarem Obervinschger Akzent. Mittlerweile lebt Stefan Nikolic in Naturns, er arbeitet in Meran bei „Sparkasse Meet“ als Kundenberater. Von Montag bis Freitag. An den Wochenenden verdient er sich dann auf Italiens Fußballplätzen „ein Taschengeld“, wie er es selbst bezeichnet.„Pro Spiel bleiben mir gut 30 Euro“ Stefan Nikolic
In der Tat kann er von seinem Schiedsrichter-Job längst nicht leben. „Zieht man die Steuern ab, bleiben mir pro Spieleinsatz gut 30 Euro“, verrät er. Hinzu kommt ein Kilometergeld, das nicht ansatzweise an jenes herankommt, das in der Südtiroler Privatwirtschaft ausbezahlt wird. Und dennoch zieht es ihn Woche für Woche quer durch den Stiefelstaat. In der zurückliegenden Saison stand er in allen neun Viertliga-Kreisen an der Seitenlinie.
Mit Polizeieskorte aus dem Stadion
Stefan Nikolic hat im Fußball viel gesehen und viel erlebt – von engen, fast menschenleeren Provinzplätzen in den nördlichsten Alpentälern bis hin zu kochenden Fußballarenen im äußersten Süden. In Caserta (Kampanien) lief er vor mehr als 2.000 Fans die Linie rauf und runter, danach ging es für ihn mit Polizeieskorte bis zur nächsten Autobahnauffahrt. Für ihn nichts Ungewohntes, und dennoch sagt er: „Ich liebe die Spiele im Süden. Es ist sehr anspruchsvoll, aber dafür umso leidenschaftlicher.“Stefan Nikolic steht am liebsten in Süditalien an der Seitenlinie. © Mimmo Lazzarino
Drei Mal musste Nikolic in der abgelaufenen Saison nach Sizilien fliegen. Die Inseln bereist er mit dem Flugzeug, ansonsten ist er meist im Zug oder Auto unterwegs – und das alleine. Gewöhnlich startet er am Samstag, am späten Sonntagabend ist er dann wieder zuhause, manchmal auch erst montags. „Das geht nur mit ganz viel Leidenschaft“, sagt der Naturnser.
„Was meine Cousins abbekommen, ist teilweise schon heftig“ Stefan Nikolic
Mit genau dieser Leidenschaft strebt Nikolic weiter nach oben. Er möchte irgendwann einer jener 35 Auserwählten sein, die es von insgesamt 390 Linienrichtern der Serie D Jahr für Jahr in die dritte Liga schaffen. Ob er sich dabei den ein oder anderen Tipp bei seinen prominenten Verwandten einholt? „Das nicht, aber ich kann viel von ihnen lernen. Sie strahlen Autorität aus, wissen, wie man mit Druck umgeht.“ Die Nikolic-Cousins treffen sich regelmäßig in Innsbruck oder im Vinschgau.
Manuel und Kristijan Nikolic pfeifen seit Jahren in der ICE. Sie waren auch schon in der Schweiz und bei Weltmeisterschaften im Einsatz. © ICEHL
Apropos Druck: Stefan Nikolic macht sich immer mal wieder selbst ein Bild davon, welchen Anfeindungen sich seine Cousins ausgesetzt sind. „Wenn es sich zeitlich ausgeht, schaue ich mir ihre Spiele vor Ort an. Was meine Cousins da abbekommen, ist teilweise schon heftig – speziell in Bozen war da schon einiges an persönlichen Beleidigungen dabei.“ Der Fußball-Unparteiische sagt auch: „Als Schiedsrichter macht man sich eben nie Freunde. Kritik – sofern oberhalb der Gürtellinie – ist aber okay. Das sind Dinge, mit denen wir umgehen müssen, Manuel und Kristijan können das.“
Die vielen Reisekilometer, bescheidene Entlohnung und dann häufig auch noch heftige Kritik – das alles kann die Schiedsrichter-Familie Nikolic nicht von ihrer großen Leidenschaft trennen: dem Sport – egal ob nördlich oder südlich des Brenners, ob Eishockey oder Fußball.
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